Das Sommerskispringen ist der jährliche Höhepunkt im Adler-Skistadion von Hinterzarten.Künftig will die Gemeinde ihre Schanze mehr touristisch nutzen. Foto: dpa

Die Sprungschanzen im Schwarzwald kosten Geld, viel Geld. In Hinterzarten hat man jetzt mit Müh und Not eine Million Euro für einen neuen Lift zusammengekratzt. Dennoch halten die Verantwortlichen am Skispringen im Hochschwarzwald fest.

Hinterzarten/Titisee-Neustadt - Hinterzarten/Titisee-Neustadt - Am vergangenen Wochenende machte mal wieder der Weltcup Station im Hochschwarzwald: Frauen-Skispringen in Hinterzarten. Auch wenn das Zuschauerinteresse überschaubar war und die Kosten für das Event die Einnahmen wahrscheinlich bei weitem übersteigen, machten die Veranstalter rundum zufriedene Gesichter. Was sie so erfreute: Die Finanzierung für die neue Aufstiegshilfe ist endlich gesichert.

Der alte Sessellift, der die Athleten auf den Turm befördert, muss ausrangiert werden. Ende dieses Jahres erlischt die Erlaubnis für die 1983 in Betrieb gegangene Anlage. Mit jedem Seilbahn-Unfall wuchsen die Auflagen – jetzt ist die Zeit für den alten Sessel gekommen.

Die klapprige Einer-Umlaufbahn wird zum kommenden Winter durch den Mercedes unter den Liften ersetzt – den Wieli, eine Art Treppenlift für Skispringer. Beim Preis für die Anlage hielten nicht wenige im Hinterzartener Gemeinderat die Luft an: eine Million Euro. Nach langem Hin und Her ist das Geld aber beisammen: 450.000 Euro übernimmt das Land aus seinen Leistungssportmitteln, 350.000 Euro gewährt der Bund, je 100.,000 steuern der Landkreis und die Gemeinde selbst bei.

Die sich dabei bis zur Decke strecken musste, wie Bürgermeister Klaus-Michael Tatsch einräumt. „Aber ohne Aufstiegshilfe funktioniert der ganze Stützpunkt nicht.“ Neben Oberstdorf, Oberhof und Klingenthal ist Hinterzarten einer von vier deutschen Skisprung-Standorten, an denen der Nachwuchs seine ersten Sprungversuche unternimmt – mit Martin Schmitt und Sven Hannawald als prominentesten Beispielen. Darüber hinaus ist Hinterzarten Teil des Olympiastützpunkts Freiburg und des Ski-Internats Furtwangen. Auch ausländische Athleten nutzen die Schanze regelmäßig zum Training.

„Auf Dauer ist das nicht machbar“

Die hohen Kosten des neuen Lifts rechtfertigt der Bürgermeister mit zusätzlichen touristischen Ambitionen. Der Wieli könne neben den Athleten künftig auch interessierte Besucher auf den Turm der 108-Meter-Anlage befördern. Die Schanze als Touristen-Attraktion im 2600-Einwohner-Örtchen. „Eine Million Euro ist eine Menge Geld. Aber wir sind sicher, es rentiert sich“, sagt Tatsch. Zumal man jetzt „die nächsten 30 Jahre Ruhe hat“. Hinter diesen Punkt setzt die Landesregierung allerdings ein dickes Fragezeichen. Forderungen der CDU nach zusätzlichen Fördermitteln aus dem Touristik-Topf erteilte Grün-Rot eine Absage. Die Regierung attestiert dem Schanzensport außerhalb des Schwarzwalds nur eine „begrenzte touristische Bedeutung“.

Dabei ist der Lift nur ein Kostenpunkt von vielen. Insgesamt steckt die Gemeinde jedes Jahr 120 000 Euro in den Erhalt des Adler-Skistadions mit den vier Sprunganlagen. Ohne Abschreibung, sonst wären die Kosten noch höher. Jetzt musste Bürgermeister Tatsch sogar einen jährlichen Betriebskostenzuschuss beim Deutschen Skiverband (DSV) in Höhe von 25 000 Euro beantragen. Nur dank des außerordentlichen ehrenamtlichen Engagements im örtlichen Skiclub ist der Ganzjahresbetrieb überhaupt zu leisten.

„Auf Dauer ist das aber nicht machbar“, hat das 2010 gewählte Gemeinde-Oberhaupt erkannt. Künftig soll die Organisation professioneller werden. Doch auch das kostet Geld. Tatsch schwebt eine engere Kooperation mit Titisee-Neustadt vor, dem zweiten großen Schanzen-Standort im Schwarzwald. Der Schultes spricht von Synergien und gemeinsamer Vermarktung. Das Ziel: Den Hochschwarzwald nicht nur für die Schwarzwaldklinik und weite Täler bekannt zu machen, sondern auch als Wiege des Skisprung-Sports in Deutschland.

Immerhin: Titisee-Neustadt bekommt wieder ein Weltcup-Springen

Was Hinterzarten mit dem neuen Lift anstrebt, hat allerdings Titisee-Neustadt schon nicht geschafft. Seit dem letzten Weltcup-Springen im Jahr 2007 versucht die klamme Kommune relativ verzweifelt, Leben in die riesige Hochfirst-Schanze zu bringen. Zuletzt fand ein Schlittenrennen für Kinder statt; sommers musste der Auslauf auch schon für die Operette „Schwarzwaldmädel“ herhalten. Immerhin: Im kommenden Dezember findet nach sechs Jahren mal wieder ein Weltcup-Springen der Männer statt – allerdings einmalig und ohne Garantie für weitere Jahre.

Kritiker wie Reiner Ehret sehen den Pleitegeier schon lange auf dem Schanzentisch sitzen. „In Titisee-Neustadt wurde viel Geld verpulvert“, klagt der Vorsitzende des Landesnaturschutzverbands. Er glaubt nicht, dass die Schanze eine Zukunft hat, allein schon aus Gründen des Klimawandels und der milderen Winter im Schwarzwald. „Je früher sie das erkennen, umso besser.“ Hinterzarten hat in seinen Augen hingegen Berechtigung, zumindest als Standort für den Leistungssport. Große Touristenströme erwartet er aber auch hier nicht – Treppenlift Wieli hin oder her.