Im Gegensatz zu Toilettenpapier lösen sich Feuchttücher nicht auf - und legen teilweise Pumpen im Klärwerk lahm. Foto: okarlo – stock.adobe.com

Ärgernis für Klärwerk-Mitarbeiter. "Verbrauch drastisch gestiegen." Tücher gehören in Restmüll.

Villingen-Schwenningen - Die vierjährige Tochter des Klärwerks-Zuständigen weiß Bescheid: "Papa, die gehören nicht in die Toilette." Wenn das nur alle wüssten, denn zu oft landen in VS noch jede Menge Feuchttücher in der Toilette. Klärwerk-Mitarbeitern stinkt das gewaltig.

Appetitlich sieht das nicht gerade aus, was Markus Kutscher, stellvertretender Betriebsleiter des Klärwerks Villingen, aufspießt: Ein grauer faseriger Klumpen, den einer seiner zehn Mitarbeiter aus einer der insgesamt 150 Pumpen, die sich auf das Bereichs-Gebiet verteilen, gezogen hat. "Für diese Hand-Arbeit gibt es Erschwernis-Zuschlag", erläutert Clemens Mauz, Abteilungsleiter Wasser und Boden im Stadtbauamt VS und damit auch für die Kläranlage in den Niederwiesen zuständig. "Verzopfungen" nennen Mauz und Kutscher die verdichteten Gebilde. Diese verheddern sich an den Pumpen und schaffen es sogar, diese zeitweise lahm zu legen.

Aufwendige Ausbau-Aktion

Der Grund: Regelmäßig landen Feuchttücher in den Toiletten im Stadtgebiet. Dies gelte auch für das Klärwerk des Abwasserzweckverbandes Oberer Neckar, in das das zu klärende Wasser aus Schwenningen fließt. "Der Verbrauch an Feuchttüchern ist drastisch gestiegen." Mauz zieht ein Päckchen Feuchttücher als Beweismittel aus der Tasche und deutet auf ein eindeutiges Zeichen: Die öligen Tücher gehören nicht in die Toiletten, sondern in den Restmüll. "Denn diese Hygieneartikel lösen sich im Gegensatz zu Toilettenpapier nicht auf."

Für Mauz und sein Team hat diese Nachlässigkeit die Folge, dass Betriebs-Mitarbeiter betroffene Pumpen auseinandernehmen und das graue Knäuel herausziehen müssen. "Das passiert manchmal sogar zwei bis drei Mal in der Woche", ärgert sich Kutscher, der seit 20 Jahren im Betrieb arbeitet. "Freilich verteuert das auch unseren Abwasserbetrieb", ergänzt Mauz, seit rund drei Jahren bei der Stadtverwaltung. Über die Toilettenspülung entsorgt werden aber auch Putzlumpen, Q-Tips, Slipeinlagen und Tampons, die sich ebenfalls zu Verzopfungen verknäulen.

Reste für die Ratten

Natürlich hört die Liste mit den genannten Tabu-Abfallprodukten so schnell nicht auf. "In die Toiletten gehören auch keine Medikamentenreste", klärt Mauz auf. Denn diese gehören ebenso wie Feuchttücher in den Restmüll hinein. Mauz könnte diese Produkt- Reihe noch beliebig lange fortsetzen. Zu seinem Ärger werden zudem Reste an Acrylfarben in Schächten ausgekippt. Ein Ärgernis deshalb, weil die Farben mikroplastische Eigenschaften haben und damit die Klärbetriebe beeinträchtigen. Gravierend ist es für den Stadtbauamts-Abteilungsleiter, dass Essensreste sorglos in den Toiletten entsorgt werden. "Das bietet natürlich Futter für die Ratten." Und die seien in der Tat ein Thema für VS, ergänzt Franz-Josef Holzmüller, Leiter des Stadtbauamtes VS. 50 000 Euro werden jährlich für die Bekämpfung der Nagetiere ausgegeben. Durch Kanalsanierung und neue Leitungen versuche man, das Problem zu minimieren. An den neuen glatten Einfassungen bleiben die Reste nicht mehr hängen.

Die Kläranlagen-Leiter können auch positive Entwicklungen aufzeigen. Der Wasserverbrauch sei gesunken, dank eines gestiegenen Umweltbewusstseins bei den Privaten, einer verstärkten Nutzung des Regenwassers und optimierter Wasserabläufe bei der Industrie.

Insgesamt werden allein in der Villinger Anlage im Durchschnitt sechs Millionen Kubikmeter Wasser behandelt, für den Schwenninger Bereich mehr als fünf Millionen Kubikmeter, die sich auf Schmutzwasser, Regenwasser und Fremdwasser aufteilen.