Bei Schnee und Glätte ist auf den Straßen besondere Vorsicht geboten. Foto: Zucchi

Wann genau braucht man Winterreifen und wann droht ein Bußgeld? Guckloch in Frontscheibe alleine reicht nicht.

Region - Bisher wurde es in diesem Winter kaum brenzlig auf den Straßen. Neuerdings aber müssen Autofahrer mancherorts mit Glätte und Schnee  rechnen und deshalb auf bestimmte Dinge achten, um sicher die schwierigen Straßenverhältnisse zu meistern. Wir haben uns bei den Experten vom ADAC Württemberg mit Sitz in Stuttgart umgehört und Tipps gesammelt, wie Sie sicher durch das Schneegestöber kommen.

Wer sich noch nicht darum gekümmert hat: Welche Maßnahmen raten Sie Autofahrern, um ihr Auto winterfit zu machen?

1. Autobatterie checken: Sie führt im Winter die Pannenstatistik der ADAC Straßenwacht unangefochten an. Wenn die Batterie bereits bei Temperaturen über dem Gefrierpunkt den Anlasser nur noch müde durchdreht, dann sollte sie unbedingt geprüft und, falls nötig, rechtzeitig ersetzt werden.

2. Beleuchtung einstellen: Auf die Beleuchtung muss in der dunklen Jahreszeit unbedingt Verlass sein. Daher sollten alle Leuchtmittel überprüft und notfalls in einer Werkstatt korrekt eingestellt werden.

3. Kühler- und Scheibenfrostschutz prüfen: Mindestens -25° Celsius sollte beim Frostschutz der Kühleranlage sichergestellt sein. Dem Scheibenwischwasser sollte geeigneter Winterreiniger hinzugefügt werden.

4. Türdichtungen einfetten: Tür- und Heckklappengummis können mit einem Fettstift, Talkum oder speziellen Pflege-Stiften auf Silikonbasis behandelt werden, um eingefrorene Türen zu vermeiden.

5. Passende Winterausrüstung: Warme Decken und Eiskratzer/Besen ins Auto legen. Der Türschlossenteiser gehört in die Tasche/Jacke und nicht ins Auto!

Wann genau braucht man Winterreifen?

In Deutschland gilt eine situative Winterreifenpflicht: Bei Glatteis, Reif- und Eisglätte, Schnee und Schneematsch müssen Autos Winterreifen aufgezogen haben. Anders ausgedrückt: Bei winterlichen Straßenverhältnissen sind Sommerreifen verboten. Als grobe Faustregel hat sich der Zeitraum "von O bis O" (Oktober bis Ostern) für die Nutzung von Winterreifen bewährt. Jedoch sollten Autofahrer flexibel auf die Wetterverhältnisse reagieren und zum Beispiel bei einem Kälteeinbruch im April die Winterreifen lieber noch nicht zu früh wechseln.

Welche Strafen drohen bei einem Verstoß?

Wer bei winterlichen Straßenverhältnissen ohne Winterreifen unterwegs ist, dem droht ein Bußgeld von 60 beziehungsweise 80 Euro, je nach Behinderung des Straßenverkehrs, sowie ein Punkt in Flensburg. Neu ist, dass auch der Fahrzeughalter mit einer Geldbuße und einem Punkt rechnen muss, wenn er bei winterlichen Straßenverhältnissen eine Fahrt ohne Winterreifen zulässt.

Welche Auswirkungen hat das auf den Versicherungsschutz?

Kommt es wegen der Sommerreifen zum Unfall, kann dies zur erheblichen Leistungskürzung der Kaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit führen.

Wenn ein Autofahrer beispielsweise in einem milden Januar mit Temperaturen mit mehr als zehn Grad mit Sommerreifen unterwegs ist: Droht eine Strafe?

Es kommt auf die Straßenverhältnisse an, nicht allein auf die Lufttemperatur. Bei winterlichen Straßenverhältnissen und zehn Grad Lufttemperatur droht bei einem Unfall ein Bußgeld. Allgemein gilt: Wer Fahrten bei "Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte" zuverlässig vermeiden kann, darf auch weiterhin im Winter mit Sommerreifen fahren. Dies hat besondere Bedeutung in traditionell winterarmen Regionen sowie für Besitzer von Zweitwagen oder Oldtimern – und natürlich für den, der gegebenenfalls auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen kann.

Ist es erlaubt, auch im Sommer mit Winterreifen zu fahren?

Gesetzlich ist es nicht verboten, im Sommer mit Winterreifen zu fahren. Wer bei warmen Temperaturen sein Fahrzeug jedoch nicht auf Sommerreifen umrüstet, braucht im Notfall deutlich länger, um zum Stehen zu kommen. Die Unfallgefahr steigt damit deutlich an.

Bis zu welcher Profilhöhe sind Winterreifen noch in Ordnung?

Aus Sicht des ADAC sind Winterreifen unter vier Millimeter Profiltiefe, obwohl gesetzlich bis 1,6 Millimeter zulässig, für den Wintereinsatz nicht mehr sicher. Tipp zum einfachen Messen der Profiltiefe: Der goldene Rand der Ein-Euro-Münze ist exakt drei Millimeter breit, er sollte also nicht mehr sichtbar sein.

