Die Beteiligten der Gesprächsrunde freuen sich über das konstruktive Gespräch. Fotos: Hilbertz Foto: Schwarzwälder Bote

Diskussion: Verschiedene soziale Einrichtungen und Vertreter der Grünen sprechen über Flüchtlingsintegration

Im Lorenzhaus wurde intensiv über die bessere Integration von Flüchtlingen debattiert. Verschiedene Vertreter von sozialen Einrichtungen und Wirtschaft prangerten Versäumnisse der Politik an. Zwei Landtagsabgeordnete der Grünen stellten sich der Kritik.

St. Georgen. Andreas Heidel ist sauer. Im Dezember 2018 hat der Geschäftsführer der Holzfirma "Fürstenberg-THP" einen Geflüchteten aus Gambia eingestellt. Der junge Mann habe gute Arbeit geleistet und "war sehr beliebt". An einem Morgen im Januar standen allerdings fünf Polizisten vor der Tür und holten ihn während der Arbeit vor den Augen der Kollegen ab. Der Grund: Abschiebung.

"Was mich besonders gestört hat, ist, dass wir eine Erlaubnis bekommen haben, dass er arbeiten kann. Als Arbeitgeber gehe ich schlicht und ergreifend dann davon aus, dass er bei uns ganz normal, ohne Wenn und Aber, arbeiten kann", beklagt sich Heidel. Die ganze Aktion habe im Betrieb auch "für Unruhe gesorgt, wenn jemand von der Polizei abgeführt wird".

"Es entsteht der Eindruck, dass auf diejenigen, die in Arbeit sind, regelrecht Jagd gemacht wird", pflichtet ihm Christian Utischill, Vorsitzender des Vereins "Jobclub-VS", bei. Er könne sich das nur so erklären, dass Geflüchtete mit festem Arbeitsverhältnis für die Justiz besser greifbar sind als diejenigen, deren genauer Aufenthaltsort von den Behörden nicht ermittelt werden kann.

"Wie verrückt ist auch diese Situation", wirft Florije Sula, Geschäftsführerin der Evangelischen Altenhilfe, ein. "Wir suchen ja alle händeringend nach Fachkräften." Man habe in der Evangelischen Altenhilfe 138 Bewohner und da müsse man die Versorgung aufrechterhalten.

"Die Politik macht es uns aber richtig schwer", so Sula weiter. Man suche nämlich in Deutschland nicht nur Fachkräfte, sondern Arbeitskräfte allgemein, so der Tenor der Runde. Dem werde aber aktiv von der Politik entgegengesteuert, indem man das Signal nach Afrika senden würde: "Das lohnt sich nicht hierher zu kommen", so Martin Hayer, Einrichtungsleiter des AWO Seniorenzentrums "Am Stadtpark" in VS-Schwenningen.

Der Kritik, dass die Politik nicht die richtigen Rahmenbedingungen schaffen würde, müssen sich die zwei anwesenden Landtagsabgeordneten der Grünen, Martina Braun und Daniel Lede Abal, stellen. "Bei uns rennen Sie mit dem Thema offene Türen ein", so Braun. "Wir haben allerdings in der Sache keine Kompetenz auf Landesebene. Auf Bundesebene würden wir es als Grüne wohl anders machen."

"Ich bin mit der Situation auch unzufrieden", pflichtet ihr Lede Abal bei. Aufenthaltsrecht sei nun einmal Bundesrecht, die Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten würde da nicht funktionieren.

Um die Tragweite der Problematik noch anschaulicher darzustellen, erläutert Klaus Meusel vom "Jobclub-VS" einige Studien zum Thema demografischer Wandel. "Wir stehen vor eine demografischen Katastrophe", meint Meusel. Schon jetzt habe Deutschland die zweitälteste Gesellschaft der Welt, mit einem Durchschnittsalter von 47 Jahren.

"Eine immer größere Zahl an pflegebedürftigen Rentnern steht einer immer kleineren Zahl von erwerbstätigen jungen Menschen gegenüber – wir erleben erst den Anfang dieser Krise", mahnt er weiter. Man müsse sich den harten Fakten stellen und endlich angemessene Gegenmaßnahmen treffen. "Es geht um die Zukunft Deutschlands, wir müssen der Politik klarmachen: Zuwanderung ist alternativlos", so sein Schlussappell.

Lede Abal betont zum Abschied, dass sie sich in Stuttgart bemühen werden: "Wir versprechen, dass wir am Thema dran bleiben und die Debatte weiter führen."