Kann sich sehen lassen: Die Teilnehmer nehmen am Ende der Veranstaltung ihr selbstgemaltes Kunstwerk mit nach Hause. Foto: Riesterer

Zigmal derselbe Löwe - und doch immer anders. Malen unter Anleitung und Kennenlernen neuer Menschen. Mit Video

Villingen-Schwenningen - Redakteure unserer Zeitung besuchen die erste Artnight-Veranstaltung in VS. Die Frage lautet: Kann ich als Laie am Malkasten ein Werk vollbringen, das es wert ist, nachher an meiner Wand zu hängen? Das sollte ein Selbstversuch zeigen.

Ein schönes Motiv unter Anleitung eines lokalen Künstlers malen, dabei in angenehm-lockerer Atmosphäre neue Menschen kennenlernen und am Ende stolz das selbst geschaffene Werk mit nach Hause nehmen. Dieses Prinzip des "social painting" – oder sozialen Malens – trägt hierzulande den gleichen Namen wie das Unternehmen, das solche Abende veranstaltet: Artnight. Und dieses Prinzip hat sich nicht nur vor der strengen Jury der "Höhle der Löwen" bewährt und zu einem Trend in Deutschlands Großstädten entwickelt, es hat auch Villingen-Schwenningen erreicht.

Bei der ersten Artnight-Veranstaltung der Doppelstadt im Villinger "Zuma" haben sich nun ein Dutzend Hobbykünstler daran versucht, der Vorlage – einem von bunten Farb-Elementen umgebenen Löwengesicht – ihren persönlichen Touch zu verleihen. Leinwand, Lampe, Schütze, Farben, Bleistift, Spachtel und drei verschieden starke Pinsel standen dabei zur Verfügung. "Mehr als die drei braucht ihr nicht", sagte die gastgebende Künstlerin Alessa Strehle und grinste. Nach einer kurzen Instruktion und einem großen "Prost" schickte diese ihre Künstler ins Rennen.

Der Selbstversuch

Voll motiviert ging es an die Leinwand. Und gleich kam das große Aufatmen: Für die Vorsichtigen unter uns gab es auch eine Variante mit Geling-Garantie: Eine Vorlage hinter die Leinwand geklebt, war im Licht der kleinen Lampe schnell klar, wie das Löwengesicht Gestalt annimmt. Aber ist das dann überhaupt richtiges Malen? Ist das Ergebnis trotzdem ein individuelles Kunstwerk und keine billige Kopie? Zu meiner eigenen Überraschung: Ja!

Den Beweis traten wir gleich elffach an: Obwohl zehn andere Teilnehmer ebenfalls erwähnte "Schisser-Variante" wählten, standen am Ende durchweg völlig unterschiedliche Kunstwerke. Das richtige Malen fing nämlich nach dem Erstellen des Löwengesichts erst an: Spachteltechnik, Wischtechnik, ein paar grundlegend zu beachtende Infos in Sachen Farbenlehre – wild drauflos malen war auch bei der einfachen Variante nicht. Der Weg zum eigenen Kunstwerk war schwieriger als gedacht, gleichzeitig aber ein wunderbar spaßiger. Eine nette Gruppe, lockere Gespräche mit Gleichgesinnten zwischendurch und am Ende ein Werk, das – ja, das jetzt tatsächlich an der Wand hängt!

Die Gastgeberin

Und nicht nur die beiden Selbstversuch-Künstler des Schwabo, sondern auch die anderen Teilnehmer wirkten mit sich und ihrem Kunstwerk sehr zufrieden. Das ist Alessa Strehle auch wichtig. "Ich lasse sie vorher nicht gehen", sagte die 29-Jährige nach der Veranstaltung augenzwinkernd.

Mit der Tätigkeit als "Artnight-Gastgeberin" hat die Villingerin offensichtlich das geschafft, was sich viele wünschen: mit der Kunst ihre große Leidenschaft zum (Neben-)Job zu machen. Denn sie traf eine gute Mischung aus "die Leute mal drauflosmalen lassen", dem richtigen Zeitpunkt für Tipps an die ganze Gruppe und aufmunternden Worten, sollte ein Spachtel- oder Pinselstrich mal nicht den gewünschten Effekt erzielt haben. Wobei Letzteres meist schon andere Teilnehmer übernommen hatten. Und zuletzt – das darf durchaus erwähnt werden – den Musikgeschmack einer Gruppe von mehr als drei Leuten zu treffen, schafft auch nicht jeder.

Die junge Künstlerin ist in den kommenden Wochen mindestens zweimal wöchentlich Gastgeberin, wochenends in Stuttgart, sonst in VS. Für sie spielt neben der Kunst der soziale Charakter der Veranstaltungen die Hauptrolle. "Einfach mal wieder für zwei Stunden abzuschalten und sich mal wieder mit fremden Leuten zu unterhalten, ist etwas Besonderes."