Um sich die Mühe zu sparen, kratzen Autofahrer oft nur ein kleines Guckloch auf der Frontscheibe frei. Doch darf man das?

Vom Gesetzgeber wird ein komplett freies Sichtfeld gefordert. Bei der Frontscheibe reicht es daher nicht, nur ein kleines Guckloch freizukratzen. Wer dies dennoch tut, muss mit einem Bußgeld von zehn Euro rechnen. Auch durch die Seitenscheiben muss die Sicht frei sein, andernfalls erhöht sich das Unfallrisiko erheblich.

Haben Sie Tipps, wie man schnell und gut die Scheiben freibekommt?

Befreien Sie Ihr Fahrzeug vor dem Losfahren komplett von Schnee und Eis. Klopfen Sie Ihre Schuhe vor dem Einsteigen ab. Je höher die Luftfeuchtigkeit im Auto, desto schneller beschlagen die Scheiben. Schalten Sie Ihre Klimaanlage ein und stellen Sie das Gebläse und die Temperatur auf höchste Stufe und richten Sie die Luftdüsen auf die Scheiben. Stellen Sie das Gebläse auf hohe und die Temperatur auf höchste Stufe.

Ist es erlaubt, das Auto schon mal anzumachen, um es vorzuwärmen?

Generell gilt: den Motor beim Eiskratzen und Schneefegen nicht im Stand laufen lassen. Wer es dennoch tut, verursacht unnötigen Lärm, Abgase und riskiert ein Bußgeld von zehn Euro. Zudem ist es schädlich für den Motor: Im Stand braucht der Motor deutlich länger, bis er seine Betriebstemperatur erreicht. Dafür wird eine große Menge an Kraftstoff verbraucht, ohne eine Leistung zum Antrieb des Fahrzeuges abzugeben. Solange der Motor nicht warm ist, gelangt viel unverbrannter Kraftstoff auf die Zylinderoberfläche und es kommt zwangläufig wegen schlechter Schmierung zu erhöhter Reibung. Die Folge: Zylinder- und Kolbenverschleiß. Außerdem fließt unverbrannter Kraftstoff an den Kolben vorbei, gelangt in die Ölwanne und verdünnt so das Motoröl. Dadurch verschlechtert sich auch hier die Schmierung, was wiederum den Motorverschleiß erhöht. Eine gute Alternative zum Warmlaufenlassen ist neben der Garage eine Standheizung. Moderne Standheizungen lassen sich meist entweder über eine Fernbedienung starten oder auf eine bestimmte Uhrzeit programmieren. So können Autofahrer in ein enteistes Auto einsteigen und sofort losfahren.

Welche Tipps können Sie Autofahrern bei Glätte auf den Weg geben?

Fahren Sie bei glatter Fahrbahn im zweiten Gang an und gehen Sie behutsam mit dem Gaspedal um. Die Lenkvorgänge und das Gasgeben sollten zeitlich getrennt werden und vermeiden Sie ruckartige Lenkbewegungen. Kommt das Auto dennoch ins Schleudern, hilft Auskuppeln und schnell, aber gefühlvoll gegenlenken. Falls das Fahrzeug nicht mehr aufs Lenken reagiert, hilft nur noch eine Vollbremsung. Ein zusätzlicher Tipp: Auch wenn der meist langsam fahrende Winterdienst Autofahrer auf eine harte Geduldsprobe stellt: Sie sollten Räum- und Streufahrzeuge nicht überholen, denn vor ihnen ist die Fahrbahn häufig gefährlich glatt. Zudem bringt das Überholen in der Regel keinen Zeitvorsprung, denn vor dem Schneepflug fährt man auf ungeräumter Fahrbahn und muss spätestens dann das Tempo wieder drosseln. Die Devise heißt: Platz machen, zurückhaltend fahren und auf keinen Fall durch riskantes Überholen die Arbeit der Schneepflüge behindern. Wer zu nah auffährt, wird mit Salz und Schnee bespritzt. Das kann die Windschutzscheibe verschmieren und die Sicht beeinträchtigen. Die Faustformel für den Sicherheitsabstand zum Winterdienst lautet: mindestens halber Tacho.

Ab welchen Wetterbedingungen besteht Schneekettenpflicht?

Eine allgemeine Schneekettenpflicht gibt es in Deutschland nicht. Verpflichtend ist das Anlegen der Schneeketten allerdings, wenn es durch das entsprechende, blaue Schild mit weißem Schneekettensymbol vorgeschrieben wird. Auch im Ausland wird eine Schneekettenpflicht in der Regel durch Schilder signalisiert. Sind Autofahrer auf entsprechenden Strecken ohne die vorgeschriebene Ausrüstung unterwegs, drohen Bußgelder. Wir empfehlen, sich vor der Fahrt über die jeweiligen Bestimmungen im Zielland zu informieren. Ausflügler und Winterurlauber, die auf höhergelegenen Bergstrecken und Pässen unterwegs sind, sollten Schneeketten dabeihaben. Die Traktionshilfen sind vor allem dann unentbehrlich, wenn Autofahrer schneebedeckte Steigungen zu bewältigen haben oder auf Fahrbahnen mit dicker und geschlossener Schneedecke unterwegs sind.