Auf den Wiesen ist der erste Schnitt gut verlaufen, auf den Feldern wurde der Mais ausgebracht: Wie hier in Fischerbach sind die Kinzigtäler Landwirte sehr aktiv. Foto: Kleinberger

Nach mehreren Trockenjahren hat die Natur in diesem Frühjahr eine Atempause einlegen können. Regen und niedrigere Temperaturen freuen die Bauern: Die erste Heuernte beispielsweise ist im Kinzigtal gut gelaufen. Nur der Wolf bereitet weiter Sorgen.

„Allgemein können wir gerade zufrieden sein“, sagt Ulrich Müller beim Besuch unserer Redaktion auf dem Ramsteinerhof in Fischerbach. Der Vorsitzende des BLHV-Kreisverbands Wolfach gibt einen Überblick darüber, wo die Landwirtschaft im Kinzigtal gerade steht.

Forst: „Der Wald profitiert stark von den Niederschlägen“, steigt Müller ins Gespräch ein. Der Borkenkäfer stehe zwar in den Startlöchern, aber durch die Feuchtigkeit und besonders die lange recht niedrigen Temperaturen seien die erste und zweite Population nicht ausgeflogen. Es seien noch wenige Käferschäden zu verzeichnen. Aber klar ist auch: „Der Wald könnte noch zwei bis drei nasse Jahre gebrauchen.“ Die Dürrejahre haben den hiesigen Wäldern bekanntlich sehr zugesetzt.

Grünland: Von den Niederschlägen profitieren natürlich nicht nur die Wälder, sondern auch das Grünland. Die erste Mahd ist eingefahren – Müller freut sich über eine große Futtermenge und hohe Qualität. Vielerorts stünde sogar schon der zweite Schnitt sehr gut da, berichtet der Landwirt.

Ein Plagegeist gibt derweil überraschend Ruhe: „Der Junikäfer macht uns überhaupt keine Probleme“, sagt Müller. Das Problem scheine sich erledigt zu haben. In den Vorjahren hatten die Larven des Käfers den Bauern in der Region riesige Probleme bereitet. Sie hatten sich massiv ausgebreitet und fraßen vielerorts die Wiesen kahl. Dass sie derzeit überhaupt kein Thema sind, kommt für Müller selbst „überraschend“, wie er sagt: „Uns ist prophezeit worden, dass wir damit länger kämpfen müssen.“ Derzeit sei die Grasnabe aber gut geschlossen.

Auf den Feldern ist der Mais ausgebracht – da sei es noch zu früh, etwas zu sagen. Die Frühjahrsarbeiten seien aber gut gelaufen. Vor Ort sind die Niederschläge nicht so stark gewesen, dass sie Felder aufgeschwemmt hätten. Andere Regionen in Deutschland hatten im Frühjahr beispielsweise damit kämpfen müssen, dass Starkregenereignisse Kartoffeläcker aufschwemmten. Zwar gibt es im Bereich des Kreisverbands ohnehin wenig Flächen, auf denen so etwas passieren könnte. „Aber auf denen, die es gibt, ist nichts passiert“, so Müller.

Der Fischerbacher Landwirt Ulrich Müller ist Vorsitzender des BLHV-Kreisverbands Wolfach. Foto: Kleinberger

Quellen: Die Wasserversorgung im Außenbereich läuft überwiegend über eigens gefasste Quellen. Diese haben sich laut Müller ebenfalls erholt. Allerdings stehe das Grundwasser noch nicht dort, wo es sein sollte. „Daher kann sich die Situation schnell wieder ändern“, sagt er. Persönlich macht er sich allerdings keine Sorgen: „Unsere Quelle ist gut, bisher hat es noch keine Probleme gegeben.“

Wolf & Co.: Luchs und Wolf sind auf dem Rückmarsch in den Schwarzwald, aus dem deutschen Alpenraum gibt es vereinzelt Meldungen über Bären-Nachweise. Im Kinzigtal hat man seit Längerem nichts mehr über den Wolf gehört – „aber Thema ist er natürlich immer“, sagt Müller und verweist mit Sorge in der Stimme darauf, dass im Schwarzwald eine Rudelbildung unmittelbar bevorstehe, wenn sie nicht bereits erfolgt sei. Erst vergangene Woche habe er wegen der Thematik einen Termin im Umweltministerium gehabt. „Wenn wir die Politik nicht davon überzeugen können, dass wir eine wolfsfreie Zone bleiben müssen, hören die Kleinbauern hier auf“, findet er deutliche Worte. „Wir müssen die Anzahl an Wölfen so gering wie möglich halten.“ Verschwinden die Kleinbauern aus der Kulturlandschaft Schwarzwald, wird es mit der Offenhaltung der Landschaft schwierig.

Auch touristisch sieht Müller ein Problem: Die Wolfszäune, die Vieh vor den Raubtieren schützen sollen, können auch für Wanderer unüberwindbare Hindernisse sein. Bären allerdings seien noch kein Thema, wiegelt er ab.

Bauen im Außenbereich: Bei vielen Höfen steht ein Generationenwechsel an. Damit die Nachfolger auf dem Hof bleiben können, die Eltern aber nicht wegziehen müssen (Müller: „Das kann nicht Sinn der Sache sein“), müsste vielerorts gebaut werden. Das wird allerdings durch Bundesgesetze erschwert, erklärt Müller. Diese haben zum Ziel, eine Zersiedelung der Landschaft zu verhindern. Bei Großbetrieben aus seiner Sicht sinnvoll. Aber im Schwarzwald gehe es um kleinere Betriebe. Aktuell sei der Kreisverband im Austausch mit dem Regierungspräsidium und dem Ministerium für Ländlichen Raum, um für den Schwarzwald Änderungen zu ermöglichen. „Wir müssen junge Familien besser dabei unterstützen können, auf dem Hof zu bleiben, wenn sie das schon möchten“, sagt der Kreisverbands-Chef.

Kleinbrenner

Viele der Landwirte vor Ort haben noch Kleinbrenner-Lizenzen, die sie dazu nutzen, selbst Alkohol zu destillieren. Wie beim Hausbau gibt es allerdings auch in diesem Bereich aktuell Probleme, die Lizenz an die Nachfolger zu übergeben. „Aktuell sind Verwaltung und Zoll bei der Übergabe der Brennerlizenzen und Auslegung der Gesetze sehr restriktiv“, fasst Müller zusammen und hoffe, durch gute Arbeit im Verband Verbesserung zu erreichen. Denn für ihn ist das nicht nachvollziehbar: „Die Streuobstwiesen sollen bleiben – und dann macht man das System kaputt, mit dem das Streuobst weiterverarbeitet wird.“