Steinachs Bürgermeister hat mit einem Bürgerbegehren gerechnet / Sieben bis acht Hektar als Erweiterungsziel

S teinach. Die Bürgerinitiative (BI) "Lebenswertes Steinach" sammelt derzeit Unterschriften für einen Bürgerentscheid in Sachen Interkom II. Was Bürgermeister Frank Edelmann davon hält und wie er sich die weitere Entwicklung des Gewerbegebiets vorstellt, hat er dem SchwaBo im Exklusiv-Interview erklärt.

Herr Edelmann, frisch zurück aus der Kur werden Sie mit einem Bürgerbegehren zu einer möglicher Erweiterung des Interkom konfrontiert. Sind Sie über die Entwicklung überrascht?

Überrascht war ich nicht. Für mich ging die Überlegung sogar dahin, ob der Gemeinderat je nach weiterem Diskussionsverlauf die Initiative ergreifen soll, einen Bürgerentscheid in die Wege zu leiten. Aufgrund der Emotionalität, die immer mehr in das Thema kommt, könnte es sein, dass nur eine klare Entscheidung aus der Bürgerschaft es ermöglicht, wieder auf eine Sachebene zu kommen.

Begründet wird das Bürgerbegehren auch mit Misstrauen gegenüber Ihnen. Sehen Sie das als eine persönliche Niederlage an?

Ich bin da mittlerweile so weit Profi und so lange im Geschäft, dass mir klar ist, dass Themen gepusht werden, indem man Emotionen reinbringt. Ein Vertreter der BI hat mir in einem Gespräch mal klipp und klar gesagt, eine BI muss provozieren, um gehört zu werden. Und dass man gerade in Steinach unterstellt, dass man "hintenrum arbeitet", kann ich nicht verstehen, da das Thema Öffentlichkeit oder Nicht-Öffentlichkeit bei uns sehr beispielhaft gelebt wird.

Wenn Sie die Diskussionen zur Erweiterung des Gewerbegebiets Revue passieren lassen, würden Sie sagen, dass Sie selbst auch Fehler gemacht haben?

Vielleicht war es zu früh, eine Erweiterung anzukündigen, aber es war immer meine Philosophie, ein Vorhaben früh, offen und inhaltlich komplett anzusprechen. So kam es auch dazu, dass die Flächenangaben immer durcheinander geworfen wurden. Die planerische Möglichkeit von 35 Hektar für das gesamte Mittelzentrum hätte ich vielleicht nicht nennen sollen. Diese Zahl hat sich so festgesetzt, dass ich sie bis heute nie wieder korrigiert bekommen habe. Vielleicht hätte ich stattdessen das Thema ein ganzes Jahr nicht aufs Schild heben sollen. Manche Diskussionen hätte man sich vielleicht erspart, wenn man irgendwann gesagt hätte, dass ist unsere gewollte Erweiterung.

Hätten Sie eine zweite Chance, würden Sie also lieber öffentlich mauern?

Nein, wahrscheinlich würde ich es wieder so machen, weil Offenheit und Transparenz uns leiten soll, aber in diesem Fall hat es vielleicht etwas zur Verunsicherung geführt.

Um es deshalb noch einmal ganz deutlich zu machen, Sie wollen also keine Erweiterung um 35 Hektar.

Nein, das geht flächenmäßig ja gar nicht und wäre auch viel zu viel. Ich wollte nur klar machen, was innerhalb des Regionaplans für das gesamte Mittelzentrum auf einem interkommunalen Weg theoretisch möglich wäre. Ich selbst habe dann für Steinach vom Suchraum mit 16 Hektar gesprochen. Aber auch das heißt nicht ausgewiesene Gewerbefläche, sondern beschreibt nur den Raum, wo nach Fläche gesucht wird.

Wo und in welcher Größe soll nach ihrer Vorstellung ein Interkom II entstehen.

Wo wir weitermachen können, hängt von der Abfahrt ab. Weil es keinen Sinn macht das Gewerbegebiet Richtung Oberbach zu erweitern, wenn ich gleichzeitig die Abfahrt nach Lachen führt. Jetzt haben wir die Zusage für Abfahrt. Mein Vorschlag wird nun sein, vom Holzabfuhrweg in Richtung Steinach, und nicht, wie von der BI behauptet, hinter Lachen rum, zu erweitern. Und dort je nach Zuschnitt sieben bis acht Hektar als mögliches Interkom II zu definieren.

Und wann soll die Entscheidung fallen?

Das hängt davon ab, ob das Bürgerbegehren erfolgreich ist und wann es dann einen Bürgerentscheid gibt. Der sollte dann recht zügig erfolgen. Vielleicht also Ende April/Anfang Mai. Ich setze dann darauf, dass sich die Bürger und Bürgerinnen von Steinach und Welschensteinach pro Interkom aussprechen.

Und wenn es keinen Bürgerentscheid gibt?

Auch dann sollte die Erweiterung Anfang/Mitte Mai auf die Reise geschickt werden. Man muss dabei auch beachten, dass man uns nur sehr wenig Fläche für eine kommunale Gewerbeentwicklung genehmigen würde. Das liegt auch laut Experten nicht daran, dass ich schlecht verhandelt hätte, sondern an der Gesetzeslage.

Wie bewerten sie die Interkom-Diskussion insgesamt?

