Erneut hätte sich ein Facharzt aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis vor dem Landgericht Konstanz verantworten sollen, blieb der Verhandlung aber fern. Foto: Seeger

Junge Frau klagt über "Verstümmelung" ihrer Nase. Angeklagter Facharzt legt Attest vor.

Villingen-Schwenningen/Konstanz - Wird die junge Frau jenen Arzt wiedersehen, dem sie vorwirft, dass er ihre Nase "verstümmelt" habe? Oder bleibt der Mann erneut einem Gerichtstermin fern? Er blieb. Wieder fand eine Verhandlung ohne den Facharzt statt, der sich massiver Kritik ausgesetzt sieht.

Die zivilgerichtlichen Klagen sind nicht neu. Bei dem jüngsten Termin, dieses Mal vor der Zivilkammer des Konstanzer Landgerichtes, ging es erneut um Arzthaftung, oder drastischer formuliert um den Vorwurf des Ärztepfuschs, um Schadensersatz und Schmerzensgeld. Vorausgegangen waren bereits einige Versäumnisurteile und Vergleiche. Auch in dem aktuellen Fall hatte es bereits ein Versäumnisurteil gegeben, gegen das der Beklagte aber Einspruch einlegte. Schon eine halbe Stunde vor dem Prozess unterhielten sich ehemalige Patienten des Facharztes aus der Region, die als Zuschauer in die Bodenseestadt gekommen waren, angeregt darüber, "ob er wohl dieses Mal zur Verhandlung kommt". Noch gut war ihnen ein "exklusiver Auftritt" des Arztes in Erinnerung. Im Stechschritt war dieser in das Villinger Gerichtsgebäude gekommen, das Gesicht mit einer Sturmhaube bedeckt, so dass nur noch die Augen zu sehen waren. Eigentlich hätte der Mediziner vor Gericht erscheinen müssen. Doch auch dieses Mal entschuldigte ihn dessen Anwältin und legte ein ärztliches Attest vor.

Beschwerden bleiben

Wo steckt der Mann? Der Mediziner, hieß es, soll mittlerweile seine Praxis aufgegeben haben und in London leben. So blieb es also beim aus vorherigen Verfahren bekannten Prozedere: Der ehemalige Patient listet vor Gericht seine Vorwürfe gegen den Mann auf. Diesmal ging es um eine junge Frau, die gegen ihren früheren Facharzt schwere Vorwürfe erhob. Durch die erfolgte Operation seien ihre Beschwerden nie beseitigt worden. Im Gegenteil. Seither habe ihr Geschmacks-und Geruchssinn stark nachgelassen, zudem drohe ihre Nase zusammenzufallen. Falls sie sich nicht zu einer Rekonstruktion ihrer Nase entschließe, riskiere sie, eine "klassische Boxernase" zu bekommen.

Angst vor "Boxernase"

Vor gut fünf Jahren habe der Arzt das erste Kapitel ihrer Behandlungsgeschichte geschrieben. Sie habe Atembeschwerden und eine trockene Nase gehabt und sei zu dem Facharzt gegangen. Dieser habe recht schnell zu einer Operation geraten. Die Mutter, einzige Zeugin im Prozess, habe erst Vorbehalte gehabt. Die Tochter beharrte jedoch auf einer Op, zumal der Mediziner davon gesprochen habe, dass der Eingriff alternativlos sei und keine Komplikationen zu erwarten seien. Bei dem Eingriff werde unter anderem die Nasenscheidewand begradigt, habe sie erfahren.

Deutliches Fazit

Da die junge Frau mit dem Ergebnis unzufrieden war und die Beschwerden blieben, konsultierte sie einen zweiten Facharzt. Dieser zog ein vernichtendes Fazit. Nicht nur, dass der Mediziner keinerlei Indikation für den erfolgten Eingriff sah. Er sprach nach der Untersuchung der jungen Patientin auch von einer grob fehlerhaften Behandlung. Denn bei der Operation sei der Nasenknorpel vollständig entfernt und nicht mehr eingesetzt worden. Ein weiterer Arzt, früher am Schwarzwald-Baar-Klinikum beschäftigt, bestätigte die Expertise des Kollegen aus der Region.

Schon vor einer zweiten Pause war die Richtung der Juristen klar, nicht nur, was das Schmerzensgeld anbelangte. So sprach der Richter davon, dass es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen Behandlungsfehler handle. Einem Vergleich standen die Klägerin und ihre Anwältin zwar nicht ablehnend gegenüber. Doch die vom Gericht ins Spiel gebrachten 12 500 Euro waren für die junge Frau unterhalb der Schmerzgrenze. "15   000 Euro", lautete deshalb die Forderung, "weiter runter gehen wir nicht", sonst werde weiter prozessiert, so die Ansage an die Anwältin des Arztes. Ob mit dieser Summe ein Schlussstrich gesetzt werden kann, zeigt sich spätestens nach Fristablauf.

Wie bereits mehrfach berichtet, liegen rund 30 Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Konstanz gegen den Facharzt vor, dem "Pfusch" vorgeworfen wird. Noch hat der vom Gericht beauftragte Gutachter in der Strafsache sein Exposé nicht vorgelegt.