Öfters mal die Schuhe ausziehen und barfuß durch die Welt laufen, tut dem ganzen Körper gut. Foto: Pixabay/Krenok43

Viele Menschen verbringen die meiste Zeit des Tages in Schuhen. Dabei soll das Barfußlaufen viel gesünder sein. Doch stimmt das tatsächlich? Wir haben mit dem Oberarzt der Orthopädie des Zollernalb-Klinikums über das Barfußlaufen gesprochen, und gefragt, welche Möglichkeiten es gibt, um langsam damit anzufangen.

Balingen - "Es ist das Beste, was man machen kann", sagt Doktor Philipp Durban zum Thema Barfußlaufen. Er ist Oberarzt der Unfallchirurgie und Orthopädie in Balingen sowie zertifizierter Fußchirurg.

Das Gehen auf nackten Sohlen stärkt laut Durban die durch Schuhe wenig genutzte Fußmuskulatur, was wiederum das Fußgelenk stabilisiert. Es fördere außerdem eine aufrechte Haltung, korrigiere falsche Bewegungen und das Fußgewölbe werde gestärkt.

Barfußlaufen gegen Fehlstellungen

Hinzu kommt, dass das Barfußgehen Fehlstellungen und Deformitäten wie einem Hammerzeh entgegenwirkt. Dieser kann zum Beispiel durch das Tragen von zu engen oder schlecht sitzenden Schuhen entstehen. Das Tragen von unpassendem Schuhwerk vergrößert nicht nur das Risiko einer Hammerzehe, sondern wirkt sich laut dem Oberarzt auf den ganzen Körper aus und kann sich bis in die Knie, den Rücken und die Hüften auswirken.

Zu Durban ins Balinger Zollernalb-Klinikum kommen auch Patienten mit Deformitäten. Häufig treten diese bei Frauen über 50 Jahren auf. Dies hänge mit dem Bindegewebe zusammen und sei oft genetisch bedingt, erklärt der Arzt.

Durban berichtet in diesem Zusammenhang von medizinischen Untersuchungen bei afrikanischen und südamerikanischen Stämmen, die größtenteils barfuß laufen, und bei denen der Anteil an Personen mit Fehlstellungen an den Füßen geringer ist als bei Menschen, die die meiste Zeit Schuhe tragen. "Ist es genetisch bedingt, kann man eine Fehlstellung allerdings durch Barfußgehen nicht verhindern", fügt der Oberarzt hinzu.

Barfußschuhe für den Alltag

Den ganzen Tag über barfuß zu laufen ist im Alltag jedoch oft nicht möglich, vor allem wenn man viel unterwegs ist. Und wer möchte schon mit nackten Sohlen über heißen Asphalt laufen und ständig auf Glasscherben, Müll und andere Gefahren achten müssen? Immer beliebter werden daher sogenannte Barfußschuhe. Diese sind aus leichtem und weichem Material, haben eine dünne, flache, flexible Sohle ohne Absatz und lassen den Zehen genug Platz. Dadurch sind die Füße einerseits vor Verletzungen geschützt, andererseits spürt man durch die Sohle den Untergrund und Unebenheiten, tritt mit dem ganzen Fuß auf und beansprucht wieder mehr die Muskeln.

Außerdem, so beschreiben es verschiedene Hersteller von Barfußschuhen, werden durch diese der Gleichgewichtssinn und die Durchblutung der Füße verbessert, die Fußmuskulatur aufgebaut sowie eine aufrechte Körperhaltung gefördert. Daneben gibt es auch Barfußsocken, die eine robustere Sohle haben als die normalen, sogleich wasserfest sind und den Träger vor verletzenden Gegenständen schützen.

Muskeln verkümmern durch Schuhe

Durch enge Schuhe mit harter Sohle oder zu starker Polsterung hingegen werden die Muskeln im Fuß nicht mehr stimuliert, berichtet Durban vom Zollernalb-Klinikum. Die Muskeln schwächen ab und verkümmern, da sie nicht mehr beansprucht werden. Da die Muskeln im Fuß durch das viele Tragen von Schuhen nicht mehr gefördert werden, kann ein vermehrtes Laufen im Barfußschuh oder mit nacktem Fuß anfangs ungewohnt und auch leicht schmerzhaft sein. Sobald sich die Muskeln an die plötzliche Beanspruchung gewöhnt haben, können sowohl Barfußschuhe als auch -socken durchaus beim Sport und Wandern getragen werden, sowie beim Einkaufen oder auf der Arbeit, soweit erlaubt. "Bei einer Hochgebirgstour sollte man vor allem als Anfänger jedoch weiterhin Wanderschuhe mit dicker Sohle und gutem Profil anziehen", betont Durban.

Eine feste Regel, wie oft und wie lange man optimal am Tag barfuß laufen soll, gebe es nicht, so der Oberarzt. Dies müsse jeder Mensch individuell und je nach Situation entscheiden. "Wenn man zum Beispiel beim Joggen viel auf Waldboden läuft, braucht man dafür keine Schuhe mit dicker Sohle", sagt der Fußchirurg.

Barfußpfade, Wiese oder Strand helfen

Doch man muss nicht gleich eine Jogging- oder Wandertour unternehmen, um die Fußmuskulatur wieder zu stärken. "Es macht schon einen Unterschied, ob jemand nur ein paar Stunden am Tag enge Schuhe trägt und dafür Zuhause viel barfuß läuft und Sport treibt, oder ob man von morgens bis abends Schuhe an hat und sich sportlich kaum bis gar nicht betätigt", erklärt Durban. Optimal sollte man außerdem nicht immer dieselbe Art Treter anziehen, sondern das Schuhwerk auch mal abwechseln und zwischendurch dann barfuß gehen.

Manche Menschen müssen allerdings auch berufsbedingt unbequeme, beziehungsweise enge, Fußkleidung anziehen. Zum Beispiel in Berufen, in denen Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen Voraussetzung sind. "In diesem Fall sollte man Zuhause viel barfuß laufen, um dadurch die Muskeln zu trainieren", erklärt Durban. Dazu eignet sich nicht nur das eigene Haus oder die Wohnung, sondern auch der Garten, eine Wiese, Barfußpfade oder ein Waldpfad. Man sollte ausprobieren, was für einen selbst bequem ist. "Ich würde hingegen niemandem empfehlen, auf einer Schotterstraße anzufangen, barfuß zu laufen", fügt der Oberarzt hinzu.

Stattdessen rät er: "Ich kann jedem nur empfehlen, früh morgens, wenn das Gras noch mit Tau benetzt ist, barfuß durchzulaufen. Das wirkt sehr stimulierend. Ansonsten kann man den Urlaub auch dazu nutzen, um barfuß am Strand entlangzulaufen, oder einen der Barfußpfade oder -Parks zu besuchen." Davon gibt es in der Region einige, von unterschiedlicher Länge und mit verschiedenen zusätzlichen Attraktionen.

Dass Barfußlaufen in Mode ist, kann Durban nicht erkennen, aber: "Es ist ein sichtbarer Trend, dass die Leute immer mehr auf ihre Gesundheit achten." Und dazu zähle eben auch das Barfußlaufen.