Fahnen wehen während eines Trauerakts vor dem Schweriner Schloss Mecklenburg-Vorpommern auf halbmast (Archivbild). Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Jedes Jahr werden Menschen Opfer von terroristischer oder extremistischer Gewalt. Auch in Deutschland gibt es einen nationalen Gedenktag für sie. Wir erklären, warum aus diesem Anlass die Flaggen auf halbmast wehen und was dieses Ritual symbolisiert.

Der morgige Montag (11. März) ist ein ganz besonderer Tag im offiziellen Kalender der Bundesrepublik Deutschland. Die Flaggen in ganz Deutschland werden nicht oben an der Spitze hängen wie sonst, sondern auf halbmast wehen. Halbmast ist ein Zeichen für Trauer.

Welcher Gedenktag ist am 11. März?

Am Montag (11. März) wird zum dritten Mal der „Nationale Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt“ begangen. Die Bundesregierung hatte im Februar 2022 die Einführung des Gedenktages und dessen jährliche Begehung am 11. März beschlossen.

Der nationale Gedenktag knüpft an den Europäischen Gedenktag für die Opfer des Terrorismus an, der nach den Bombenanschlägen in der spanischen Hauptstadt Madrid vom 11. März 2004 ins Leben gerufen wurde. Die Europäische Union gedenkt seit 2005 jährlich an diesem Tag der Betroffenen terroristischer Gräueltaten weltweit.

Warum wird offiziell an die Opfer von Terror gedacht?

„Nach terroristischen Gewalttaten stehen viel zu oft die Täter und ihre Motive im Vordergrund“, sagt der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Christian Pegel (SPD). An diesem Gedenktag soll der Blick stattdessen auf diejenigen gerichtet werden, „die wir nicht schützen konnten“. Zudem solle der Tag eine Mahnung sein, „wie schnell das eigene Leben und alles, was wir sicher wähnen, zerbrechen kann“.

„Neben der Prävention, der De-Radikalisierung und einer effektiven Gefahrenabwehr sowie der Bekämpfung von Extremismus und terroristischer Gewalt soll mit dem Gedenktag auch die Situation der Betroffenen terroristischer und extremistischer Gewalttaten weiter in den Fokus gerückt werden“, heißt es auf der Homepage der Bundesregierung

Die zentrale Gedenkveranstaltung findet am 11. März von 14 bis 15 Uhr im Humboldt Forum im Berliner Schloss statt.

Was sind Gedenktage?

Das Wort gedenken stammt ursprünglich vom althochdeutschen „githenken – „an etwas denken“ – und ist seit der Zeit um 800 belegt. Es bedeutet: die Erinnerung an jemand oder etwas pflegen, wachhalten.

Ein Gedenktag ist ein bestimmtes Datum im Kalender, an dem an ein historisches Ereignis oder an eine Persönlichkeit von besonderer nationaler, interationaler oder religiöser Bedeutung erinnert wird. An der jährlichen Wiederkehr des Tages wird dann eines dramatischen Ereignisses gedacht oder ein Vorgang gewürdigt.

Inwiefern sind Gedenktage und Trauerbeflaggung ein Ritual?

Unser ganzes Leben ist von Ritualen durchwoben. Durch sie gewinnt der Mensch Sicherheit und Stabilität, sie schaffen ein Zusammengehörigkeitsgefühl und Identität. Rituale bringen Ordnung in den Alltag, helfen, Krisen zu bewältigen, stiften Begegnung und Beziehungen. Rituale gehören zur zur „Conditio humana“ – zur Natur des Menschen. Ohne sie wäre er ziel- und planlos.

Rituale (lateinisch „ritualis“ – den Ritus betreffend) laufen nach vorgegebenen Regeln ab, die formell und oft feierlich sind und einen hohen Symbolgehalt haben. Religiöse Rituale stellen alltägliches Tun in einen universalen Sinnzusammenhang.

Rituale folgen bestimmten Regeln und weisen eine gewisse Unveränderlichkeit und Förmlichkeit auf. Gerade weil sie sinnlich erfahrbar und sozial inszeniert sind, haben sie eine überragende Bedeutung für die Kommunikation. Über sie kann sich der Mensch ausdrücken, ohne durch Gesten und Worte noch viel erklären zu müssen.

Wer entscheidet über die Halbmast-Beflaggung?

  • In Deutschland wird diese Art von Beflaggung von den Innenministern des Bundes oder der Länder angeordnet. Über eine bundesweite Trauerbeflaggung wird im Bundesinnenministerium entschieden, in der Regel durch den/die  amtierende/n Minister/in.
  • Vor den Dienstgebäuden aller Bundesbehörden werden dann sowohl die Deutschland- als auch die Europaflagge auf halbmast gesetzt.
  • Feste Kriterien für eine Trauerbeflaggung gibt es nicht. Es wird von Fall zu Fall entschieden.

Was geschieht bei der Trauerbeflaggung?

  • Bei der Trauerbeflaggung werden Flaggen nicht vollständig gesetzt, um Trauer auszudrücken.
  • Es gibt zwei Tage, an denen die Flaggen in Deutschland immer auf halbmast gesetzt werden: am 27. Januar und 17. November.

Wann werden die Flaggen auf halbmast gesetzt?

  • Neben Staatsakten und Staatsbegräbnissen für verdiente Persönlichkeiten ist die Trauerbeflaggung die einzige Form staatlicher Trauer in Deutschland.
  • Eine kollektive Staatstrauer, bei der das öffentliche Leben vollständig zum Erliegen kommt, ist in der Bundesrepublik nicht vorgesehen.
  • Die Trauerbeflaggung wird in der Regel in Form der Halbmastbeflaggung oder Halbstockbeflaggung durchgeführt. Bei dieser sind die Flaggen an öffentlichen Gebäuden nicht oben am Fahnenmast, sondern oberhalb der Mitte des Mastes postiert.

