Die viel befahrene B 295 wird oft zur Raserstrecke. Foto: Fritsch

Tod eines Radfahrers auf der B 295. Diskussion über Unfallschwerpunkt flammt erneut auf.

Simmozheim - Der tragische Verkehrsunfall auf der B 295 bei Simmozheim, bei dem am Ostermontag ein 80-jähriger Radfahrer ums Leben kam, hat die Diskussion um die dortige Verkehrssituation wieder aufflammen lassen. Der Unfallschwerpunkt beschäftigt jetzt erneut Gemeindeverwaltung und Landratsamt.

Gefahr, Stress, Ärger, zu viele Tote, zu viele Verletzte, zu viele Unfälle – so denken offenbar Simmozheimer und Auswärtige, die häufiger auf dem Abschnitt der B  295 unterwegs sind, über die Strecke. Zu den Stoßzeiten herrscht auf dem Abschnitt der B 295 von und nach Weil der Stadt nicht nur dichter Verkehr. Die gut ausgebaute Bundesstraße verleitet dazu, Gas zu geben, 80er-Tempolimit hin oder her. Mulmig wird da vielen, die von Simmozheim aus auf die B 295 einfahren wollen, vor allem, wenn es nach links Richtung Kepler-Stadt gehen soll.

Schuldige sind schnell gefunden

Immer wieder kommt es auf dem Streckenabschnitt oder direkt an den Ein- und Ausfahrten nahe der Gäugemeinde zu schweren Unfällen. So wie am Ostermontag, als gegen 10.45 Uhr ein 80-jähriger E-Bike-Fahrer tragisch verunglückte. Der Mann näherte sich von einem Feldweg und wollte zu Fuß mit seinem Rad die Bundesstraße zwischen Simmozheim und Weil der Stadt überqueren. Dabei übersah er eine von links aus Richtung Simmozheim herannahende Autofahrerin. Obwohl die Frau noch auszuweichen versuchte, wurde der Mann frontal erfasst. Der 80-Jährige erlitt so schwere Verletzungen, dass er trotz Wiederbelebungsversuchen an der Unfallstelle starb.

Schnell kochen durch solche schrecklichen Geschehnisse die Emotionen hoch und die Schuldigen für diese Gefahrenstelle sowie die damit verbundenen Konsequenzen sind schnell gefunden: Gemeindeverwaltung und Landratsamt wird Untätigkeit vorgeworfen. "Kümmert Euch endlich um diese Raserstrecke. All diese Unfälle haben einen Grund: Es wird zu schnell gefahren. Und das auch noch sinnlos, weil unten bei Weil der Stadt oder später in Hengstett stehen eh alle wieder im Stau. Bei dem schnellen Tempo und dem heutigen Verkehrsaufkommen (Berufsverkehr und feiertags) hat man phasenweise keine Chance, die Fahrbahn lebend zu überqueren, sowohl als einmündender Autofahrer als auch als überquerender Fußgänger", kommentierte eine Leserin unlängst auf der Homepage des Schwarzwälder Boten. "Verkehrsüberwachungen sind selten und haben nicht dazu geführt, dass vorsichtiger gefahren wird. Sogar auf den Kreuzungen wird überholt und gerast. Ein Tempolimit von 60 Stundenkilometer wäre das mindeste für eine Entschärfung. Aber am nötigsten ist endlich der Bau eines Kreisverkehrs. Für den wartenden Simmozheimer kann die Einfahrt in die B 295 zur tödlichen Seitencrash-Gefahr werden. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis weitere schlimme Unfälle passieren. Seitens Gemeindeverwaltung scheint es aber keinerlei Bemühungen zu geben, hier für Sicherheit zu sorgen", schreibt ein weiterer Leser.

