Bei der Altersversorgung fühlen sich viele Abgeordnete benachteiligt. Foto: dpa

Der Widerspruch der Opposition hat gewirkt: Die Expertenkommission, die Vorschläge zu einer angemessenen Altersversorgung der Landtagsabgeordneten machen soll, wird weniger teuer.

Stuttgart - Damit hatte Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) wohl nicht gerechnet, als sie Ende Mai die Kommission vorstellte, die sich mit der Abgeordnetenversorgung befassen soll: Gegen die Besetzung des Gremiums hatten die Abgeordneten von SPD, FDP und AfD nichts einzuwenden – aber gegen die Kosten: 400 000 Euro sollte der Landtag dafür bezahlen, davon allein 125 000 Euro für den Vorsitzenden, den früheren Verfassungsrichter Herbert Landauer.

So weit wird es nun nicht kommen. Nach einem Gespräch mit den Vorsitzenden der fünf Landtagsfraktionen teilte Aras am Donnerstag mit, dass die Kommission nur noch halb so teuer werde. Der Vorsitz wird nun einem anderen Juristen übertragen – dem früheren Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts in Berlin, Michael Hund. Weil dieser die Aufgabe „spannend“ finde, habe er sich bereit erklärt, sie zu für das Land günstigeren Konditionen zu übernehmen, so Aras – insgesamt sind 35 000 Euro für ihn eingeplant.

PR-Agentur wird gestrichen

Bei der Geschäftsstelle der Kommission wird es nur eine statt zwei Stellen für einen Referenten des höheren Dienstes geben. Die Kosten für die Bürgerbeteiligung werden um ein Drittel auf 65 000 Euro gekürzt, geplant ist unter anderem eine öffentliche Anhörung. Weitere 35 000 Euro werden eingespart, weil es keine eigene PR-Agentur für die Kommission geben wird. Diese hatte Landauer aus Gründen der Unabhängigkeit gefordert. Das hatte DGB-Vizechefin Gabriele Frenzer-Wolf scharf kritisiert. „Eine Werbeagentur widerspricht unserem Demokratieverständnis, denn Politik muss sich selbst erklären können – nicht beworben werden“, sagte die Gewerkschafterin, die der Kommission angehören wird.

Zugleich entschuldigte sich Landtagspräsidentin Aras am Donnerstag bei den Fraktionsvorsitzenden. Nach Kritik der Opposition hatte sie im Mai in einem Interview im SWR erklärt, dass sie die Vorsitzenden „vollumfänglich“ über die Kosten der Kommission informiert habe. „Das nehme ich zurück“, sagte sie. Jetzt gehe es darum, den Blick nach vorn zu richten und die wichtige Frage der Altersversorgung von einem unabhängigen Gremium beurteilen zu lassen. „Mir ist mehr denn je wichtig, einerseits verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, andererseits aber auch die Wertigkeit parlamentarischer Arbeit in den Blick zu nehmen“, so Aras. Dies sei mit der nun gefundenen Zusammensetzung gewährleistet.

Rückkehr zur Luxusversorgung

Dass die Kommission überhaupt eingerichtet wird, haben sich die Abgeordneten selbst zuzuschreiben. Im Februar hatten Grüne, CDU und SPD in einem Hauruckverfahren beschlossen, den Abgeordneten die Rückkehr zur staatlich finanzierten Altersversorgung zu ermöglichen. Sie sollten selbst entscheiden können, ob sie sich wie bisher privat für ihr Alter absichern oder ob sie eine staatliche Versorgung wählen, die ihnen im Ruhestand in der Regel deutlich mehr Geld garantiert. Damit wollten sie eine Entscheidung des Landtags aus dem Jahr 2008 rückgängig machen – damals hatte der Landtag die Umstellung der lukrativen Staatsversorgung auf eine private Versorgung beschlossen und die Diäten um ein Drittel angehoben.

