Simulation des ETCS bei der Firma Thales in Ditzingen bei Stuttgart Foto: factum/Granville

Von dem modernen Zugsteuerungssystem ETCS versprechen sich Experten auch eine Verbesserung der Zuverlässigkeit der S-Bahn in der Region Stuttgart. Wird der neue elektronische Lotse nun auf dem Abschnitt Renningen-Weil der Stadt für den Einsatz in S-Bahnnetzen getestet?

Stuttgart - Möglicherweise wird das moderne europäische Zugsteuerungssystem ETCS (European Train Control System) in der Region Stuttgart für den Einsatz im S-Bahnverkehr erprobt. Nach Informationen des Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel denkt der ETCS-Hersteller, die Firma Thales mit Sitz in Ditzingen (Kreis Ludwigsburg), daran, das System zwischen Renningen und Weil der Stadt mit Blick auf die Wirksamkeit für S-Bahnnetze zu testen.

ETCS kommt bislang auf Hochgeschwindigkeitsstrecken zum Einsatz, auch für den neuen Stuttgarter S-21-Bahnknoten mit seinen langen Tunneln ist es vorgesehen. ETCS könnte aber auch die Zugfolge auf der unterirdischen S-Bahn-Stammstrecke zwischen Hauptbahnhof und Schwabstraße erhöhen und so einen Beitrag im Kampf gegen die Verspätungen im S-Bahnnetz der Region leisten. Der Verband Region Stuttgart, aber auch das Land setzen auf ETCS. Dadurch wird die betriebliche Flexibilität erhöht und damit die Zuverlässigkeit der S-Bahn verbessert. Auf der Stammstrecke, die von allen S-Bahn-Linien befahren wird, wirken sich Verspätungen nämlich innerhalb kürzester Zeit auf das gesamte Netz aus.

Entscheidung wird 2017 erwartet

Mit einer Entscheidung für oder gegen ETCS wird noch im Lauf des Jahres 2017 gerechnet. Zuletzt hatte sich der Verband Region Stuttgart als Aufgabenträger der S-Bahn für dessen Einsatz ausgesprochen, er sieht allerdings finanziell die Bahn in der Pflicht. Es wird mit Kosten von mindestens rund 50 Millionen Euro gerechnet. Im Frühjahr, spätestens aber bis zur Sommerpause, wenn ein neuer S-Bahngipfel anberaumt wird, erwartet der Regionalverband einen konkreten Vorschlag des Verkehrsunternehmens, ob und wie ETCS realisiert werden kann.

Allerdings könnten von ETCS auch andere bis zur Kapazitätsgrenze belastete S-Bahnnetze in Deutschland, beispielsweise in München und Frankfurt, profitieren, betont Gastel: „Da der Ausbau aller überlasteten Stammstrecken extrem teuer und anspruchsvoll und damit sehr unwahrscheinlich ist, müssen die Chancen durch ETCS zweifelsfrei geklärt und bei einem erfolgreichen Forschungsergebnis realisiert werden.“ In der bayerischen Landeshauptstadt wird im Frühjahr 2017 mit dem Bau einer zweiten Stammstrecke begonnen. Die Kosten für das Projekt belaufen sich auf 3,8 Milliarden Euro .

Nach Angaben von Gastel will Thales seinen Förderantrag für die Erprobung zwischen Renningen und Weil der Stadt spätestens Ende Januar einreichen. Das Unternehmen selbst war zwischen den Jahren für eine Auskunft nicht zu erreichen. Das Forschungsvorhaben, das auch für andere deutsche S-Bahnnetze von Bedeutung ist, soll vom Bund gefördert werden. Auch Gastel setzt sich für eine Beteiligung des Bundes ein.

Förderantrag noch im Januar?

Die Bundesregierung deutet dies in ihrer Antwort vom 19. Dezember auf eine Anfrage des Abgeordneten auch an. „Wir begrüßen die Erprobung des ETCS für den Einsatz bei deutschen S-Bahnsystemen“, erklärte der Staatssekretär im Verkehrsministerium, Enak Ferlemann. Ob sich der Abschnitt zwischen Renningen und Weil der Stadt tatsächlich dafür eigne, dazu machte Ferlemann keine Angaben. Die Strecke ist stark frequentiert und teilweise eingleisig, außerdem soll sie in absehbarer Zeit auch von den Diesel-Zügen der wieder aktivierten Hesse-Bahn befahren werden.