Wie es den Schwabenkindern ergangen ist, erzählt die Jugendgruppe des Theaterclubs. In verschiedenen Szenen wird ihr hartes Los auf den Bauernhöfen dargestellt. Foto: Steinmetz

Jugendgruppe des Theaterclubs erzählt das Schicksal der "Schwabenkinder" und stellt Bezüge zur Gegenwart her.

Sulz - Ihr Los war hart, aber es gab auch keine andere Wahl für sie, als über die Berge ins Schwabenland zu ziehen. Die Jugendgruppe des Theaterclubs erzählte, wie es den "Schwabenkindern", so auch der Titel des Stücks, erging.

Rund 300 Zuschauer sahen am Sonntag in der Stadthalle die Aufführung. Am Schluss gab es minutenlangen begeisterten Applaus für die Akteure, aber auch für Regisseurin Ursula Weber, die zusammen mit den Jugendlichen das Stück erarbeitet hatte. Viel Recherchearbeit lag bis zur Premiere hinter ihnen. Die Gruppe hatte sich mit historischen Berichten und Quellen auseinandergesetzt. So gesehen war es auch ein dokumentarisches Stück, mit einfachen Mitteln aber eindrucksvoll inszeniert.

"Alles ist geschehen, nichts ausgedacht", versichert die Erzählerin. Nur die Figur der Mutter, die die Kinder auf dem gefährlichen Weg über die Alpen an den Bodensee begleitet, ist erfunden.

Die Schwabenkinder kommen auf die Bühne, psychedelische Musik erklingt. Die Zuschauer erfahren, warum die acht- bis fünfzehnjährigen Kinder weg aus ihrer Heimat müssen. In den Bergen herrscht bittere Armut. Die magere Ernte reicht gerade mal aus, um eine Familie mit acht Kindern ein Vierteljahr zu ernähren. "Du musst deine Kinder über den Berg schicken", sagt eine Mutter zur anderen.

Es wird gespielt, wie mühsam dieser Weg ist, und wie gefahrvoll. Ein Kind kann nicht mehr weiter, seine Füße bluten. Fast kommt es auf steilem Pfad zu einem Absturz. Dann ist der Bodensee erreicht: "Das ist das schwäbische Meer, so was Schönes. Wir sind da." Die Kinder sind begeistert. Aber dieses Hochgefühl hält nicht lange an, denn die Kinder aus Tirol, vom Vorarlberg oder aus Graubünden sind nicht zum Urlaub da.

Auf dem Kindermarkt müssen sie sich vorgekommen sein wie Sklaven. Bauern prüfen, ob die Kinder Muskeln und gesunde Zähne haben. Die Schwabenkinder hoffen, eine gute Familie zu finden. Oft genug sind sie auf den Bauernhöfen aber Schikanen und Schlägen ausgesetzt. Von früh bis spät müssen sie schuften, hinzu kommen Heimweh und der Wunsch, einfach abzuhauen. "Es ist schlimmer geworden als ich dachte", sagt eines der Schwabenkinder.

Das berührt, in der Halle ist in den Zuschauerreihen kein Laut zu hören. Aber damit das Mitleiden nicht ganz so arg wird, hat die Regisseurin auch lustige Szenen eingebaut. So verwandeln sich die Hütekinder auf den Höfen immer wieder mal in ganz moderne Jugendliche, die aus ihrer heutigen Sicht sich die schikanöse Kinderarbeit nicht gefallen lassen würden. Da gibt es eine Szene, wie sie mit Tennisbällen eine Bauern-Vogelscheuche bombardieren und mit Farbe bespritzen.

Es werden aber noch andere Bezüge zur Gegenwart hergestellt. Die Kindermärkte wurden in Schwaben zwar 1914 offiziell abgeschafft, aber in Indien oder Südamerika ist heute noch Kinderarbeit gang und gäbe. Im Hintergrund werden auf der Leinwand Bilder dazu gezeigt.

Am Ende des Stücks kommt es zur Katastrophe: Ein Mädchen, von einem Bauern belästigt – "man wollte mir unter den Rock greifen" –, lässt das Vieh aus dem Stall heraus und legt Feuer. Die Flucht führt sie ins ferne Amerika.

Das Bühnenbild ist einfach gehalten. Im Mittelpunkt steht ein Holzgestell, das die jungen Akteure immer wieder erklimmen, mal einzeln, mal in der Gruppe. Die Darsteller sind auch der Zeit entsprechend gekleidet und sprechen Dialekt – wenngleich nicht den tiroler, der denn doch etwas zu schwierig gewesen wäre. Für Klänge aus der Heimat der Schwabenkinder sorgt Zitherspiel. Die Akteure treten aber auch als Chor auf. Eine Solistin singt das schöne Lied "Somewhere Over the Rainbow" aus dem Musical der "Zauberer von Oz".

u Die Mitwirkenden waren: Vanessa Huber, Sedef Tüfekci, Dorothea Walter (Mutter), Anna Kienzle, Lasse Eyrich, Sarah Steeb, Janina Schäfenacker und Leonie Wohanka (Musikeinspielung und Rahmentexte), Brigitte Gaiser (Zither), Hermann Schupp (Gitarre, Chorleitung), Norbert Weber (Bildeinspielung und Effekte), Max Schwab (Licht), Elena Holzäpfel (Souffleuse), Renate Saur (Kostüme) und Ursula Weber (Regie).

"Schwabenkinder" ist ein Projekt der "Jugend-Kultur-Werkstatt"