In der Öffentlichkeit kam dieser Schritt nicht gut an, einige drohten gar mit einem Volksantrag. Deshalb lenkten die Abgeordneten im März ein und beschlossen, eine unabhängige Kommission einzusetzen, die Vorschläge für eine angemessene Altersversorgung der Abgeordneten machen soll. Die Zusammenstellung des Gremiums wurde der Landtagspräsidentin übertragen.

Fraktionschefs zufrieden

Die Fraktionschefs zeigten sich am Donnerstag zufrieden. „Der aktualisierte Vorschlag ist sehr gut“, sagte Andreas Schwarz (Grüne). Sein CDU-Kollege Wolfgang Reinhart erklärte, die Kosten von nun 200 000 Euro seien eine „akzeptable Größenordnung“. Jörg Meuthen (AfD) sagte, „mit diesem Vorschlag können wir leben“. Auch die Fraktionschefs von SPD und FDP, Andreas Stoch und Hans-Ulrich Rülke, die im Falle einer Abstimmung gegen den früheren Vorschlag votiert hätten, haben keine weiteren Einwände. Es sei gut, dass sich Aras entschuldigt habe, betonten sie.

Die Kommission wird um eine Person auf zehn erweitert – die Würzburger Professorin Stefanie Schmahl, die sich intensiv mit dem Abgeordnetenrecht des Bundestags befasst. Neben dem neuen Vorsitzenden Michael Hund gehören ihr zudem an: der Verwaltungswissenschaftler Wolfgang Zeh, der Politikwissenschaftler Ulrich Eith, der Finanz- und Rentenexperte Jörg Tremmel, der Präsident des Bundes der Steuerzahler Baden-Württemberg, Wilfried Krahwinkel, die stellvertretende Landesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Gabriele Frenzer-Wolf, der Vorstandsvorsitzende der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg, Reinhold Schimkowski, der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung Baden-Württembergischer Arbeitgeberverbände, Peer-Michael Dick, und der Präsident des Landesrechnungshofs, Max Munding. Für den 25. Juli ist die konstituierende Sitzung geplant, im Frühjahr soll der Bericht vorgelegt werden.

- Landtagspräsidentin Muhterem Aras hat zwei große Fehler gemacht – und zum Glück korrigiert: Sie hat sich für eine Falschaussage entschuldigt, und sie hat eine falsche Personalentscheidung rückgängig gemacht. Wer einen hochkarätigen Experten gewinnen wolle, müsse eben entsprechend bezahlen – so verteidigte sie zunächst die geplanten 125 000 Euro für den Vorsitzenden der neuen Kommission, die Vorschläge für eine angemessene Altersversorgung der Landtagsabgeordneten machen soll. Nein, da haben sie und ihre Berater es sich zu einfach gemacht.

Wäre dieser Experte ein selbstständiger Jurist, ließe sich seine Forderung vielleicht noch nachvollziehen. Doch dass ein pensionierter Verfassungsrichter, der vom Staat gut versorgt wird, von diesem für eine zweifellos anspruchsvolle Extra-Aufgabe ein zusätzliches Jahresgehalt fordert, lässt nicht auf Fingerspitzengefühl schließen. Damit hat er sich für die Aufgabe disqualifiziert, für die er angefragt wurde. Auf seine finanziellen Forderungen – und einige zusätzliche, etwa die nach einer PR-Agentur – hätte sich Aras nie einlassen dürfen.

Verrechnet hat sich allerdings nicht nur die Landtagspräsidentin. Die Kommission wäre gar nicht ins Leben gerufen worden, wenn die Abgeordneten im Frühjahr nicht versucht hätten, im Schnellverfahren die Rückkehr zu einer üppigen Altersversorgung, eine höhere steuerfreie Pauschale und mehr Geld für Mitarbeiter durchzusetzen. Die Kommission sollte sich nicht als Feigenblatt für die Landtagsabgeordneten hergeben. Sie sollte das ganze Paket, das die Abgeordneten verabschiedet haben, unter die Lupe nehmen, nicht nur die Altersversorgung.

maria.wetzel@stzn.de