Das Kräfteverhältnis im Stuttgarter Gemeinderat wird neu gemischt Foto: Leif Piechowski

Im Gemeinderat wird es nach den Sommerferien sechs Fraktionen, die dreiköpfige Gruppe der Alternative für Deutschland (AfD) sowie einen unabhängigen Einzelstadtrat von der Wählervereinigung Stadtisten geben. Das steht seit Freitag fest.

Im Gemeinderat wird es nach den Sommerferien sechs Fraktionen, die dreiköpfige Gruppe der Alternative für Deutschland (AfD) sowie einen unabhängigen Einzelstadtrat von der Wählervereinigung Stadtisten geben. Das steht seit Freitag fest.

Stuttgart - Die Würfel im Stuttgarter Rathaus sind gefallen. Im Gemeinderat wird es nach den Sommerferien sechs Fraktionen, die dreiköpfige Gruppe der Alternative für Deutschland (AfD) sowie einen unabhängigen Einzelstadtrat von der Wählervereinigung Stadtisten geben. Das stand am Freitag um 14 Uhr fest. Da wurden die Einigungsgespräche zwischen den Gruppierungen, die am 25. Mai ins Rathaus gewählt wurden, vorerst beendet. Wer in den Ausschüssen sitzen wird und wer in den Aufsichtsräten der städtischen Beteiligungsunternehmen, will man nach den Pfingstferien klären.

Die SPD einerseits sowie die Fraktion aus dem parteifreien Bündnis SÖS und der Linken andererseits haben auch speziellen Gesprächsbedarf miteinander: Sie sollen und wollen sich darüber einigen, in welchen Ausschüssen sie zwei oder drei Sitze belegen. Grund: Bei der Sitzverteilung in den wichtigen beschließenden Ausschüssen mit 17 Sitzen ergibt die mathematische Sitzverteilung – ausgehend von den Verhältnissen im Gemeinderat – keine eindeutige Zuordnung des 17. und letzten zu vergebenden Sitzes. Ohne Einigung müsste das Los entscheiden.

Dem könnte die Verkleinerung dieser Gremien auf 15 Sitze abhelfen. Dann würden die beiden Fraktionen gleichermaßen je zwei Sitze erhalten. Nebenbei würde die Stadt Sitzungsgelder sparen, pro Jahr mehr als 50 000 Euro. Bei dieser Ausschussgröße würde allerdings die CDU einen Sitz verlieren und wie die Grünen nur noch vier Sitze belegen – ausgerechnet die Partei, die sich bei der Gemeinderatswahl nach vorne arbeiten konnte. Freie Wähler und FDP hätten dann nur je einen statt zwei Sitze und wären damit gleichauf mit der AfD. Die Ausschussarbeit würde sich innerhalb der meisten Fraktionen auf weniger Schultern verteilen. So mochte sich am Ende nur die SPD für einen kleineren Ausschuss erwärmen.

Ausschussarbeit, das steht seit Freitag auch fest, werden auch alle Vertreter der neu in den Gemeinderat gewählten Gruppierungen leisten können. Allein hätte keiner ein Recht darauf. Als Dreier-Gruppe stünde ihnen ein Sitz zu. Christian Walter von der Studentischen Liste und der Pirat Stefan Urbat entschieden sich aber für einen anderen Weg: Sie gehen in eine Fraktionsgemeinschaft mit dem parteifreien Bündnis SÖS und der Linken. Das bietet ihnen die Chance, auf dem Ticket der Fraktionsgemeinschaft in einen der Ausschüsse zu kommen und außerdem inhaltlich und organisatorisch eng mit erfahrenen Stadträten zusammenzuarbeiten.

Der Stadtist Ralph Schertlen geht mit der SÖS, der Linken, dem Piraten und dem Studenten nur eine sogenannte Zählgemeinschaft ein und verschafft sich so ebenfalls Zugang zur inhaltlich wichtigen Ausschusstätigkeit. Richtig unters Dach dieser Fraktion geht er nicht. An Fraktionssitzungen wird er voraussichtlich nicht regelmäßig teilnehmen. Schertlen erkennt nicht so große Gemeinsamkeiten mit allen Akteuren, wie das für die Fraktionsgemeinschaft verlangt werde. Er sehe viele Ähnlichkeiten im Vergleich mit der SÖS – und „einige mit der Linken“.

Wichtig waren für ihn aber auch Signale aus seinem Wählerlager nach dem Motto, die Stadtisten müssten gut wahrnehmbar bleiben. Andererseits müsse man im Rathaus an der Ausschussarbeit teilnehmen, um handlungsfähig zu sein. Für ihn sei der Umwelt-und-Technik-Ausschuss interessant, aber auch der Verwaltungsausschuss, sagte Schertlen. Er ist offensichtlich gewillt, sich weder für das zahlenmäßig knapp überlegene öko-soziale Lager noch für das zahlenmäßig knapp unterlegene bürgerlich-konservative Lager vereinnahmen zu lassen: Das Argument zähle, sagt er. Kein Lager habe ihn automatisch gegen sich.

Die Fraktion um Hannes Rockenbauch (SÖS) und Thomas Adler (Linke) hat jetzt auch intern noch einiges zu besprechen. Das beginnt beim künftigen Namen und geht weiter beim Selbstverständnis. Parteifrei ist jetzt zwar noch die SÖS, aber mit dem Piraten mischt nun eine zweite Partei mit. Rockenbauch hat damit aber keine Probleme. Das parteifreie Bündnis SÖS bestehe in einer noch bunteren Fraktionsgemeinschaft fort, sagt er.

Mit acht statt früher fünf Fraktionsmitgliedern könne man noch arbeitsteiliger und gemeinschaftlicher arbeiten – bei Einzelthemen auch mit dem Stadtisten. Dass dessen Entscheidung das Gleichziehen der Fraktion mit der neunköpfigen SPD-Fraktion verhinderte, schmerze ihn nicht, sagt Rockenbauch. Da gehe es um Symbolik. Vernünftige Grundlagen für eine Zusammenarbeit und Inhalte seien wichtiger.