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Bundestagsabgeordnete spircht in Tonhalle. Sprechchöre, Buh-Rufe und kleine Blockaden vor Halle. Mit Video

Schwarzwald-Baar-Kreis - Vor der Neuen Tonhalle schlug ihr Protest entgegen, innen gab es stehende Ovationen: Die AfD-Bundestagsabgeordnete und Fraktionschefin Alice Weidel sprach am Samstag in Villingen-Schwenningen.

"Was das wieder kostet" – kopfschüttelnd nahmen viele Passanten schon zwei Stunden vor Veranstaltungsbeginn das Großaufgebot der Polizei vor der Neuen Tonhalle wahr, die Absperrgitter, die Kastenwagen und das Anti-Konflikt-Team in den gelben Warnwesten. Rund 60 Beamte waren im Einsatz. Ihnen gegenüber standen etwa 25 Demonstranten, die dem Aufruf des Offenen Antifaschistischen Treffens Villingen-Schwenningen (OAT) zum Protest gegen die rechtspopulistische Parteiveranstaltung gefolgt waren. Der befürchtete große Krawall blieb aus, wenngleich das Material der Linken für einige Irritationen gesorgt hat: Zum Einsatz kam ein Werbebanner für den Neckarpark, dessen Rückseite nun als Leinwand diente, auf die noch vor Ort linke Slogans aufgesprüht wurden. Abgestützt wurde das sich im stürmischen Nieselregen wiegende Transparent danach mit einem mobilen Ständer für Verkehrsschilder. Woher beides kam? Ordnungsamtsleiter Ralf Glück zuckte verdutzt mit den Schultern, die Polizei konfiszierte den mobilen Verkehrszeichenhalter, nachdem die Demonstranten dessen Herkunft nicht erklären wollten.

Immer wieder Sprechchöre, Buh-Rufe und kleine Blockaden, um Besuchern den Zugang zur Veranstaltung der Alternative für Deutschland (AfD) zu erschweren, mehr Kontra gab es für die Blauen nicht.

Auch auf der anderen Seite der Absperrgitter gab es hier und da Provokationen: Ein freches Winken samt eindeutiger Geste von Rechts nach Links, übertrieben geäußerter großer Dank für den Schutz der Polizei vor den Linken oder zwei AfD’ler, die sich in sicherem Abstand zu den Antifa-Anhängern postierten und feststellten: "Jetzt bin ich aber enttäuscht" – "die sind auch nicht mehr, das was sie mal waren. Und nicht mal einen Neger haben sie dabei..."

Wenig später freute sich der Sprecher der AfD im Landkreis, Martin Rothweiler, über großen Besuch trotz des "etwas unangenehmen Außenbildes". Vergeblich habe man versucht, die Stadt dazu zu bewegen, die Gegner auf das Alte Tonhallenareal auf der anderen Straßenseite zu verweisen. Rund 170 Gäste trotzten den Bedingungen und stimmten euphorisch klatschend zu, als Rothweiler "die Anfänge von totalitären Systemen" beklagte. "Mir geht es wirklich langsam auf den Senkel, dass wir uns tagtäglich diesen Nazi- und Rassismus-Blödsinn anhören müssen!" In seiner Rede ging der AfD-Sprecher und Gemeinderatskandidat auf die drängendsten Themen im Oberzentrum ein von den maroden Straßen über fehlende Kindergartenplätze, für die doch jeder nach seinen Möglichkeiten bezahlen solle, bis hin zum Wohnungsbau. Und dann gab er die Bühne frei für die Hauptperson des Abends, die von ihren Gegnern unbemerkt klammheimlich übers Hintertürchen in die Tonhalle geschlichen war: Frontfrau Alice Weidel. Nach einer kurzen Aufwärmphase gab diese sich gewohnt kämpferisch, keifte gegen die Merkelsche Regierung, ärgerte sich über eine Stigmatisierung der AfD und holte an der Basis mit bissigen Bemerkungen und Spitzen gegen die politische Konkurrenz Punkte. Immer wieder legte sie den Finger in vermeintliche Wunden, womöglich heilsame Lösungen aber predigte Alice Weidel an diesem Abend nicht. Die Sympathie ihrer Anhänger war ihr auch so sicher - stehende Ovationen begleiteten die Bundestagsabgeordnete von der Bühne, und nachdem auch die beiden letzten Redner der Wahlveranstaltung, der Landtagsabgeordnete Lars Patrick Berg sowie der Bundestagsabgeordnete Marc Bernhard gesprochen hatte, war Alice Weidel nochmal an der Reihe: Jetzt galt es, sich für Selfies der Besucher ablichten zu lassen und Autogramme zu geben.