Am Sonntag wird wieder an der Uhr gedreht – warum eigentlich? Foto: dpa

Am Sonntag wird die Uhr umgestellt – mittlerweile beschäftigen sich Parlamente mit dem halbjährlichen Hin und Her.

Stuttgart - In Deutschland gibt es nur noch wenige Menschen, die dem Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit etwas Positives abgewinnen können. In einer Forsa-Umfrage haben sich knapp drei Viertel aller Deutschen dafür ausgesprochen, die Zeitumstellung abzuschaffen. Sechzig Prozent plädieren dafür, die Sommerzeit dauerhaft einzuführen. Doch das lässt sich als EU-Mitglied nicht so ohne Weiteres umsetzen.

Es gibt kaum ein Argument für das Hin und Her. Strom wird jedenfalls nicht eingespart. Dabei war Energiesparen in den 70er und 80er Jahren das Hauptargument, die Sommerzeit einzuführen. Eine Studie der Universität Cambridge kommt sogar zu dem Ergebnis, dass sowohl der Stromverbrauch als auch der CO2-Ausstoß aufgrund der Zeitumstellung ansteigen. Vieles spricht dafür, zur Winterzeit zurückzukehren. Ebenso gibt es gute Argumente, die Uhren dauerhaft auf Sommerzeit zu stellen. Ob für die Gesundheit eine immerwährende Sommerzeit genauso gut wie die dauerhafte Winterzeit wäre, darüber gibt es jedoch keine Studien.

Der Mensch braucht morgens Licht als Taktgeber für die innere Uhr. Winterzeit ist die Standardzeit und entspricht daher am ehesten dem natürlichen Tag-Nacht-Wechsel. Für den Organismus ist die Winterzeit also gut: Wenn wir zu häufig im Dunkeln zur Schule oder zur Arbeit gehen, fehlt dem Körper ein wichtiges Signal. Ebenso wie der Körper am Abend erst nach Eintritt der Dunkelheit ausreichend Melatonin – das so wichtige Schlafhormon – bilden kann.

73 Länder haben die Sommerzeit wieder abgeschafft

Für körperliche Bewegung und sämtliche Aktivitäten im Freien wäre dagegen eine dauerhafte Sommerzeit von Vorteil. Denn die frühen Abendstunden sind es, die bei den meisten Berufstätigen und Familien dafür infrage kommen. In neun Ländern wurden mehr als 23 000 Kinder untersucht. Das Ergebnis: Wenn es abends länger hell ist, bewegen sich und spielen Kinder vor allem in Europa und in Australien deutlich mehr. Wie sich die Zeitumstellung auf die schulischen Leistungen auswirkt, haben Forscher im US-Bundesstaat Indiana untersucht. Bis zum Jahr 2006 gab es dort Regionen mit und ohne Zeitumstellung, die Schüler in den Regionen ohne Zeitumstellung hatten die deutlich besseren Noten.

Weltweit haben mittlerweile 73 Länder die Sommerzeit wieder abgeschafft, auch im britischen Parlament wird darüber diskutiert. Nach dem Brexit kann sich Großbritannien dann ohne Genehmigung der EU frei entscheiden. Die gemeinsame Zeitumstellung aller EU-Staaten gilt seit 2001. Die Begründung lautete, der EU-Binnenmarkt solle nicht behindert werden. Im Februar wurde das Thema „Abschaffung der Sommerzeit“ zum wiederholten Male im EU-Parlament diskutiert. Weil sich für die sofortige Abschaffung keine Mehrheit fand, soll sich die EU-Kommission nun mit den Vor- und Nachteilen befassen und eine Bewertung vorlegen. Am Ende könnte tatsächlich die Abschaffung der Zeitumstellung stehen.

Wenn die Menschen am kommenden Montag wieder klagen, dass sie unter der Zeitumstellung leiden, dann jammern sie nicht ohne Grund. Zahlreiche Studien belegen, dass die verlorene Stunde im Frühjahr teils schwerwiegende gesundheitliche Folgen hat. Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und psychische Probleme wegen Schlafmangels zählen zu den häufigsten medizinischen Begleiterscheinungen der Umstellung. Die Anzahl der Herzinfarkte steigt regelmäßig. Die Krankenkasse DAK registrierte bis zu 25 Prozent mehr Herzanfälle in der Woche nach dem Beginn der Sommerzeit. Ebenso steigt die Zahl der Verkehrsunfälle – insbesondere die von Wildunfällen in der Morgendämmerung.