Ludwig Schrägle fordert Aufhebung der Schonzeit für Wildschweine. Auch Wolf ist ein Thema.

Sulz - Eine Zahl kann Ludwig Schrägle noch nicht nennen. Der Sulzer Hegeringleiter ist sich aber sicher: "Zwischen November und jetzt haben wir noch nie so viele Wildschweine geschossen."

Schrägle hadert mit dem Wetter. Schnee wäre wünschenswert für die Wildschweinjagd. Schwer genug ist es ohnehin, zum Schuss zu kommen. Dabei gibt es Meldungen, dass Wildschweine ihre Scheu vor bewohnten Gebieten verlieren. In einem Hamburger Stadtteil waren laut Zeitungsmeldung mehr als 20 dieser Tiere unterwegs, neun sind dem Bericht zufolge erlegt worden. In Schleswig-Holstein wurden bei einem Angriff durch einen Keiler und eine Bache Menschen verletzt. Dass Wildschweine in Gärten kämen, "ist bei uns auch möglich", sagt Schrägle.

Weil sich die Afrikanische Schweinepest (ASP) ausbreitet, wird mittlerweile eine intensive Bejagung gefordert. Schrägle ist sich der drohenden Gefahr bewusst. In Osteuropa ist die für Menschen ungefährliche Viruskrankheit bereits angekommen. Es könnte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie Deutschland erreicht. Gelangt das Virus in einen Schweinezuchtbetrieb, müsse alles gekeilt werden.

Die Jäger sind gewarnt und entsprechend wachsam. Alle geschossenen Wildschweine würden untersucht. Bislang habe man die Krankheit hier noch nicht feststellen können, versichert der Sulzer Hegeringleiter.

Der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) fordert, um eine drohende Ausbreitung der ASP zu verhindern, deutlich mehr Wildschweine schießen zu lassen. Er tendiert einem Zeitungsbericht zufolge dazu, neben einer verschärften Bejagung auch die Schonzeit im März und April auszusetzen. Diese müsse aufgehoben werden, unterstreicht auch Schrägle die Notwendigkeit. Der Wildschweinbestand sei zu hoch: "Wir versuchen ihn zu senken, aber der Winter kommt erst jetzt Mitte Januar." Schrägle hat im vergangenen Jahr eine Rotte mit rund 25 Tieren gesehen. Er nennt ein Beispiel für die Schläue der Wildsauen, die sich offenbar sogar mit Verkehrsregeln auskennen. Beim Überqueren der Straße sei eine Bache allein zunächst vorausgegangen. Die anderen folgten ihr, als die Straße frei war.

Eine Erleichterung bei der Jagd könnten Nachsichtgeräte sein, die aber Vor- und Nachteile hätten. Die Sauen würden sich möglicherweise darauf einstellen, weidmännisch sei es außerdem nicht gerade. Schrägle weiß, dass noch weitere Maßnahmen im Gespräch sind, die aber alle Geld kosteten, beispielsweise eine Abschussprämie oder der Erlass der Trichinengebühr für die Jäger.

Bei dem Klimawandel vermehren sich Wildschweine schnell. Begünstigt werde dies auch durch den Waldumbau hin zu einem höheren Laubbaumbestand und damit einem reichlichen Nahrungsangebot für die Schwarzkittel. Hinzu kommt der verstärkte Maisanbau und das, wie es Schrägle formuliert, "kontraproduktive grüne Waldgesetz". Das ärgert ihn immer wieder. Er betont: "Die Jäger sind nicht die Buhmänner für eine verfehlte Jagd- und Agrarpolitik."

Neben der Schweinepest derzeit auch ein Dauerthema: die Ankunft des Wolfes. Zumindest im Sulzer Waldgebiet hat er sich noch nicht blicken lassen. "Ein Einzeltier ist kein Problem", ist Schrägle überzeugt. Sobald Wolfsspuren entdeckt werden, werde dies der forstlichen Versuchsanstalt gemeldet. "Für Schadensabwehr gibt es aber noch keinen Plan", erklärt Schrägle. Er glaubt, dass es nicht mehr lange dauert, bis der Wolf da ist. Gesichtet wurde er schon bei Nagold und im Südschwarzwald.

Was aber tun, wenn es zu Konflikten kommt? In diesem Raum werden Schafe, Rinder und Pferde gehalten. Starke Elektrozäune seien eine Abwehrmöglichkeit, auch Herdenschutzhunde, "aber die greifen auch Menschen an", meint Schrägle. Er vermisst einen "Plan B" für Schadenfälle durch den unter Naturschutz stehenden Wolf. Schrägle: "Wir brauchen ein Wildmanagement."

Info: Viruskrankheit

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine anzeigepflichtige Viruserkrankung. Sie befällt nur Haus- und Wildschweine und kann nicht auf den Menschen übertragen werden. Wildscheine könnten das Virus, das bereits in Osteuropa festgestellt worden ist, nach Deutschland einschleppen. Handelsbeschränkungen und die Tötung von Hausschweinen in den von der Seuche betroffenen Gebieten wären die Folgen. Eine Impfung gegen die Afrikanische Schweinepest ist derzeit nicht möglich.