Stetten muss tief in die Tasche greifen. Foto: Berg Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinderat: Firma erhöht ihre Preise / Mehrkosten für Stetten

Stetten am kalten Markt (sgr). Der Gemeinderat hat in seiner Aprilsitzung zähneknirschend den überplanmäßigen Ausgaben zugestimmt, die für die maschinentechnischen, hydraulischen, elektro- und bautechnischen Arbeiten an den Kläranlagen in Storzingen und im Kohltal nötig geworden sind.

Gegenüber der Kostenschätzung vom Oktober 2016, die inklusive Baunebenkosten 253 000 Euro ergeben hatte, lagen die Kosten nun bei mehr als 319 000 Euro. Werner Mauch vom beauftragten Ingenieurbüro Kovacic erläuterte dem Rat, wie es zu einer derartigen Kostensteigerung innerhalb von zwei Monaten kommen konnte. So sei im Verlauf der Planung ersichtlich geworden, dass in der Technik weitere Komponenten "draufgesattelt" werden müssen. Unter anderem hatte die Telekom die analogen ISDN-Verbindungen der Kläranlagen aufgekündigt und zur Umrüstung auf andere, neueste Techniken gedrängt. Wie der Leiter der Bau-, Finanz- und Liegenschaftsverwaltung, Ermilio Verrengia, deutlich machte, sind alternative Anbieter im Versorgungsgebiet der Gemeinde "leider nicht vorhanden".

Zudem forderten rechtliche Vorgaben, dass eine Datenübertragung an die Kläranlagen zur Dokumentation beispielsweise der Regenmengen, auffälliger Wassermengen oder Störungen gewährleistet sein müsse. Ärgerlich sei, dass die Betriebsführung der Anlagen bereits vor zehn Jahren auf den neuesten Stand der Technik gebracht wurde, was nun jedoch nicht mehr genüge. Betroffen von dieser "Zwangserneuerung" sind sechs Außenstationen der Kläranlagen Storzingen und Kohltal, die das Schmutzwasser in die entsprechenden Kläranlagen pumpen. Zu den ursprünglichen Planungen kommen neben diversen Pflasterungen und Betonarbeiten speicherprogrammierbare Steuerungen sowie der Einbau von Steigbügeln in die Schächte hinzu.

Kurz vor der Ausschreibung im Februar 2017 sei die aktualisierte Kostenschätzung bei 319 000 Euro gelegen, so der Ingenieur. Dann aber habe die günstigste der beiden Firmen, die zwei Monate zuvor auf die Ausschreibung reagiert haben, bestimmte Positionen "um das Acht- und teilweise sogar um das Zwölffache angehoben". Die aktuelle Marktsituation schlage leider voll auf die Preise durch, bedauerte Mauch.

Bei Nachfrage nach den Gründen an jene 18 Firmen, die sich auf die Ausschreibungen zwar gemeldet, aber kein Gebot abgegeben hatten, listeten diese unter anderem volle Auftragsbücher auf, ein zu geringes Zeitfenster oder lehnten wegen zu großen technischen Umfangs den Auftrag ab. "Dazu herrscht aktuell eine Marktdynamik mit exorbitanten Preissteigerungen", so Mauch. Auf diesen Zug sei auch die betreffende Firma aufgesprungen. Bürgermeister Maik Lehn und Ermilio Verrengia warnten jedoch davor, aufgrund dieser Preissteigerungen die Ausschreibung aufzuheben. "Billiger wird’s sicher nicht", sollte noch einmal ausgeschrieben werden, erklärte Lehn.

Klaus-Dieter Halder (CDU) konnte diese enormen Preissteigerungen kaum fassen und fragte ungläubig nach, ob das auch die selbe Firma sei. Er bezeichnete dies als "willkürlich und nicht nachvollziehbar". Adrian Schiefer (FW) bescheinigte der Firma ein "dreistes Vorgehen", das er auch rechtlich bedenklich fand. Seine Frage, ob dagegen vergaberechtlich vorgegangen werden könnte, verneinte Mauch. "Eine Preiserhöhung von 20 Prozent kann nicht zum Anlass genommen werden, die Ausschreibung aufzuheben". Außerdem habe die Firma bereits wissen lassen, "dass sie in diesen Fall den entgangenen Gewinn einklagen will". "Es sieht so aus, als müssten wir diese Kröte schlucken", sagte Daniel Sauter (FW).

Entsprechend widerwillig stimmten die Räte dem Verwaltungsantrag zu, den von 285 088 Euro schweren Auftrag für die maschinen- und elektrotechnischen sowie die hydraulischen Arbeiten an die Firma Franz Lohr aus Ravenburg in Höhe zu vergeben. Die örtliche Firma Hahn Tiefbau erhielt den Zuschlag beim Gewerk Bautechnik zu dem von ihr angegebenen Preis von 17 440 Euro. Zusammen mit dem Honorar des Ingenieurbüros Kovacic in Höhe von 60 593 Euro ergibt das eine Summe von rund 363 100 Euro.