Wieder eine Maske fürs Museum in Bierlingen: Der 90-jährige Schnitzer Niki Stoop (rechts) überreicht Gerold Weschenmoser eine Chrottni-Larve. Foto: Marzell Steinmetz

Mit seiner Miniaturmaskensammlung steht Gerold Weschenmoser aus Bierlingen seit 1996 im Guinessbuch der Rekorde. Inzwischen sind es 5536 Stück. Eine neue Maske aus der Schweiz ist jetzt dazugekommen, allerdings kann sie nicht für einen weiteren Guinessbuchrekord gewertet werden.

Gerold Weschenmoser ist mit dem voll gepackten Auto auf dem Weg nach Flums im Sarganserland in der Schweiz. Ein Hüttenwochenende mit Familie, Freunden und Mitgliedern des Bierlinger Narrenvereins Stumpacher Maale und Weible ist im Haus Margeß gebucht. Zum 25. Mal bereits: Das soll gefeiert werden.

Weschenmoser hat aus diesem Anlass extra die Starzacher Fahne und die Baden-Württemberg-Fahne mitgenommen. Gleich nach der Ankunft werden sie am Haus angebracht, das für mehr als 30 Gäste Platz bietet.

Flums ist ein Zentrum des Maskenschnitzens Als die Churfirsten, eine markante Gipfelkette, in Sicht kommt, gerät Weschenmoser ins Schwärmen. Da fühlt er sich wie zu Hause. Früher, als seine Knie noch mitgemacht hatten, fuhr er Ski und kletterte in den Bergen. Doch noch etwas anderes zog in regelmäßig in die Schweiz – das Maskenschnitzen. Flums, sagt er, ist dafür richtiges Zentrum. Er selbst hat dort das Schnitzen gelernt. Der Ort ist nach gut dreistündiger Fahrt erreicht. Es geht aber noch nicht gleich zur Hütte auf 800 Metern Höhe, sondern zuerst ins Altersheim unten im Tal.

Die ersten Schnitzversuche gemacht Der Besuch gilt Niki Stoop, mit dem Gerold Weschenmoser freundschaftlich verbunden ist. Bei dem heute 90-jährigen Schweizer hatte er die ersten Schnitzversuche gemacht und viel über das Kunsthandwerk gelernt. Von ihm hat er auch Masken geschenkt bekommen, zum Teil mehr als 100 Jahre alt. Sie befinden sich im Mäskle-Museum in Bierlingen. Niki Stoop freut sich sichtlich über den Besuch. Und er hat auch ein Geschenk parat: Er überreicht Weschenmoser eine „halbe“ Chrottni-Larve. Sie bedeckt einen Großteil des Gesichts, lässt aber den Bereich um den Mund herum frei. Das hat den Vorteil, dass der Träger mit der Maske essen kann und somit nicht seine Identität verraten muss, wenn er hungrig ist.

Gerold Weschenmoser bewundert die Masken der Flumser Schnitzerfreunde. Foto: Marzell Steinmetz

Doch was hat es mit dem Namen auf sich? Weschenmoser muss zuerst nachfragen. Niki Stoop erzählt es ihm: Die Maske bezieht sich auf eine Frau, die bei der Post gearbeitet hat. Sie war aber so neugierig, dass sie heimlich alle Briefe geöffnet und gelesen hat. Die Chrottni steht in Flums für eine böse Frau – eine Geschichte mehr, die Wechsenmoser nun in seinem Museum erzählen kann, wenn Besucher kommen. Fast zu jeder einzelnen Maske fällt ihm etwas ein.

Die Schweizer Schnitzer sind besonders fantasievoll Neben „Male“ und „Weible“ haben sie beispielsweise einen „Seckel“, einen Tunichtgut, den es in jedem Ort gibt. Einen solchen in Kleinformat hat Weschenmoser auch im Museum – er nennt die Maske „Penislarve“, was, wie er aber versichert, nichts mit „Sexismus“ zu tun hat. Seltenheitswert hat als Motiv in der Schweiz auch die „kleine Hexe“ im Museum.

