Peter Vosseler (links) und Richard Weinzierl referieren über Bauernfeinds Reiseziele. Foto: Vögele Foto: Schwarzwälder Bote

Reihe: Peter Vosseler und Richard Weinzierl beleuchten seine Wege, Ziele und deren Einfluss auf sein Schaffen

In den bisherigen Lebensbeschreibungen des Sulzer Orientmalers Gustav Bauernfeind beeindruckten neben seinem ungewöhnlichen Schaffen auch seine vielen Reisen.

Sulz. Die Fortsetzungsreihe widmete sich mit dem sechsten Thema "Gustav Bauernfeind und seine Reisen im 19. Jahrhundert" nicht nur den Zielen, sondern hauptsächlich der Art des Reisens, verbunden mit vielen Hindernissen, Einschränkungen, Unsicherheiten und den Auswirkungen auf seine künstlerische Tätigkeit. Recht anschaulich über Bilder, Briefe, Tagebuch- und Skizzenbucheinträge und über das gesprochene Wort ließen die Referenten Peter Vosseler und Richard Weinzierl die Zuhörer mitreisen.

Begonnen hat Bauernfeind seine Reisen während seines Architekturstudiums (1864 bis 1870). Sie führten ihn aus Süddeutschland heraus nach Frankreich, Österreich und in die Schweiz, deren Grenze bei Schaffhausen erst ab 1870 mit der Bahn zu erreichen war.

Der kleine Schlenker von Vosseler zum Bau des Sulzer Bahnhofs mit den entsprechenden Plänen von 1865 und dem Ausbau der oberen Neckarbahn wurde mit Interesse verfolgt. Vor der "modernen Zeit" führte der Weg von Sulz nach Stuttgart mit der Postkutsche über Holzhausen, Empfingen in Richtung Horb, am Neckar entlang bis Stuttgart. Nicht nur der Reisepass von 1866 zeigte, dass Bauernfeind fernere Reisen unternehmen wollte.

Ein amüsiertes Raunen ging durch die Reihen bei seinen Fahrplannotizen von Wien nach Stuttgart, denen eine beschwerliche Fahrtzeit von 14 Stunden mit dem Eilzug zu entnehmen war. Die dritte Klasse, in der er reiste, entsprach den offenen Außensitzen der Postkutsche.

Per Bahn, Postkutsche und zu Fuß bewegte er sich in der Schweiz. Seine Bilder finden sich in einem Prachtband von 1877 "Das Schweizerland – eine Sommerfahrt durch Gebirg und Tal".

Bei seiner ersten Italienreise wird noch von einem Pferderitt von Neapel nach Resina und von einer Überfahrt mit dem Segelschiff nach Capri berichtet – alles sehr zeitraubende Angelegenheiten.

Fast immer suchte und fand der Künstler seine Objekte entlang den Eisenbahnlinien, gezeigt an Karten und Bildern aus dem Band "Italien – eine Reise von den Alpen bis zum Ätna".

Quarantänehaft auf dem Dampfer

Von mangelhaften Schiffsverbindungen, glücklicher Ankunft in Alexandrien nach einer billigen Überfahrt in der dritten Klasse, Weiterreise mit der Bahn nach Kairo und Port Said zum nächsten Schiff nach Beirut hört man von der ersten, mehrere Tage dauernden Anreise in den Orient.

Eine Quarantänehaft auf dem Dampfer vor Salamis verlängerte seine Anreise nach Beirut beim zweiten Aufenthalt sogar um zehn Tage. Vor Ort fand er nur wenige und noch unbefestigte Nord- Südverbindungen vor, jedoch viele Eselswege. Das Verkehrsnetz erweiterte sich erst durch die Templer. Kutschen fuhren, allerdings brauchte Bauernfeind auf der 120 Kilometer langen Stecke von Beirut nach Damaskus rund 14 Stunden. Sein Gepäck war sogar vier Tage unterwegs.

Kritisch beäugt wurde sein Arbeiten, führte es doch durch die Menschenansammlungen zu Verkehrsstaus, Getümmel und oft zu Handgreiflichkeiten, von den Schimpftiraden der Händler ganz zu schweigen. Einem lebensgefährlichen Abenteuer glich sein Ausflug zum Malen in die Wildnis, ins Jordantal. Weinzierl würdigte Bauernfeind als einen mutigen Mann, der für seine Kunst einen großen Aufwand auf sich nahm und sich Gefahren aussetzte.

Der nächste Vortrag befasst sich mit "Johann Baptist Bauernfeind und die Revolution 1848/49, mit den Auswirkungen auf die Familie". Er findet am 15. November um 19 Uhr im Backsteinbau statt.