Das Spaichinger Krankenhaus steht auf der Kippe. Eine zentrale Klinik in Tuttlingen sei für den Nachbarlandkreis nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten zukunftsträchtiger, sagen Reformer. Foto: Braungart

Über Zukunft des Krankenhauses wird heftig gestritten. Thema ist Politikum.

Spaichingen - Vor allem für viele im nördlichen Teil des Tuttlinger Kreisgebiets ist die Ankündigung, das Spaichinger Krankenhaus zu schließen, eine herbe Hiobsbotschaft. Das Thema ist zum großen Politikum geworden.

Können wirtschaftliche Erwägungen rigoros eine Klinik-Zentralisierung in Tuttlingen bedingen, ist eine Frage, die nicht nur einen "Organisationskreis gegen die Schließung" umtreibt. Ökonomisch baue man idealerweise dort, wo der Großteil der Kunden oder Patienten sei, der kurzen Wege halber. Damit riskiere man aber die Abwanderung der Patienten in die Kliniken der Nachbarkreise, denn Spaichingen liege näher zu Rottweil, Trossingen näher zu Villingen-Schwenningen. "Und dies führt sicher nicht zu einer Stärkung des Standortes Tuttlingen", betonen Schließungsgegner.

Mit der Klinikaufgabe schaffe man auch ein Novum; jeder andere der fünf Nachbarkreise unterhalte mindestens zwei oder mehr Klinikstandorte, "der Tuttlinger Landkreis wäre dann der erste, der sich auf ein Krankenhaus verkleinert", sagt Zdenko Merkt von der als "Organisationskreis" agierenden Bürgerinitiative. Bereits heute biete der Landkreis Tuttlingen im Vergleich die geringste Anzahl von Krankenbetten an. Die Landkreise Rottweil und Sigmaringen warteten mit teils wesentlich höheren Bettenzahlen auf, bei ähnlicher Bevölkerungszahl von 140.000. Gleichzeitig entstehe in Spaichingen eine Klinikbrache, obwohl erst vor kurzem aufwendig saniert worden sei. Illusorisch sei es, zu glauben, dass die Umsiedlung der Abteilungen Geld spare. Auch ein Neubau in Tuttlingen koste Geld, und das nicht zu knapp.

Wenn der Vorsitzende der Tuttlinger SPD-Kreistagsfraktion, Dieter Müller, betont, Spaichingen müsse das bekommen, was es leisten und erbringen könne, und dafür gute und tragfähige Angebote zu erarbeiten seien "auf der Grundlage von Expertisen unabhängiger und kompetenter Gutachter", und dies auch unter deutlicher Einbeziehung der handelnden Ärzte und der betroffenen Mitarbeiter, wird von dieser Seite aber auch wert auf die Feststellung gelegt, dass Landrat Stefan Bär und Klinikgesellschaft-Chef Sascha Sartor bei der Bekanntgabe der Schließungsüberlegungen Anfang Januar dies nach einer Abstimmung im Aufsichtsrat des Klinikums getan hätten. Es sei also keine einsame Entscheidung gewesen, daran seien – bis auf eine Ausnahme – alle Vertreter der Fraktionen im Aufsichtsrat beteiligt gewesen.

Laut dem vor einigen Wochen vorgestellten Schließungsplan sollen, wie berichtet, zuerst – bis Ende des Jahres 2019 – die Innere Medizin und die Altersmedizin nach Tuttlingen umziehen. Im Verlauf von vier, fünf Jahren auch die plastische Chirurgie und die konservative Orthopädie. Auf Dauer soll es demnach keine stationäre Versorgung mehr geben, wohl aber medizinische Angebote in hoher Qualität. Dabei solle versucht werden, die bestehenden ärztlichen Angebote über das medizinische Versorgungszentrum mit angestellten Ärzten und die selbstständigen Praxen zu stärken. Es soll keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Dass der Tuttlinger Kreistag am 7. März tatsächlich den Schließungsbeschluss fällen wird, wie zunächst angekündigt, muss aber angesichts des augenblicklichen, von vielen Emotionen beherrschten Stimmungsbilds bezweifelt werden.