Ich finde es schade, dass untergeht beziehungsweise suggeriert wird, dass die bisherige und künftige Entwicklung auch kommunal möglich wäre. Landwirte sagen mir, dass es zwar bester landwirtschaftlicher Boden sei, was verbaut wird. Aber sie sagen mir auch, dass die beste Unterstützung für den Erhalt ihrer Nebenerwerbslandwirtschaft ist, für wohnortnahe Arbeitsplätze zu sorgen. Denn die jungen wollen nicht erst eine halbe Stunde Auto von der Arbeit zurückfahren und sich dann auch noch hier auf dem Schlepper sitzen.

Würden Sie sich manchmal eine stärkere öffentliche Unterstützung von anderen Befürwortern des Interkom wünschen?

Nach der letzten Bürgerversammlung haben mir unzählige Leute auf die Schulter geklopft und gesagt: "Herr Edelmann, kämpfen sie weiter, das ist wichtig für uns". Auch habe ich zig zustimmende E-Mails bekommen. Natürlich würde man sich aber wünschen, dass der oder andere auch öffentlich Partei ergreift.Aber die gesellschaftliche Entwicklung geht leider dahin, dass viele nicht öffentlich Stellung beziehen wollen. So sieht es immer nach "BI gegen Edelmann", "Edelmann gegen BI" aus. Dabei ist es nicht mein Projekt, und für mich ginge auch keine Welt unter, wenn es keine Erweiterung geben würde.

In Bezug auf die Arbeitsplätze sagen Vertreter der BI, dass in den Firmen ja kaum Steinacher angestellt seien. Was entgegnen Sie?

In einer Bürgerversammlung ist einmal der Satz gefallen: "Steinacher Boden für Steinacher Bürger für Steinacher Firmen". Eine solche Argumentationskette stammt weit aus dem letzten Jahrhundert und sollte heute nicht mehr angewendet werden.

Was würde die flächendeckende Umsetzung des Slogans bedeuten?

Wenn ich nach dem Slogan gehe, bei uns dürfen nur Steinacher arbeiten, muss ich sagen, zum Glück haben in den letzten 40 Jahren die Steinacher in großer Zahl auswärts arbeiten dürfen. Denn unsere Pendlerbilanz ist bei minus 800. Wenn dieser Slogan tatsächlich in allen Gemeinden angewendet werden würde, wären diese Leute alle arbeitslos. Übringens haben sehr viele Firmen im Interkom neue Arbeitsplätze geschaffen. Natürlich bekommt dort beispielsweise aber auch ein Biberacher Arbeit, während gleichzeitig ein Steinacher in Biberach arbeitet.

Und was sagen Sie zum ökologischen Aspekt?

Ich weiß nicht, ob es unter dem Strich ökologischer ist, wenn man vor Ort nichts verbaut, aber dann noch mehr mit dem Auto zur Arbeit pendeln muss. Daher sollten wir die Firmenabwanderung stoppen und Arbeitsplätze vor Ort halten. Zudem folgt bekanntlich auf langer Sicht das Wohnen der Arbeit, dies zwar nicht ortsteilscharf, aber doch regionenscharf.

Gewerbeentwicklung wird auch oft gegen Wohnentwicklung gestellt. Was halten Sie davon?

Ich habe die feste Überzeugung, dass eine Gemeinde im Dreiklang von Leben, Wohnen und Arbeiten entwickelt werden sollte. Sobald das nicht im Gleichgewicht ist, bekommt die Gemeinde Probleme. Hier in Steinach hatten wir ein enormes Missverhältnis beim Faktor Arbeit. In den 90er-Jahren hatten wir fast 1000 Arbeitsplätze. Das ging Anfang 2003 runter auf rund 700. 2013 waren wir wieder bei 930. Für 2014 liegen noch keine Zahlen vor, aber wir haben wohl wieder das alte Niveau erreicht. Wir haben also bisher nur das aufgeholt, was wir zuvor verloren haben. Daneben haben wir auch noch rund 18 freie Bauplätze und die werden auch attraktiver, wenn vor Ort gearbeitet werden kann. Wenn die Hochwassergefahr gebannt ist, können wir auch noch das Wohngebiet Mittelgrün erweitern.

Sie haben in Steinach noch viel vor (wir werden noch über die anderen Projekte berichten), dennoch gibt es Spekulationen, dass Sie sich auch einen Wechsel in den Stuttgarter Landtag vorstellen könnten.

Es ist immer wieder interessant zu hören, wo ich alles kandidiere. In der Sache Stuttgart muss sich zunächst der derzeitige CDU-Landtagsabgeordnete Helmut Rau entscheiden, ob er aufhört oder nicht. Dann wird für mich die Frage sein, ob ich das machen will. Ich werde das immer wieder gefragt, weil sich meine Lebens- und Berufhistorie sehr gut mit dem Wahlkreis deckt. Denn ich bin aufgewachsen in Ettenheim und war dort im Gemeinderat, habe in Lahr und Friesenheim gearbeitet und bin jetzt im Kinzigtal Bürgermeister.

Grundsätzlich würde Sie diesen Wechsel also nicht ausschließen?

Ja, wenn man Dinge immer nur ausschließt, ist das vielleicht auch nicht so zielführend. Aber wie gesagt, zuerst muss sich Helmut Rau entscheiden, was er will.

u Die Fragen stellte Lars Reutter.