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Der Röhlinwald wandelt sich zum Vorzeigemodell / Wolf Hockenjos referiert beim Verein für Heimatgeschichte

Einen Ausflug in die Vergangenheit eines geschichtsträchtigen Waldes unternahm der ehemalige Forstamtsleiter Wolf Hockenjos mit den Zuhörern in der Geschichtsstruhe.

St. Georgen. Über "Der Röhlinwald – vom Zankapfel zum Vorzeigemodell" sprach der langjährige Forstamtsleiter und Buchautor Wolf Hockenjos beim Verein für Heimatgeschichte.

Hockenjos erinnerte zunächst an die Klostergeschichte mit dessen Gründung 1084 über die Hinwendung zum Protestantismus 1534 bis zu seiner Zerstörung 1633. Ab 1567 war der Wald in der Obhut des herzöglich-württembergischen Kirchenrats, einer Landesbehörde die sich der Bewirtschaftung der Fürstengüter widmete. 1592 erschien der Röhlinwald auf einer Landkarte als Rielinswald. Damals war ein Weiher verzeichnet sowie die Schillertanne, ein mittlerweile 350 Jahre alter Baum. Damals war der Wald in schlechtem Zustand, aufgrund der Köhler, die Holzkohle für die Gießerei in Tuttlingen produzierten. Zudem war der sandig-lehmige Boden in dem Ausläufer des Buntsandstein-Schwarzwalds durch Beweidung arg strapaziert.

Das Güterbuch St. Georgens von 1664 beschreibt auch die existenzielle Bedeutung der Bürgerversorgung mit Brennholz, geregelt durch Waldknechte, die aber korrupt waren. Es gab mehrmals herzögliche Prüfungen und Rügen an der Bewirtschaftung. Wie aus heutiger Zeit klingt eine Klage des Herzogs Friedrich des II.

Von 1802 über die Borkenkäferplage, verursacht durch anhaltend trocken-warme Witterung und heftige Stürme. Immer wieder gab es auch Zwist ob der richtigen Nutzung des Waldes. 1810 beklagte ein Forstmeister, dass durch Eigennutz und Unverständnis der Klosterknechte der ganze Wald überhauen und misshandelt sei. Für weiteres Ungemach sorgten Dienstbarkeiten wie Beweidungsrechte oder das bürgerliche Recht auf Holz. 1815 begann ein jahrzehntelanger Rechtsstreit zwischen Oberforstkommission und Gemeinde damit, dass man sich nicht auf die richtige Maßeinheit bei der Berechnung der zustehenden Holzmenge einigen konnte.

Auch ging es um die Überlassung von Flächen an den Staat und Rechteablösung. Waldweide und einzelstammweise Entnahme wurden verboten, weil man diese nicht kontrollieren konnte, was Förster bei der ländlichen Bevölkerung enorm unbeliebt machte. Mal bekam die Gemeinde, mal die Kommission recht, irgendwann schalteten sich Großherzogliches Bezirksamt und Staatsministerium ein.

Erst 1851 fanden die Streitereien ein Ende. Hiernach folgten intensive Staatswaldbewirtschaftung und Flächenankäufe. Ein "überdynamischer Landesforstchef" sorgte 1920 für Unfrieden, als er die Bewirtschaftung in Keilform durch den Wald trieb, anstatt ältere, naturnahere Formen zu nutzen. Laut Hockenjos herrschte beinahe Mord und Totschlag zwischen Forstkollegen. Ein tragisches Kapitel begann 1950 mit einem Versuchgebiet der Forstlichen Versuchsanstalt Freiburg. Dort wurden Präparate zur Beseitigung der Heidelbeeren getestet die als Kulturhindernis galt. Genutzt wurde ein Stoff, der später als Agent Orange im Vietnamkrieg zum Einsatz kam.

Die damaligen Ergebnisse seien bei der Vernichtung der Heidelbeeren sehr überzeugend gewesen, es habe aber bezüglich Chemikalieneinsatz grenzenloser Optimismus geherrscht. Ein weiterer Großversuch startete 1975 gegen das als schädlich angesehene Rehwild. Der Wald wurde entfichtet, Weißtannen gepflanzt. Deren Sprösslinge wurden aber von den Tieren gefressen. Erst eine Intensivierung der Jagd brachte den Durchbruch bei der Ausbreitung der Tanne. Die schlimmen Orkane 1992 sorgten für ein Umdenken. Labile Fichtenwälder sollten mit einer Holzbewirtschaftung wie zu Klosterzeiten umgewandelt und gestärkt werden. Seit 1993 ist das Areal Waldschutzgebiet, also Schonwald, zugunsten von Schwarzspechten oder Raufuß- und Sperlingskauz. Heute handle es sich beim Röhlinwald um ein Musterbeispiel einer gelungenen Waldentwicklung, so Hockenjos.