Die dritte Große Jugendkammer am Landgericht Tübingen verhandelt gegen vier mutmaßliche Vergewaltiger. Foto: Müssigmann

Vier junge Männer sollen 24-Jährige nach Hausparty missbraucht haben. Prozess findet hinter verschlossenen Türen statt. 

Tübingen - Der Prozess gegen vier mutmaßliche Vergewaltiger ist für die vielen Zuschauer schon kurz nach Beginn wieder vorbei. Die Verhandlung findet nichtöffentlich statt. Das hat das Gericht am Donnerstag auf Anregung der Anwältin des Opfers entschieden.

Zum Prozessauftakt vor der dritten Großen Jugendkammer am Landgericht Tübingen kamen die Angeklagten mit rasselnden Fußfesseln in den Schwurgerichtssaal, der brechend voll mit Zuschauern, Angehörigen und Journalisten war. Sie sind 19, 21 (2) und 23 Jahre alt. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft sollen sie in der Nacht zum 29. März dieses Jahres in einem Tübinger Schulhof eine damals 24-Jährige gemeinschaftlich vergewaltigt haben.

Alle vier sitzen seit 22. April in Untersuchungshaft. Im Gericht löst sich die Stimmung unter ihnen nach wenigen Minuten. Einer winkt ins Publikum, wirft einer blonden Frau eine Kusshand zu. Zwei von ihnen sprechen über die Anklagebank hinweg kurz miteinander, sie lachen. Nur einer verhält sich zurückhaltend und still.

Die Staatsanwaltschaft hat folgenden Ablauf der Tat anhand der Ermittlungsergebnisse rekonstruiert: Die nun Angeklagten sollen am 28. März, einem Samstag, bei einer sogenannten Project-X-Hausparty in der Herman-Hepper-Halle in Tübingen gewesen sein. Nach Mitternacht sollen zwei von ihnen eine offensichtlich betrunkene 24-Jährige allein im Raucherbereich angetroffen haben. Darauf hätten sich die jungen Männer gemeinsam zur Tat entschlossen und die Frau unter einem Vorwand aus der Halle auf den benachbarten Hof der Albert-Schweitzer-Realschule gelockt. Mit den beiden hinzugekommenen mutmaßlichen Mittätern sollen sie die 24-Jährige gemeinschaftlich vergewaltigt haben.

Nach der Tat rannte das Opfer orientierungslos weg, teilte die Polizei kurz nach der Tat mit. Zwei Frauen hätten die 24-Jährige zur Halle zurückgebracht, wo sich Sanitäter um sie gekümmert und die Polizei gerufen hätten.

Opfer befindet sich in stationärer Behandlung

Die junge Frau tritt im Prozess als Nebenklägerin auf, ist aber nicht anwesend. Eine Anwältin vertritt sie und stellte gleich zu Beginn des Verfahrens den Antrag, dass ihre Mandantin am Montag nichtöffentlich befragt werde. Zur Begründung sagte sie, ihre Mandantin sei psychisch durch die Tat belastet und befinde sich derzeit in stationärer Behandlung.

Das Gericht entschied, die Öffentlichkeit für die gesamte Dauer der Hauptverhandlung auszuschließen. Dafür gebe es mehrere Gründe, sagte der Vorsitzende Richter. Es bestehe die Gefahr, dass sich die angeklagten jungen Männer vor breitem Publikum in Selbstdarstellungen ergingen – das Gericht sei aber darauf angewiesen, sich ein authentisches Bild der Angeklagten zu machen. Außerdem müsse ihnen, die alle noch sehr jung seien, keinen Beruf hätten und vor der U-Haft noch bei ihren Eltern in Nehren, Dusslingen und Mössingen gelebt hätten, eine drohende Bloßstellung erspart werden. Einer von ihnen, 19 Jahre alt, habe in der Haft Wutausbrüche, wie von der Gefängnisleitung berichtet worden sei.

Auf gemeinschaftliche Vergewaltigung steht bei erwachsenen Tätern eine Freiheitsstrafe zwischen zwei und 15 Jahren. Da drei der Angeklagten zur Tatzeit noch unter 21 Jahre alt waren, wird vor der Jugendkammer verhandelt, die entscheiden muss, ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht angewandt wird. Ein Urteil ist für 30. November geplant.