Der Chor des MGV Sängerbund kennt im Jahr 1922 noch keine Personalsorgen. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Männerchor: Am 28. April letzter öffentlicher Auftritt beim Tag des Liedes in Peterzell

"Ich muss das jetzt machen, wir werden aber nicht ganz auseinander gehen", sagt Helmut Storz. Er ist Vorsitzender des Männergesangvereins Sängerbund und wird noch in diesem Jahr zu dessen Liquidator.

St. Georgen. "Die Deutschen Männergesangvereine gehen und sterben, wenn sie sich im Zeitalter der digitalen Revolution nicht erneuern, und das ist sehr schwer", sieht es Helmut Storz realistisch. Den Sängerbund kennt er von Kindesbeinen an. Der Vater war aktiver Sänger, der Verein gehörte zur Familie. Im Jahr 1960 wurde er selbst Mitglied und übernahm bald auch Verantwortung. 1972 wurde er Stellvertreter des Vorsitzenden Robert Baumgärtner und 1998 Chef der Männertruppe.

Er erlebte, wie der Männerchor Liederkranz sang- und klanglos von der Bildfläche verschwand. Ein paar aktive Sänger wechselten zur verbleibenden "Konkurrenz". Versuche, den eigenen Verein zu verändern, scheiterten am Widerstand einiger Mitglieder. Diese wollten unter sich bleiben. Ein gemischter Chor hätte zu viel Veränderung mit sich gebracht, sah auch Helmut Storz. Das hätte beispielsweise schon bei den Noten angefangen.

Das 100-jährige Bestehen feiert der Chor im Jahr 2000 noch im großen Rahmen. Doch das Ende war schon bald absehbar. Die Alten starben, Junge kamen praktisch keine hinzu. Heute gibt es nur noch einen Aktiven, der sich in der Arbeitswelt befindet.

Die anderen sind längst Rentner, meist im fortgeschrittenen Alter. Zu den Proben kommen in der Regel zehn Sänger und das bei einem vierstimmigen Chor. Ein Tenor ist auf sich allein gestellt. Beim zweiten Bass sind es noch zwei Aktive. Um überhaupt noch auftreten zu können, kam Verstärkung vom Werkschor der Firma J. G. Weisser. Mit diesem erfolgt der letzte öffentliche Auftritt des Sängerbund-Chors am 28. April beim Tag des Liedes, den der Liederkranz Peterzell veranstaltet. Ein paar Sänger wollen auch künftig noch den Werkschor unterstützen.

Eigene Konzerte oder Veranstaltungen waren schon seit mehreren Jahren nicht mehr möglich. Der Sängerbund hat noch zusammen mit den passiven Unterstützern über Hundert Mitglieder. Die Beiträge konnten aber längst nicht mehr die laufenden Kosten decken. Der Verein lebt von der Substanz. Dirigent Helmut Wößner verzichtete gar auf die Hälfte seiner Aufwandsentschädigung. Nur so war überhaupt noch ein Überleben möglich.

Auf Helmut Storz als Liquidator kommt noch einige bürokratische Arbeit zu. "Das Ende tut den verbliebenen Sängern sehr weh, der fast 118 Jahre alte Traditionsverein sinkt ins Grabe", bilanziert der fast 83-Jährige mit einiger Wehmut.

St. Georgen (dvs). 8. Juni 1900: "In der heute von mehren Mitgliedern einberufenen Versammlung wurde beschlossen, einen Gesangverein zu gründen, welcher den Namen Sängerbund St. Georgen führt."

Damit beginnt die lange Geschichte des Traditionsvereins. 14 Sangesfreudige gründeten den Verein im Gasthaus Badischer Hof und gaben noch im Oktober ihr erstes Konzert. Zwei Jahre später trat der Verein dem Badischen Sängerbund und dem Schwarzwaldgau-Sängerbund bei.

Der Erste Weltkrieg ließ alle Aktivitäten erlahmen. Zum 25-jährigen Bestehen gab es zwei Festkonzerte, an denen sich auch Chöre aus der Nachbarschaft aktiv beteiligten. Die Weltwirtschaftskrise hinterließ ihre Spuren: 1932 waren von 125 Aktiven 27 arbeitslos und 53 in Kurzarbeit. Die NS-Zei wirkte sich auch auf die Vereinsarbeit aus. Trotz Gleichschaltung und des Zweiten Weltkriegs lief die Proben- und Konzertarbeit weiter.

1946 wurde der Verein reaktiviert. Außerdem erfolgte der Zusammenschluss mit dem Arbeitergesangvereins Freundschaft zum MGV Sängerbund-Freundschaft. Die Feiern zum 50-Jährigen ließen 1950 zu einem der erfolgreichsten Jahre in der Vereinsgeschichte werden. Es folgten zahlreiche, viel beachtete große Konzerte – auch weit über die Stadtgrenzen hinaus. Zum Hundertjährigen gab es zahlreiche Veranstaltungen.

Der Sängerbund brachte sich auch außerhalb von Konzerten in der Bergstadt vielfältig ein. Unter anderem bewirtete er beim Stadtfest und unterstützte bei Bedarf andere Vereine. Auch hier zeichnete sich mit den Jahren die Überalterung immer stärker ab und die Sänger mussten sich unfreiwillig zurückziehen und auf ihre Chorarbeit beschränken.

Am Freitag, 9. März, um 19 Uhr wird in der Hauptversammlung im Gasthaus Krone laut Tagesordnung die Vereinsauflösung eingeläutet.