Brücke über die Bucht: Jörg Obergfells Werke sind in der Ausstellung "Hagulane" in der städtische Galerie zu sehen. Foto: Simon Foto: Schwarzwälder-Bote

Jörg Obergfell: zwischen Tokio und Schwarzwald

Von Stefan Simon Villingen-Schwenningen. Bei der noch bis Ende des Monats laufenden Ausstellung "Hagulane" in der Galerie VS wird von Veranstalterseite gerne der Heimatbegriff benutzt. Die Fakten sind jedoch eindeutig: Die sechs Künstler stammen zwar aus der Region, haben größtenteils noch verwandtschaftliche Beziehungen hierher, aber das Lebens- und vor allem das für Künstler notwendige Arbeitsumfeld befindet sich überall anders, nur nicht in Villingen-Schwenningen und Umgebung.

Internationale Vernetzung und eine Bereitschaft für einen permanenten Ortswechsel sind für eine erfolgreiche Künstlerkarriere sicherlich nicht hinderlich. Bestes Beispiel dafür ist Jörg Obergfell. Der 1976 in St. Georgen geborene und in Königsfeld aufgewachsene Künstler lebt und arbeitet derzeit auf Schloss Ringenberg. Ein Stipendium hat ihm das ermöglicht, genauso wie seine Aufenthalte in Straßburg, Paris, Seoul, in Japan und den USA. Seine Ausstellungen führten ihn ebenfalls rund um den Globus.

Diese Auszeichnungen, zu der auch der 2006 verliehene Schwarzwald-Baar-Kulturpreis gehört, brauchen ein solides Fundament. Obergfells Werdegang kann man durchaus als idealtypisch bezeichnen. Er besuchte von 1997 bis 2000 die Berufsfachschule für Holzbildhauerei in Garmisch-Partenkirchen und war dann Meisterschüler an der Akademie der bildenden Künste in Nürnberg bei Ottmar Hörl, der ihn heute noch als seinen besten Schüler nennt. 2007 machte er seinen Master of Fine Arts am Goldsmiths College in London. Dort hat er auch bei Hauser und Wirth, einer der weltweit führenden Galerien, wichtige Einblicke in das Kunstgeschäft erhalten.

Zeitgenössische Kunst wird gerne als sperrig bezeichnet, bei dem begeisterten Skateboard-Fahrer könnte man auch den Begriff "abgefahren" benutzen. Abgefahren ist er in Seoul zwar nicht, aber hochgestiegen auf eine Skulptur im öffentlichen Raum, im King-Kong-Kostüm. Im Blickfeld zu dieser fotografischen Dokumentation hängen als Wimpel die Abbildungen der 500 höchsten Häuser der Welt.

Und dann gibt es doch noch Heimatliches zu entdecken. So stellt Jörg Obergfell den gebastelten und geschnitzten Schwarzwaldmotiven seines Großvaters – Vogelkästen, Bauernhäuser, Nähkästchen –, die er in einer Foto-Serie präsentiert, seine Objekte gegenüber, die er in Japan im Stil seines Großvaters nach japanischen Vorbildern während eines Stipendiums in Japan geschaffen hatte. Obergfell stellt hier keine Schwarzwaldidylle dar, sondern greift eine ihm vertraute Motivwelt auf. Seine Arbeit beginnt bei seinen Wurzeln, bei seiner Familie, in der Heimat Schwarzwald. Sie verharrt aber nicht dort. Die Bastel-Leidenschaft des Großvaters wird so Teil der eigenen Kunst. Obergfell hat diese Kunstwerke mit Schwarzwald-Bezug auch schon in Japan ausgestellt. Nun sind sie eben mit dem Künstler in den Schwarzwald zurückgekehrt. So wird Villingen-Schwenningen dank Jörg Obergfell Teil des kosmopolitischen Kreises.