Museumsleiter Peter Vosseler zeigt eine Studie vom Tempelberg in Jerusalem, die Gustav Bauernfeind angefertigt hat. Links: Richard Weinzierl Foto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Vortrag: Peter Vosseler und Richard Weinzierl berichten über die Jugend von Gustav Bauernfeind

Zum Auftakt der Bauernfeind-Reihe, die die VHS gestern Abend im Museum startete, berichteten Peter Vosseler und Richard Weinzierl über Familie, Jugend und Ausbildung des späteren Orientmalers.

Sulz. Der Vortrag im Bauernfeindmuseum ist auf großes Interesse gestoßen. Die Referenten zeigten zahlreiche Bilder und Dokumente, machten in ihrem Vortrag auch kleinere Exkursionen, um die Zeitumstände zu beleuchten.

Der Vater von Gustav, Johann Baptist Bauernfeind, war Apotheker von Beruf. In Waldsassen, Bayern, wurde er 1803 geboren. Als Apothekergehilfe kam er in die damalige chemische Fabrik in Oedenwald bei Freudenstadt. Ein Kuriosum war: Bauernfeind heiratete am 16. Juli 1835 gleich zweimal seine erste, in Brasilien geborene Frau Albertine Wilhelmine Majer. Getraut wurde das Paar sowohl vom katholischen Pfarrer in Heiligenbronn – Bauernfeind war katholisch – als auch vom evangelischen Diakon in Freudenstadt. Ein Sohn wurde geboren. Die Mutter starb noch im Kindbett, das Kind einige Monate später.

Bauernfeind heiratete am 3. August 1837 erneut, und zwar die 20-jährige Anna Maria Adrion vom Adrionshof in Oedenwald. Aus der zweiten Ehe gingen neun Kinder hervor, aber nur Albertine (sie blieb bei der Mutter), Emilie (sie ehelichte den Missionar Wilhelm Staiger), Maria (sie wanderte nach Amerika aus) und Gustav Bauernfeind, am 4. September 1848 als sechstes Kind geboren, überlebten das 21. Lebensjahr.

Vater Bauernfeind hatte bereits im Herbst 1836 die Apotheke am Sulzer Marktplatz, neben dem Königlichen Oberamt, übernommen. Dies war das Geburtshaus des berühmten Botanikers und Naturwissenschaftlers Joseph Gottlieb Kölreuter (gestorben 1806 in Karlsruhe). Der Apotheker beschäftigte sich seit 1839 mit der damals noch jungen Fotografie, die sein Sohn Gustav als wichtiges Hilfsmittel für seine Bilder benutzt hat. Der Senior experimentierte mit einem Daguerreotyp-Apparat. Er war aber nicht nur an den technischen Errungenschaften seiner Zeit interessiert, sondern auch politisch engagiert. Das brachte ihn ins Gefängnis, nachdem er auf dem Balkon des Sulzer Rathauses zum gewaltsamen Umsturz aufgerufen hatte. Als Vertreter des Sulzer demokratischen Vereins hatte er zuvor Ende Mai 1849 an einer Versammlung in Reutlingen teilgenommen. Dabei ging es unter anderem um eine neue Verfassung für das Königreich Württemberg. Bauernfeind wurde als Hochverräter verhaftet: Bis September 1851 saß er ein in der Festung Hohenasperg und dann bis zu seiner Freilassung 1852 in Ludwigsburg.

Das war natürlich für seine Familie ein Schicksalsschlag. Die Referenten vermuten, dass die revolutionären Aus- und Nachwirkungen der Grund dafür waren, dass die Bauernfeinds 1853 von Sulz nach Stuttgart umzogen. Johann Baptist starb dort am 25. Oktober auf tragische Weise. Er wollte eine selbst gebaute Dampfmaschine in Betrieb setzen. Von siedendem Dampf wurde er dabei so schlimm verbrannt, dass er nach einer Stunde, wie es im Stuttgarter Tagblatt hieß, "den Geist aufgab".

Gustav Bauernfeind besuchte mit gutem Erfolg in Stuttgart die polytechnische Schule der Oberen Abteilung der Realanstalt. 1864, im Alter von 16 Jahren, begann er sein Architekturstudium am Polytechnikum in Stuttgart. Im Zeichnungsnachlass des Architekturmuseums der Technischen Universität München befinden sich Mappen mit rund 800 Blättern von Entwürfen des jungen Studenten. Neben diesen Zeichnungen gibt es auch früh datierte Aquarelle, von denen einige im Sulzer Museum sind. Peter Vosseler ist es beispielsweise gelungen, das Bild vom früheren Sommersitz des Papstes, "Castel Gandolfo am Albaner See", aus dem Jahr 1864 für 1800 Euro zu erwerben. Zum Museumsbestand gehört auch ein Skizzenbuch aus der Studienzeit. Auch daraus sahen die Zuhörer etliche Bleistiftzeichnungen.

Das Architekturstudium beendete Gustav Bauernfeind im Jahr 1870. Der 22-Jährige erhielt eine Anstellung im Stuttgarter Architekturbüro von Professor Wilhelm Sophonias Bäumer, mit dem er für ein Jahr nach Wien übersiedelte. Zurück in Stuttgart trat er in das Architekturbüro von Professor Adolf Gnauth ein. Hier beteiligte sich Gustav Bauernfeind mit einem Kollegen an einem Projektwettbewerb und gewann den mit 3500 Franken dotierten ersten Preis für die Planung eines Grand Hotels in der Schweiz. Allerdings ist der Entwurf nie ausgeführt worden. Über Gnauth bekam Bauernfeind einen Auftrag des Engelhorn-Verlags zum Anfertigen von Zeichnungen für den Prachtband von Woldemar Kaden. Das war der Beginn einer intensiven Reisetätigkeit und der künstlerischen Karriere von Gustav Bauernfeind. Vosseler und Weinzierl werden darüber im nächsten Vortrag, "Gustav Bauernfeind in der Schweiz und in Italien", am 22. März referieren.

Museumsleiter Peter Vosseler präsentierte zu Beginn der Veranstaltung eine Neuerwerbung: Dabei handelte es sich um eine Studie Bauernfeinds vom Tempelberg in Jerusalem. Der Sulzer Unternehmer Volker Bertram stellt das signierte und restaurierte Bild dem Museum als Leihgabe zur Verfügung. Außerdem kündigte Vosseler an, dass Richard Weinzierl bald seine Nachfolge antreten werde. Sobald feststeht, dass das Museum im ehemaligen Textilhaus Vayhinger gebaut wird, werde auch ein Förderkreis gegründet.