Die Soßen der Stufen neun und zehn sind erst ab 18 Jahren erlaubt. Foto: Schwarzwälder-Bote

Schärfe: Nicht jeder darf alles essen, was brennt / Wirkung hält eineinhalb Tage an

Ein lieblicher Sommerwind lässt die Sonnenschirme flattern, während der Koch nebenan seine Spezialität zubereitet: die schärfsten Soßen. Wer sie isst, schwitzt, brennt am ganzen Körper und meint, er könnte Feuer speien. "Schilling’s Imbiss" heißt diese Arena, in der sich entweder die Mutigen oder die Ahnungslosen testen – und mit viel Gejammer meistens tränenreich scheitern.

Ich nehme diesen Kampfplatz dennoch zielstrebig ins Visier. Das Duell, ich gegen die Schärfe, beginnt.

Christian Schilling, Inhaber von "Schillings Imbiss", ist Experte: "Viele kommen zum Junggesellenabschied, essen was Scharfes und denen kommen die Tränen." Er kann darüber lachen. "Das ist das Witzige an meinem Job."

Ein ganzer Berg Zaziki zum Löschen

Sicherheitshalber stellt er mir schon mal einen ganzen Berg Zaziki in einer Pappschale auf den Stehtisch: Es sei gut zum Löschen. Es gebe kaum ein besseres Mittel, Schärfe zu bekämpfen, als griechisches Zaziki. Vorbereitet hat Schilling zudem sieben unscheinbare Schälchen mit verschieden scharfen Soßen.

Ich starte ganz unten, bei Stufe vier. Das geht schnell: Duell gewonnen! Ich sage: "Man merkt schon, dass es scharf ist, aber das macht ja gar nix", sage ich lachend, während Schilling abwartend grinst. Ohne Pause geht’s zur Stufe fünf: "Schmeckt fruchtig", sage ich. "Ja, die ist mit Orange und Mango", erklärt Schilling. Mein Eindruck: Ich werde zwar ein wenig durstig, aber hey, das bisschen Soße, das jetzt noch kommt, mache ich mit links.

Drittes Duell: Schärfegrad sechs. Langsam tauche ich meine Currywurst ins Schälchen, bewege sie zum Mund, esse. Es passiert nichts.

Hals steht in Flammen, Schlucken fällt schwer

Aber nach einigen Sekunden beginnt meine Zunge zu lodern, der Hals steht in Flammen und das Schlucken fällt schwer. Hitze steigt in den Kopf. "Das ist ja das Tückische an dieser Soße. Die wirkt nicht sofort", erklärt Schilling schmunzelnd. "Wollen Sie was zum Trinken?", fragt er höflich. "Nein, jetzt noch nicht", entgegne ich. "Wollen sie Zaziki essen?", hakt er nach. "Nein, nein, geht schon", sage ich beschwichtigend.

Kurze Verschnaufpause. Speichel ergießt sich im Inneren meines Mundes, doch er vermag nicht, dieses erste Auflodern zu löschen.

"Die zehn probiert man nur einmal"

Trotzdem: Unerschrocken schreite ich zu den nächsten Duellen. Stufen sieben und acht! Und das Feuer im Hals wird größer. Meine Augen tränen, Schweiß perlt auf der Stirn.

"Bis Stufe acht mischen wir die Schärfe direkt in die Currywurstsoße. Ab neun reichen wir sie in kleinen Schälchen", sagt Schilling. Und diese Schälchen bekomme nicht jeder: "Wer diesen Schärfegrad probieren möchte, muss mindestens 18 Jahre und körperlich fit sein." Diese Voraussetzungen sind bei mir erfüllt.

"Sie können zwischendurch auch Zaziki essen", sagt Schilling mit freudigem Unterton. Doch ich warte zu. Ein Stammgast, der zufällig anwesend ist, meint: "Ich habe es vor zwei Wochen auch probiert. Ich hatte bis am nächsten Tag leichte Übelkeit und Magenkrämpfe."

"Wie motivierend", denke ich. Todesmutig schreite ich zur Tat. Und wirklich: Die Schärfe beginnt, ausgehend vom Rachen, den ganzen Körper zu durchströmen. Sogar die Lippen brennen. Das Reden fällt schwer. Das Lachen bleibt mir sprichwörtlich im Halse stecken. Mein Magen brennt. Die Speiseröhre steht in Flammen. Jetzt weiß ich, was Schilling meint, wenn er sagt: "Die zehn probiert man nur einmal." Man schmeckt kaum noch Currywurst. Das Essen ist nur noch scharf.

Ich lösche den Brand mit Tzatziki, während Schilling mir freundlicherweise ein Mezzomix bringt.

Die letzte Soße hat mich besiegt. Das Getränk ist leer. Das Zaziki gegessen. Ich stehe immerhin noch aufrecht – und verlasse die Arena, während ein lieblicher Sommerwind die Sonnenschirme flattern lässt.

Leute, wenn ihr bei "Schillings Imbiss" scharf essen wollt, solltet ihr euch unbedingt vorbereiten. Hier sind einige Tipps für eine perfekte Schärfe-Challenge:

1. Nicht mit ganz leerem Magen kommen. Sonst zieht die Schärfe noch stärker in den Bauch!

2. Saziki! Saziki! Und noch mehr: Saziki! Was beim Grieche nur Beilage ist, wird bei Schillings Imbiss zur Feuerwehr geadelt, die Schärfe effektiv neutralisiert. Eine Portion Zaziki kostet nur 30 Cent.

3. Durstlöscher! Wer im Mund trocken hat, verträgt die Schärfe nicht so gut.

4. Blau machen! Wenn ihr euch nicht sowieso krank melden müsst, nehmt euch den nächsten Tag frei! Die Schärfe wirkt, zumindest wenn ihr bis Stufe zehn kommt, mehr als 24 Stunden nach.

Die Schärfe erregt die Nerven in der Mundschleimhaut, die für die Wahrnehmung von Wärme- und Schmerzreizen verantwortlich sind. Sie ist keine Geschmacksart wie salzig, süß oder bitter sondern eine Schmerzreaktion. Durch den Schmerzreiz werden Endorphine ausgeschüttet. Deshalb sagt man Chili nach, dass es glücklich mache. Gleichzeitig führt es zu Hitzewallungen und Schweißbildung. Man geht davon aus, dass sich Menschen in warmen Regionen diesen Effekt bewusst zu Nutze machen, weil durch das Schwitzen die Körpertemperatur angenehm sinkt. Quelle: http://www.ernaehrung-bw.info/pb/,Lde/Startseite/Lebensmittel/Wie+gesund+ist+scharfes+Essen_

Er ist einfach Kult: Schillings Imbiss an der Schützenstraße in Schwenningen. Das ist ein Familienbetrieb, den Christian Schilling in der zweiten Generation führt. Er hat den Imbiss vor etwa zwölf Jahren von seinem Vater übernommen. Schilling hat zwar eine gute Ausbildung, doch für ihn ist es eine "Herzensaufgabe", an das anzuknüpfen, was sein Vater geschaffen hat. Er sagt: "Ich stehe gerne im Imbiss, weil’s einfach Spaß macht." Übrigens: 07720/468311 und 0176/ 23129548 lauten die Telefonnummern für alle, die ihr Essen vorbestellen wollen.