Die Stadt, der Landkreis, die Freizeitwerkstat der Lions VS und der Weiße Ring unterstützen das Projekt. Foto: Stadt Villingen-Schwenningen Foto: Schwarzwälder Bote

Prävention: Konstanzer Puppenbühne gibt Aufführungen zum Thema sexueller Missbrauch

Was tun, wenn einem der schmierige Onkel wieder einen seiner unangenehmen Küsse auf die Backe aufdrücken möchte und man das nicht mag? Das Präventionsprojekt "Pfoten weg" vermittelt Kindern nun seit 15 Jahren, dass es vollkommen in Ordnung ist, manchmal Grenzen zu setzen.

VS-Villingen. Seit 2003 ist Irmi Wette nun mit ihrer Konstanzer Puppenbühne unterwegs. Mehr als 56 000 Kinder – bereits 2300 allein im Jahr 2018 – hat sie dabei erreicht und versucht, ihnen vor allem eines zu vermitteln: "Es gibt gute und schlechte Gefühle. Und bei den schlechten Gefühlen ist es jederzeit richtig, sie raus zu lassen. Dazu gehört auch, in bestimmten Situationen Nein zu sagen." Im April sind Wette und ihre Figuren erneut im Schwarzwald-Baar-Kreis zu Gast und geben zehn Vorführungen ihres Stücks, dass das sensible Thema sexueller Missbrauch behandelt.

Neun der zehn Vorführungen – das Stück richtet sich an Kinder im Alter von vier bis acht Jahren – im Villinger St. Fidelisheim sind bereits ausgebucht. Kindergärten, -tagesstätten oder Grundschulen aus Villingen-Schwenningen werden im Publikum sitzen. "Wir rechnen mit etwa 1200 Kindern, Erziehern und Eltern", freut sich Roland Brauner, Activity-Beauftragter beim Villinger Lions Club. 2015, beim ersten Besuch der Konstanzer Puppenbühne, seien es noch 1000 gewesen.

Die Lions Freizeitwerkstatt, eine gemeinsame Initiative der Villinger und Schwenninger Lions Clubs, ist erneut finanzieller Förderer des Projekts. "In dessen Rahmen veranstalten wir im St. Fidelisheim einen Aktionstag für die Öffentlichkeit am Sonntag, 22. April. Dabei wird die Puppenbühne natürlich auch noch mal auftreten, dazu gibt es Bastel- und Schminkaktionen", sagt Brauner. Beginn ist um 14.30 Uhr.

Täter im Stück kommt aus dem näheren familiären Umfeld

Die Schirmherrschaft für das Projekt haben Villingen-Schwenningens OB Rupert Kubon und Landrat Sven Hinterseh übernommen, ebenfalls mitgetragen wird es von der Opferschutzorganisation Weißer Ring. "Sexualtäter reden Kindern oft eine Mitschuld für das Geschehene ein. Sie sollen erkennen, dass das nicht so ist und auch Erwachsene falsch liegen können", erklärt Jochen Link, Leiter der Außenstelle des Weißen Rings im Kreis, der auch das Medium Puppenspiel zur Vermittlung des Themas lobt: "Vorträge wie bei Senioren bringen bei Kindern nichts."

Das Stück, erklärt Irmi Wette, hat gezielt Täter aus dem näheren Umfeld zum Inhalt, geschehen dort doch die meisten Fälle: "Mit krakenartigen Umarmungen und schlabbrigen Küssen kommen ein Onkel und ein Tante einfach zu nah. Die Eltern merken es nicht und den Kindern ist es unangenehm." Deshalb vermitteln verschiedene Instanzen, dass es erlaubt ist, Grenzen zu setzen. "Es ist jedes mal ein magischer Moment, wenn 100 Kinder an einer Stelle des Stücks gleichzeitig Nein rufen. Gerade bei nahestehenden Personen fällt das aber oft schwer", sagt Irmi Wette. "Der Ehrenkodex gegenüber der Familie ist groß."

Kubon: Starke Kinder werden irgendwann zu starken Erwachsenen

Schirmherr Rupert Kubon spricht hebt hingegen den präventiven Effekt des Projekts hervor. "Starke Kinder werden irgendwann zu starken Erwachsenen. Im Gegenzug sind die Täter häufig früher Opfer gewesen. Deshalb hat das Projekt eine langfristige Perspektive, die ich sehr wichtig finde", sagt der OB.

Die zweite wichtige Zielgruppe des Projekts, erklärt der Präsident des Lions Club Schwenningen, Markus Piro, seien Eltern und die Erzieher, die ihre Gruppen oder Klassen zu den Aufführungen begleiten. "Wenn ein Erzieher eine auffällige Reaktion bei einem ›seiner‹ Kinder beobachtet, kann er das in der Folgezeit gemeinsam mit dem Kind aufarbeiten."

Die teilnehmenden Institutionen werden an dem Aktionstag ebenfalls präsent sein. Zum einen, um Fragen zu beantworten. Zum anderen, um Hemmschwellen zu verkleinern: Wenn jemand im Bereich sexuellen Missbrauchs einen Verdacht hat, sei es gut, wenn derjenige ein Gesicht hat, an das er sich wenden kann, ist man sich unter den Vertretern einig.