So soll es ab August im Königsbau aussehen, wenn die 13 Anbieter öffnen. Foto: Visualisierung: ECE

Die Königsbau-Passagen leiden in den Stockwerken des Stilwerks an Besuchermangel. Leerstand und Pächterwechsel waren zuletzt groß. Das soll sich ändern – durch einen neuen Fresstempel.

Stuttgart - „Das Stilwerk ist eigentlich tot“, sagt Rainer Rudolph, Inhaber von Lederwaren Acker im Königsbau, über die zweite und dritte Etage der Königsbau-Passage. Dort sind das Einrichtungshaus Hülsta und der Edelmöbelhersteller Rolf Benz die Platzhirsche. Doch bisher lief das Möbelgeschäft im Herzen der Stadt eher schleppend. Deshalb greift die für das Centermanagement verantwortliche ECE jetzt nach einem Rettungsanker. Mitte August ziehen 13 Gastronomieanbieter in der zweiten Etage ein und sollen dort die magere Kunden-Frequenz erhöhen. Darunter sind Anbieter wie Wittkoop Burger, Chutney – Indische Spezialitäten, Thai Cuisine, Immergrün, Todi’s – Culina Asia, 1st Avenue Crepes, Happy Donazz, La Fenice Eiscafé, Pink Punk oder Premium Döner. Angrenzenden dazu entsteht eine so genannte „Food Lounge“ mit 650 Sitzplätze und Aussicht auf die Bolzstraße.

„Damit wollen wir diesen Standort weiter entwickeln“, sagt Christian Langsdorff, Center-Manager des Marktführers ECE. Auf dem Hamburger Langsdorff, der erst seit Februar für die Königsbau-Passagen verantwortlich ist, ruhen große Hoffnungen im Konzern. Er soll die Geburtsfehler korrigieren, die die Allianz als Vorgänger hinterlassen hat. „Wir haben diese Passage nicht geplant und nicht in Betrieb genommen“, sagt er entschuldigend und formuliert den anstehenden Kraftakt, der zehn Millionen Euro verschlingt, als „Hausaufgabe“.

Mit kleinen Hausaufgaben ist es freilich nicht getan. Für Experten der Branche ist es kein Wunder, dass die Königsbau-Passagen trotz des idealen Standortes nicht wie gewünscht vom Kunden angenommen werden. Zumindest in den Obergeschossen. Centermanagement-Fachmann Helmut Koprian, der das kommende Einkaufszentrum Gerber an der Paulinenbrücke berät, nennt Gründe. Möbelfirmen seien für ihn im Gerber undenkbar: „Die lassen wir schön im Stilwerk der Königsbau-Passage, denn die sind nur am Wochenende belebt. Unter der Woche ist die Passage in diesem Bereich tot.“ Weiter nennt er das Stichwort „Durchspülung“ einer Passage – also die gute Erreichbarkeit und Vernetzung aller Ebenen durch Aufzüge und Rolltreppen. Kein Weg dürfe in solch einem Projekt in einer Sackgasse enden. Zudem glaubt Koprian: „Center ohne Lebensmittler sind heute nicht mehr vermarktbar.“ Unterm Strich erfülle die Passage im Königsbau damit nur wenige der wichtigsten Erfolgsfaktoren. Langsdorff kontert die Kritik gelassen: „Das kann man so sehen, muss es aber nicht.“ Er glaubt, dass die künftigen gastronomischen Angebote und die damit verbundene „Operation am offenen Herzen“ die Wende bringen werde.

Bedenken herrschen

Rainer Rudolph, der seit 30 Jahren mit seinem Laden im Königsbau vertreten ist, äußerst Skepsis an der Gastronomie-Strategie von ECE. „Ein Fresstempel als Ergänzung? Nein, ich habe Bedenken, ob dieses Konzept erfolgreich sein wird. Zudem passt es nicht zum Niveau des Königsbaus und der Passagen.“ Dieses Niveau verbindet der Einzelhändler mit der Tradition der Fachgeschäfte im Königsbau, die früher sogar Hoflieferanten waren. Mehr noch: Rudolph fürchtet, dass es rund um den Schlossplatz ein gastronomisches Überangebot geben könnte. Tatsächlich tut sich einiges. An der Königstraße plant die Brauerei Dinkelacker-Schwabenbräu in den ehemaligen Räumen der Dresdner Bank ein Brauhaus, das gehobenen Ansprüchen genügen soll. Doch an einen kannibalisierenden Wettbewerb mag Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, nicht glauben: „Das Angebot ist schon stark. Aber es ist unsinnig, zu sagen, Stuttgart habe schon genug gastronomische Betreiber.“ Die Bestrebungen der ECE könnten von Vorteil sein, glaubt Ohl: „Die Stadt gewinnt an Attraktivität.“ Auch Michael Zeyer, Ex-VfB-Profi und Betreiber des benachbarten Restaurants „5“, sieht dem Wettbewerb „entspannt“ entgegen: „Wir setzen auf Genuss und nicht auf Fast Food.“