Der Mann verkaufte in der Doppelstadt 18 Kilogramm Marihuana. Foto: Abarenga

52-jähriger Italiener aus dem Dunstkreis des mafiösen Drogenhändlerrings verurteilt.

Villingen-Schwenningen - Ein weiteres Kapitel aus dem Umfeld des mafiösen Drogenhändlerrings ist abgeschlossen: Ein 52-jähriger Italiener wurde aufgrund des Handels mit Rauschgift zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt. Er hatte in der Doppelstadt 18 Kilogramm Marihuana verkauft. Auch ihm kommen die Aussagen gegen die mutmaßlichen Köpfe der Bande zugute.

Es war ein guter alter Bekannter, der dafür sorgte, dass der 52-jährige Familienvater, der in Italien geboren wurde, in den Dunstkreis geriet, sich auf krumme Geschäfte mit dem mutmaßlichen Bandenmitglied einließ und sich deshalb am Donnerstag auf der Anklagebank des Landgerichts Konstanz wiederfand.

Auch ihm kam sein Geständnis und die Kooperation mit den Ermittlungsbehörden zugute: Zum einen wurde sein Verfahren vom großen Prozess gegen die Bande abgekoppelt, zum anderen wendete das Gericht bei ihm die Kronzeugenregelung an und reduzierte damit die Haftstrafe. Auf freien Fuß kam er trotzdem noch nicht. Doch von Beginn an.

Mit 13 nach VS gekommen

Der Italiener wuchs in seiner Heimat auf, kam mit 13 nach Schwenningen und begann ohne Ausbildung – zugleich als Maurer und später als Kellner – zu arbeiten. Nach seinem Militärdienst in der Heimat kehrte er wieder zurück in die Doppelstadt und nahm hier verschiedene Jobs an. Doch seine Rückkehr war noch von einem anderen Umstand geprägt, der sein Leben verändern sollte: Er wurde, neben seinem Hang zu Marihuana, heroinabhängig.

Auch seine Ehe, die er mit 24 einging und die drei Kinder, die daraus hervorgingen, änderten zunächst nichts an seiner Sucht. Ausgerechnet nach einer zunächst erfolgreichen Drogentherapie einige Jahre später, bei der er zumindest der chemischen Droge abschwor, geriet der Familienvater an den alten Bekannten – ebenfalls Italiener. "Ich kenne ihn seit 30 Jahren. Wir waren befreundet, hatten uns länger nicht gesehen, und dann tauchte er wieder auf", berichtet der 52-Jährige mit leiser Stimme vor Gericht.

Es war eine verhängnisvolle Begegnung – und sie weist Parallelen zum am Dienstag verurteilten, 36-Jährigen auf, der ebenfalls in VS mit Marihuana handelte: Die Abhängigkeit vom Rauschgift wurde schamlos ausgenutzt. "Er wusste, dass ich Marihuana konsumiere und hat dann gesagt: ›Du brauchst das nicht kaufen. Ich gebe es dir und du verkaufst es weiter.‹" Der Italiener ging auf den Deal ein.

Drogen auf Kommission erhalten

In den meisten der 14 Fälle hatte er die Drogen auf Kommission von seinem Bekannten erhalten, der allerdings – so die derzeitigen Erkenntnisse und Vermutungen der Staatsanwaltschaft – unter den Fittichen eines Gastronomen und Geschäftsmanns aus Donaueschingen steht. Dieser wiederum soll mit dem Rottweiler Gastronom Placido A. zu den Führungspersönlichkeiten in dem Gefüge gelten. Aber auch zu Placido A. habe er Kontakt geknüpft und zwischenzeitlich ebenfalls von ihm Lieferungen erhalten. Insgesamt geht es dabei um 18 Kilogramm.

"Ich habe mich nur darauf eingelassen, weil ich selber geraucht habe", gibt der Angeklagte zu Protokoll. Das Kilo Marihuana habe er meist mit einer Spanne von 500 Euro pro Kilo weiterverkauft und dabei auch immer mal wieder etwas für seinen Eigenkonsum abgezwackt. Der Rest wurde insbesondere kiloweise an zwei bislang unbekannte Italiener verkauft, die den Stoff unters Volk brachten.

Übergeben wurde das Rauschgift an mehreren Orten in Schwenningen. Ein beliebter Übergabeplatz sei dabei der Parkplatz des Discounters "Treff 3000" in der Schubertstraße gewesen. Die Order lief dabei meist nach dem gleichen Muster ab: "Ein Karton Pasta" oder "eine große Flasche Wein" standen hierbei für ein Kilogramm Marihuana. Alles angelehnt an das Restaurant-Jargon, in dem sich die führenden Köpfe vordergründig bewegten.

Telefonüberwachung von Placido A.

Nichtsdestotrotz kamen die Beamten der Ermittlungsgruppe Rauschgift auch hinter die Geschäfte des 52-Jährigen. Möglich gemacht hatte dies die Telefonüberwachung von Placido A., wie der Kriminalbeamte, der als Zeuge geladen war, angab. Am 21. Juni 2017 erfolgte, wie bei den anderen Tatverdächtigen des Drogenhändlerrings, die Festnahme. "Er zeigte sich gleich kooperativ", so der Beamte.

Das kam ihm auch beim Urteil zugute. Denn der Italiener gab Details zu den Drogenkäufen und seinen Kontaktmännern preis, half damit den Ermittlern weitere Beweise gegen die anderen Bandenmitglieder zu sammeln und Informationen zur möglichen Struktur zusammenzutragen.

Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann sieht den Familienvater deshalb als Aufklärungsgehilfen: "Wer mit der Polizei kooperiert, muss belohnt werden – anders können die Strukturen nicht aufgebrochen werden." Er merkte jedoch an, dass man von ihm keine Informationen zu den weiteren Abnehmern erhalten habe – allerdings wird vermutet, so erklärt der Pflichtverteidiger des Angeklagten, dass diese insbesondere im studentischen Umfeld Schwenningens zu finden sind.

Der Vorsitzende Richter Arno Hornstein berücksichtige bei seinem milden Urteil (er blieb ein Jahr unter der Forderung der Staatsanwaltschaft) deshalb insbesondere die Kronzeugenfunktion. Aufgrund seiner Suchterkrankung – der Italiener war bei seiner Heroinsucht rückfällig geworden – ordnete er allerdings Maßregelvollzug und damit die Unterbringung in einer Erziehungsanstalt an. Darüber hinaus werden die Einnahmen des Drogenverkaufs, rund 73 000 Euro, eingezogen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Prozess gegen die Bande – hier sind neun Männer angeklagt – beginnt am 21. September und wird mehrere Monate dauern.