Was geschieht mit Bannerflaggen?

Bannerflaggen werden nicht auf halbmast gesetzt, sondern mit Trauerflor versehen. Trauerflor sind schwarze längliche Textilbänder, die symbolhaft für den Fall von Tränen stehen.

„Trauerflor muss deutlich zu erkennen sein und in einem angemessenen Verhältnis zum Format der Flagge stehen“, heißt es im „Protokoll Inland der Bundesregierung“. Als Trauerflor wird ein einfaches schwarzes Band verwendet, das aus demselben Material besteht wie die Flagge.

Wie läuft das Hissen der Flagge ab?

Auch der Seite des Bundesinnenministeriums ist nachzulesen, dass die Flaggen „zunächst voll gehisst und unmittelbar anschließend auf halbmast gesetzt“ werden.

Bei sogenannten Hissflaggen soll sich „die Unterkante der Flagge auf halber Höhe des Flaggenmastes befinden“. Am Ende der Trauerbeflaggung werden die Flaggen „zunächst wieder voll gehisst, bevor sie niedergeholt werden“.

Warum ist der 27. Januar so besonders?

Am 27. Januar 1945 wurden die Konzentrationslager in Auschwitz durch die Rote Armee, sprich: durch sowjetische Soldaten befreit. Das Lager steht symbolhaft für die NS-Verbrechen.

Der Tag ist seit 1996 in Deutschland ein Gedenktag an die sechs Millionen ermordeten Juden und an alle anderen Opfer des Nationalsozialismus. Im Jahr 2005 legten dann die Vereinten Nationen das Datum als „Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts“ fest. Auch der Bundestag erinnert jedes Jahr an diesem Tag in einer Gedenkstunde an die Opfer.

Warum werden am 13. November die Flaggen auf halbmast gesetzt?

Auch am Volkstrauertag, der dieses Jahr am 13. November begangen wird, ist Trauerbeflaggung angeordnet. Die Ursprünge reichen beim Volkstrauertag bis in die 1920er Jahre zurück. Ursprünglich wurde an diesem Tag der deutschen Soldaten gedacht, die im Ersten Weltkrieg (1914–1918) getötet wurden.

Seit 1952 ist der Tag in Deutschland ein staatlicher Gedenktag und gehört zu den sogenannten stillen Tagen. Er wird stets zwei Sonntage vor dem ersten Adventssonntag begangen. Inzwischen erinnert er an die Toten und Opfer aller Gewaltherrschaften.

An welchen Tagen wird in Deutschland geflaggt?

Im Unterschied zu anderen Staaten, wo Flaggen teilsweise jede Tag an öffentlichen Gebäuden hängen, ist dies in Deutschland nicht üblich. An folgenden Tagen ist laut Beflaggungserlass „ohne besondere Anordnung zu flaggen“:

  • Halbmast: Tag des Gedenkes an die Opfer des Nationalsozialismus (27. Januar)
  • Nationaler Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt (11.März)
  • Tag der Arbeit (1. Mai)
  • Europatag (9. Mai)
  • Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes (23. Mai)
  • Jahrestag des 17. Juni 1953
  • Jahrestag des 20. Juli 1944
  • Tag der Deutschen Einheit (3. Oktober)
  • Halbmast: Volkstrauertag (2. Sonntag vor dem 1. Advent)
  • Tag der Wahl zum Deutschen Bundestag
  • Tag der Wahl zum Europäischen Parlament

Was sagen Politiker zum nationalen Gedenktag?

Bundesjustizminister Marco Buschmann vor dm Hintergrund des nationalen Gedenktages zum Kampf gegen jede Form von Extremismus und Gewalt aufgerufen. "Berlin, München, Hanau, Halle. Jeder dieser grausamen Anschläge zeigt eines aufs Neue: Wir müssen uns bewusst machen, dass Terrorismus nicht nur sinnlos Leben zerstört", sagte der FDP-Politiker. Terror bedrohe unsere grundlegenden Werte und Freiheiten. 

Die Hinterbliebenen der Opfer terroristischer Gewalt wolle man nicht alleine lassen in ihrem Schmerz. "Indem wir uns ihren Fragen, ihrer Trauer, ja auch ihrer Kritik stellen, erinnern wir uns auch daran, dass wir gemeinsam gegen jede Form von Extremismus und Gewalt kämpfen müssen", so Buschmnn weiter

Der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober (FDP), erklärte, mit dem Gedenktag könne man nicht ungeschehen machen, was den Betroffenen von den Tätern angetan worden sei oder von staatlicher Seite oder von Behörden versäumt worden sei. "Wir wollen aber ein Zeichen setzen, dass auch das gehört werden muss und nicht vergessen werden darf." Es gehe darum, den Menschen ein Gesicht zu geben, die bei einem terroristischen oder extremistischen Anschlag aus dem Leben gerissen worden seien. 

Woher stammt der Brauch der Halbmast-Beflaggung?

Der Ursprung der Halbmastbeflaggung liegt in den Seeschlachten au der Zeit der Segelschiffe. Der besiegte Gegner hatte seine eigene Flagge halb einzuholen und an ihre Stelle wurde die Fahne des Siegers gesetzt. Aus diesem Ritual entstand dann später die Sitte, eine Flagge als Zeichen des Respekts vor höhergestellten Persönlichkeiten einzuholen. Heute ist die Halbmastbeflaggung generell ein Zeichen der Achtung gegenüber Toten.