Unser Mann bei der Darts-WM in London: Robert "Robstar" Marijanociv aus Freudenstadt. Foto: Sport1

Darts: Zum WM-Start spricht TV-Experte von Sport1 über Faszination Ally Pally und Chancen von Robert Marijanovic.

Action im Ally Pally: Ab sofort läuft wieder die Darts-WM in London. Nach 2013 und 2015 wird auch der Freudenstädter Robert "Robstar" Marijanovic zum dritten Mal dabei sein. Er trägt sein erstes Spiel gegen den Engländer Richard North am Samstag, 15. Dezember, zu Beginn der Mittagssession ab 13.30 Uhr aus.

Übertragen wird die gesamte Weltmeisterschaft im Fernsehen bei Sport1, wobei der populäre Caller und Alf-Fan Gordon Shumway als TV-Experte im Einsatz ist. Wir haben uns mit dem Hessen zum Start der WM über die Sportart Darts, die Faszination Ally Pally und die Chancen von Robert Marijanovic unterhalten.

Herr Shumway, die Feiertage stehen vor der Tür. Sind Sie schon aufgeregt?

Natürlich, weil ich die Feiertage immer mit Darts verbinde. Seit 25 Jahren findet um Weihnachten und Neujahr herum die Darts-WM statt – und die ist für Dartsspieler das Nonplusultra.

Und das sind ja eigentlich die wahren Feiertage für Sie, oder?

Ja. Man kann den Heiligabend ruhig und besinnlich verbringen und den ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag auch noch – aber man freut sich dann auch, wenn alles vorbei ist und bei der WM im Londoner Ally Pally endlich wieder die Pfeile fliegen.

Was macht die Faszination Ally Pally aus?

Das ist ein uraltes Gebäude, das man the people’s palace nennt.

...der Palast des Volkes.

Genau. In London hat man den Buckingham Palace und andere Paläste für die Royals. Den Ally Pally hat man für das Volk gebaut hat. Im Alexandra Palace gibt es mehrere Hallen, darunter auch die West Hall, in der die WM stattfindet. Dann gibt es noch die Great Hall, in die die WM mal in zwei, drei, vier Jahren wieder umziehen könnte, wenn man sie noch größer machen will. Dort fand die WM ja früher schon einmal statt.

Was ist denn heute so los in dieser West Hall?

Das ist eine Mischung aus packendem Präzisionssport, riesengroßer Party, Junggesellenabschied und Ballermann-Fete. Total verrückt. Wer das noch nie erlebt hat und Darts-Fan ist, der muss das einmal in seinem Leben gesehen haben.

Wann waren Sie zum ersten Mal dort?

Gleich im ersten Jahr, als die WM von der Circus Tavern in den Alexandra Palace umgezogen ist. Das war die WM 2008.

Kritiker sagen: Bei der Darts-WM steht zu sehr der Event und weniger der Sport im Vordergrund.

Nein. Im Vordergrund steht ganz klar der Sport namens Darts. Die Zuschauer gehören natürlich dazu, weil sie diese einmalige Atmosphäre transportieren. Das Publikum ist für die Spieler auch noch mal eine ganz besondere Hürde, weil man da oben Hochleistungssport erbringen muss, obwohl die Zuschauer unten singen, grölen, klatschen und pfeifen. Die Spieler müssen trotzdem absolut fokussiert sein, um der Sache mental gerecht zu werden.

Andere Kritiker sagen: Darts bietet taktisch zu wenige Möglichkeiten. Man wirft immer nur auf die 20.

Dass Darts immer das Gleiche ist, kann ich nicht bestätigen. Natürlich wirft man zu 95 Prozent auf die Triple-20, bis man in den Finish-Bereich kommt, aber so ist nun mal das Spiel. Biathlon ist auch immer Skilaufen und Schießen. Aber vergleichen wir das mal mit Fußball: Darts ist wie 90 Minuten Elfmeterschießen. Es ist die perfekte Fernsehsportart: ein Splitscreen, auf der linken Seite die Scheibe, auf der rechten der Spieler. Und es ist permanent etwas los. Man kann 6:0 oder 7:0 in Legs führen und trotzdem noch das Spiel verlieren. Es gibt in meinen Augen gar kein spannenderes Spiel als Darts.

