Der Angeklagte verbarg sein Gesicht vor der Urteilsverkündung hinter einem Aktenordner. Foto: Günther

Zu zwei Jahren Haftstrafe auf Bewährung hat das Rottweiler Landgericht einen 47-Jährigen verurteilt. Die Gründe des Richters und der beiden Schöffen konnte auch der Staatsanwalt nachvollziehen.

Die Taten des Mannes auf der Anklagebank des Rottweiler Landgerichts bezeichnete Richter Karlheinz Münzer in aller Deutlichkeit als „schwerwiegend“. Der 47-Jährige war angeklagt, ein anfangs zwölfjähriges Mädchen über mehrere Jahre hinweg sexuell missbraucht zu haben.

Die Beweisaufnahme ergab, dass er an der Nichte seiner Partnerin in vierzehn Fällen sexuelle Handlungen vorgenommen hat. Diese fanden zum Teil statt, als das Mädchen 14 Jahre alt war und nach dem Strafrecht als Heranwachsende galt. Zum Geschlechtsverkehr war es nie gekommen. Der Täter hat sein Opfer auch nach dessen eigener Aussage nicht verletzt oder ihm Schmerzen zugefügt.

Ohne Geständnis wäre keine Strafverfolgung möglich gewesen

Für seine Taten verurteilte die mit zwei Schöffen besetzte 1. Große Jugendkammer den 47-Jährigen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren, die auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt ist. Der Täter wurde außerdem verpflichtet, dem Opfer 10 000 Euro Schadensersatz zu zahlen und sich einer Therapie zu unterziehen.

Der Fall weise einige Besonderheiten auf, erklärte der Richter in der Urteilsbegründung. Strafmildernd wirkte sich für den Angeklagten aus, dass er „überschießend geständig“ war. „Anderenfalls wäre die Strafverfolgung kaum möglich gewesen“, sagte Richter Münzer.

So blieb es der heute 18-jährigen Frau erspart, vor Gericht erscheinen zu müssen. Dort genügte eine Videoaufnahme ihrer Aussage. Sie deckte sich mit den Angaben des Täters.

Eine weitere Besonderheit war, dass das Opfer und ihre Familie keine Bereitschaft zeigten, Anzeige zu erstatten. Die junge Frau war von ihrem Großvater sogar bedroht worden für den Fall, dass die Vorgänge an die Öffentlichkeit kämen.

„Der größte Fehler meines Lebens“

Der Großvater setzte sich jedoch mit dem Täter in Verbindung – worauf dieser versuchte, sich umzubringen. Der Suizid wurde knapp verhindert. In der bis heute andauernden Therapie legte der Täter sein umfassendes Geständnis ab.

Weil das Mädchen zeitweise in einer Jugendhilfeeinrichtung des Landkreises lebte, erlangten die Rottweiler Behörden Kenntnisse von dem Geschehen und informierten die Polizei. Dafür lobte Richter Münzer ausdrücklich das Rottweiler Landratsamt.

Der Angeklagte, der zuvor nie auffällig geworden war, hatte die Taten als „ größten Fehler meines Lebens“ bezeichnet. Mit dem Urteil erklärte er sich einverstanden.

Staatsanwalt Achim Ruetz hatte eine Haftstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten gefordert, konnte die mildere Entscheidung des Gerichts aber akzeptieren: Die Urteilsbegründung sei nachvollziehbar, sagte er unserer Redaktion.