Erfolgreich mit der Guiness-Zentrale verhandelt Schnitzen hat in dem Alpenland eine große Tradition. Allerdings gab es ein Problem für den Bierlinger Markensammler: Die Schweizer Kleinmasken waren etwas zu groß, um für einen Guinessrekord gewertet zu werden. Ursprünglich durften die Miniaturmasken nicht größer als zehn Zentimeter sein. Weschenmoser reiste 1998 nach London zur Guiness-Zentrale.

Malerisches Schweiz: Hier wird auch viel geschnitzt. Foto: Marzell Steinmetz

Dort hat er ausgehandelt, dass die Größe der Miniaturmasken auf 15 Zentimeter erhöht wurde. Damit konnten nun auch die Schweizer „Mäskle“ in die Wertung kommen. Und davon hat Weschenmoser jede Menge. Wann immer er ins Nachbarland kam: „Ich bin nie ohne Maske heimgekommen. Ich habe rund 190 Masken aus der Schweiz, eine schöner als die andere.“ Weschenmoser ist überzeugt: „Ich halte damit den Schweizer Landesrekord .“ Dank seiner zahlreichen Beziehungen: Er kennt viele Schnitzer persönlich.

Einer der besten Schnitzer in der Schweiz Niki Stoop gehört für ihn mit zu den besten in der ganzen Schweiz. Der 90-Jährige hat, wie er dann auch verrät, mehr als 700 Masken angefertigt. „Sie sind in der ganzen Welt“, fügt er hinzu. Die Chrottni-Halblarve hat er vor längerer Zeit ebenfalls geschnitzt. Sie fand einen Käufer, doch Stoop hat sie zurückgekauft und nun Weschenmoser geschenkt. Er weiß, sie ist bei dem Bierlinger Maskensammler in besten Händen und wird hoch geschätzt. Die „Chrottni“ bekommt jetzt jedenfalls einen Platz im Maskenmuseum.

Viele Fantasie-Larven am Vereinsheim Ein weiterer Abstecher musste am Samstag nach einer mehrstündigen Rundwanderung, immer mit Blick auf die Churfirsten, noch sein. Weschenmoser steuert das Vereinsheim der Schnitzerfreunde Flums an.

Leider hat es, wohl wegen des Almabtriebs an diesem Tag, geschlossen. An der Außenwand sind Masken der einzelnen Schnitzer ausgestellt. Alles pure Fantasie-Larven: mit Teufels-Hörnern, Hauern, rundlich grotesk, lustig oder böse blickend, lachend – keine gleicht der anderen. Gerne hätte sich Weschenmoser mit den Schnitzerfreunden mal wieder ausgetauscht. Vielleicht klappt es im nächsten Jahr mit einer Stippvisite. Das Haus Margeß ist schon wieder gebucht.

Erster Eintrag ins Guinessbuch im Jahr 1996 1996 gab es den ersten Eintrag ins Guinessbuch der Rekorde mit 1057 Miniaturmasken. Die Sammlung ist seither beträchtlich mit Exemplaren aus der ganzen Welt angewachsen. 6000 würde Weschenmoser gern zusammenbringen, nur dürfte dieses Ziel schwer zu erreichen sein. Das hängt damit zusammen, dass die Narrenzünfte kaum noch Interesse an kleinen Masken als Eintritt für Narrenumzüge mehr haben. „Das ist schade“, bedauert Weschenmoser. 2016 war in seinem Museum die letzte Zählung fürs Guinessbuch. „Nächstes Jahr mache ich einen letzten Versuch, einen neuen Weltrekord aufzustellen. Dann ist es vorbei, aber ich werde trotzdem weiter sammeln“, kündigt er an, „das macht mit nach wie vor Spaß“.