Mit Robert Marijanovic kommt ein WM-Teilnehmer aus Freudenstadt. Wie lange beobachten Sie schon seine Karriere?

Robert kenne ich schon viele Jahre. Ein ganz, ganz großes Talent. Vor allem hat er den Kopf dafür. Er hatte ja die Super League gewonnen und sich dadurch den Platz im Alexandra Palace gesichert. Da war ich live vor Ort und habe für Sport1 kommentiert. An diesem Tag zeichnete sich ganz früh ab, dass er das Ding gewinnen wird. Er ist sehr nervenstark, spielt hervorragend, ist sehr ruhig und hat einen tollen Wurfstil.

Welche Chancen hat er bei der WM?

Ich würde mal sagen: Die dritte Runde kann er schon schaffen.

Wer ist Ihr Titelfavorit?

Gary Anderson. Wenn er ein Turnier ernst nimmt, dann bereitet er sich auch ernsthaft darauf vor. Das Gleiche war beim diesjährigen World Matchplay in Blackpool der Fall. Das Turnier hatte er bis dato noch nie gewonnen. Dann hat er sich sehr akribisch darauf vorbereitet und den Sieg geholt. Ich denke, dass er auch weiß, dass ihm nicht mehr allzu viele Jahre bleiben, um den dritten WM-Titel zu gewinnen. Er wird sich wirklich intensiv auf die WM vorbereitet haben.

Wie bereitet man sich auf so eine WM vor? Was läuft anders als vor anderen Wettkämpfen?

Man intensiviert alles. Wenn man sich vorher gesagt hat, dass drei Tage Training in der Woche genügen, ist es dann halt jeder Tag, an dem man seine vier, fünf Stunden absolviert. Dann kommen spezielle Trainingseinheiten dazu. Man geht also mal nur auf die Doppel oder spielt nur Finishes, streut aber auch Einheiten gegen andere Gegner ein, damit man die Wettkampf-Atmosphäre hat. Die Vorbereitung läuft aber nicht bei jedem Spieler gleich. Das macht jeder anders.

Und Sie selbst? Wie bereiten Sie sich auf die WM vor?

Ich schaue mir vor allem die Außenseiter an – die Qualifikanten aus aller Herren Länder. Da muss ich doch auch schon mal nachlesen. Aber ansonsten: Ich beschäftige mich ja schon Jahrzehnte mit Darts. Da muss ich mich gar nicht so lange vorbereiten. Ich erzähle einfach das, was ich sehe. Ich gebe den Leuten ja auch Tipps. In der Nähe von Frankfurt betreibe ich zusammen mit meinem Verein das House of Darts. Zu uns kommen gerade vor und nach der WM viele Leute, die mit dem Darts anfangen wollen. Das ist auch meine Aufgabe, auch als TV-Experte bei Sport1: erklären, wo ich Fehler im Wurfstil sehe, oder etwas über die Spieler erzählen, von denen ich viele ja schon lange kenne.

Werden Sie bei der WM auch Robert Marijanovic Tipps geben?

(lacht) Wenn, dann macht das mein Kollege Sascha Bandermann. Er ist mit einem eigenen Kamerateam vor Ort im Alexandra Palace, um die Atmosphäre einzufangen und Interviews mit den Spielern zu führen. Ich sitze mit Kommentator Basti Schwele im Studio in Ismaning. Für uns ist das eigentlich angenehmer, weil wir uns das Geschehen so in Ruhe anschauen und auf die Kameras Zugriff haben können.

Werden Sie den Ally Pally dann nicht vermissen?

Doch, ein bisschen schon. Es geht nichts über diese Atmosphäre, wenn man sie persönlich und vor Ort erlebt. Das ist klar.

Hat man denn jetzt überhaupt noch Chancen, Karten für die Darts-WM zu bekommen?

Das wird eher schwierig. Soweit ich weiß, war die WM innerhalb von 60 Minuten ausverkauft.