Bürgermeister Huber (von links) legt mit Georg Bäuerle (VdK-Ortverband) und Henri Guillermin den Kranz nieder. Foto: Kretschmann Foto: Schwarzwälder Bote

Volkstrauertag: Gedenkstunde in Dornhan mit französischen Gästen / Henri Guillermin: Nicht das "Kapitel Vergessen" aufschlagen

Zu einer Gedenkstunde der Besinnung hatte die Stadt Dornhan eingeladen. Als deutliches Bekenntnis zur deutsch-französischen Freundschaft hat eine Delegation von Bürgermeistern, angeführt von Henri Guillermin, die Feier als symbolische Geste zum 100. Jahrestag des Kriegsendes mitgestaltet.

Dornhan. Eindringlich eröffnete der Männergesangverein Liederkranz Dornhan die Feierstunde mit "Stille, Stille". Bürgermeister Markus Huber zitierte bei seiner Begrüßung Helmut von Moltke: "Der Krieg, wenn man ihn, wie ich, aus der Nähe gesehen hat, kann man nur tiefe Abscheu vor ihm haben. Er ist die schlimmste Geisel der Menschheit, und an sich muss man alles tun, um ihn zu vermeiden".

Ein Krieg kenne nur Verlierer. "Viele der Versammelten kennen Krieg nur von Erzählungen. Die jüngere Generation oft nur von Computer- oder Gesellschaftsspielen. Krieg und Gewalt mit seiner zerstörerischen Kraft sind gefühlt weit weg. Das macht uns offensichtlich empfänglicher für radikale Botschaften. Das politische Vermächtnis und damit auch der Auftrag an die nächsten Generationen können nur lauten, für eine lebendige Demokratie mit vielfältigen Lebensentwürfen einzutreten und einfältigen Denkmustern entgegenzutreten", so Huber. Die Europäische Union, aus den Ruinen des Krieges entstanden, stehe heute für mehr als 70 Jahre Friede und Menschenrechte trotz aller ihrer Makel und Unzulänglichkeiten. Aus Feinden seien enge Freunde geworden. Ein Mosaikstein dieser neuen Verbundenheit sei die Städtepartnerschaft zwischen Dornhan und den zwölf Gemeinden um Pont de Vaux. "Vor 100 Jahren im Wald von Compiègne wäre dies undenkbar gewesen", meinte Huber. Die Partnerschaft sei und bleibe ein Baustein für ein künftiges Europa in Frieden und Freiheit. Mit "Deep Harmony" unterstrich der Musik- und Trachtenverein Hubers Worte.

"Ich ergreife heute das Wort mit viel Emotion, denn diese Feier ist außergewöhnlich reich an Symbolen. Der 11. November 2018 beendet ein Jahrhundert, soll aber nicht das Kapitel Vergessen aufschlagen", begann Henri Guillermin seine Rede. "Vor allen Augen war Frankreich vier Jahre lang das Schlachtfeld Europas und der Welt. Im Schlamm der Schützengräber, unter ständigem Feuerhagel, an erstarrten Frontlinien haben die Männer zum ersten Mal die Massenvernichtung erlebt. Von den Festungen von Verdun bis zu den Schlachtfeldern der Somme, von den Ebenen des Artois bis zu den Bergen der Ostfront, zu Wasser, zu Lande und zum ersten Mal in der Luft: Aus allen Kontinenten kamen Männer und starben. Wir begehen das Ende des Ersten Weltkrieges, verwirklichen aber auch die Versöhnung zweier Völker: Sie haben Weisheit siegen lassen, damit die Verstorbenen nicht vergeblich gefallen sind."

Diese doppelte Feier ehre die Klugheit von Menschen, die sich bemüht haben, zu verstehen, dass keine Doktrin es rechtfertigt, den Frieden zu opfern. "Unsere Soldaten waren bei jedem Krieg der Spielball einer Ideologie", so Guillermin. Mit dem Waffenstillstand habe ein Konflikt von bis dahin ungeahnter Härte geendet. Beweis dafür seien 8,5 Millionen Tote. "Es gibt weder Sieger noch Besiegten, nur Überlebende, die sich voller Schmerz und Respekt vor denjenigen verneigen, die ihr Blut, ihre Jugend geopfert haben. Partnerschaften wie unsere haben die deutsch-französische Versöhnung bis in die Dörfer geführt. Und Hand in Hand werden wir weiter schreiten auf dem Weg des Friedens."

Die Worte unterstrich der Männergesangverein Dornhan mit "Wohin soll ich mich wenden" aus Franz Schuberts "Deutscher Messe". Zeitgemäßes Gedenken zitierten die Realschülerinnen Jule Leicht und Laura Maier mit "Friede beginnt da, wo wir leben". Felix Lehmann las das "Totengedenken". Die Kranzniederlegung am Ehrenmal war ein besonderer Moment. Mit der Europahymne endete eine Feierstunde, die berührte. Nach den letzten Takten des Musik- und Trachtenvereins herrschte würdige Stille auf dem Friedhof.