Von Untätigkeit kann aus Sicht der Simmozheimer Gemeindeverwaltung keine Rede sein, eher von undifferenzierten, unwissenden und teilweise verletzenden Kommentaren. "Natürlich machen uns die schweren Unfälle auf der B 295 in den letzten Jahren große Sorgen. Auch wenn die Gemeinde für die Bundesstraße keine Zuständigkeit hat und selbst keine Regelungen treffen kann, stehen wir hierzu selbstverständlich im regelmäßigen Kontakt mit der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Calw und haben dort auch schon verschiedene Vorschläge eingebracht", äußert sich der Simmozheimer Rathauschef auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Zuletzt habe man dies am Tag nach dem tödlichen Verkehrsunfall getan. Diese Vorschläge würden auch sorgfältig und verantwortungsvoll geprüft. Dazu gebe es eine Unfallstatistik, in der die Unfallursachen in jedem Einzelfall sehr genau festgehalten würden, um daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen. "Pauschalurteile helfen hier nicht weiter", betont Feigl.

Auf Gemarkung Simmozheim würden vier kreuzungsfreie Übergänge an der B 295 für Radfahrer und Fußgänger zur Verfügung stehen (zwei Unterführungen und zwei Überführungen). Die ausgeschilderten Radwege würden an diesen Stellen über die B  295 beziehungsweise unter der Straße hindurch führen. Aus Richtung Weil der Stadt kommend stehe ein großes Hinweisschild "Neuer Radweg mit gefahrloser Unterquerung der B 295" und Rechtspfeil. Das gleiche Schild habe man von Simmozheim kommend aufgestellt, auch dieses lotse zur Unterführung.

"Trotzdem wollen wir nun auch noch auf der südlichen Seite der Straßenquerung, an der der Unfall passiert ist, eine weitere Tafel aufstellen. Wir können aber letztlich niemanden zwingen, die sicheren Übergänge auch zu nutzen", betont der Verwaltungschef. Man müsse mit diesem Thema verantwortungsvoll umgehen und gemeinsam versuchen, Gefahrenpotenziale durch geeignete Maßnahmen zu minimieren. "Dabei werden wir die Straßenverkehrsbehörde, soweit es uns möglich ist, auch zukünftig unterstützen."

Im Simmozheimer Rathaus hätten sich wegen der Unfälle bisher keine Einwohner gemeldet – weder persönlich noch in unangebrachtem Tonfall. "Im Rahmen unserer Bürgerveranstaltungen im letzten Jahr kann ich mich an eine sehr sachliche Nachfrage zur Möglichkeit eines Kreisverkehrs an der B  295 erinnern, weil gerade in den Stoßzeiten ein Abbiegen in/aus der B 295 mit Wartezeiten verbunden sein kann", so der Bürgermeister. Den Bau eines Kreisels an der unfallträchtigen Stelle schloss des Landratsamt in einer offiziellen Stellungnahme jedoch aus (siehe zweite Seite)

Jeder einzelne Unfall genau unter der Lupe

Simmozheim - Was besagt die Statistik zum Unfallschwerpunkt auf der B 295 bei Simmozheim? Und was ist aus Sicht des Landkreises Calw unbedingt notwendig, um die unfallträchtige Stelle zu entschärfen? Diese Fragen beantwortete Anja Härtel, Pressesprecherin des Landratsamts.

Die Straßenverkehrsbehörde des Landratsamts habe die B  295 als Umfahrung von Simmozheim seit einiger Zeit im Fokus und stehe mit der Gemeinde, dem Polizeipräsidium Karlsruhe und dem Straßenbaulastträger in Austausch, um geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Gefahrenpotenziale im Bereich zwischen Weil der Stadt sowie Althengstett auf Gemarkung Simmozheim zu untersuchen.

"An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass sachlich betrachtet die Örtlichkeit wie auch die Charakteristik jedes Unfalls zu bewerten ist. Bezug nehmend auf die beiden jüngsten Unfälle ist festzuhalten, dass diese weder vom Ort noch vom Hergang des Unfallgeschehens in Zusammenhang mit den Einmündungssituationen von beziehungsweise nach Simmozheim stehen", so Härtel. Beide Unfälle hätten sich mehrere hundert Meter bis mehrere Kilometer von der Zufahrt Ost (Weil der Städter Straße) entfernt und entsprächen vom Ablauf her nicht den Vorfahrtsunfällen, welche sich in der Vergangenheit im Bereich der Einmündungen (vor allem Zufahrt Ost, Weil der Städter Straße) ereignet haben.

Die Auswertung

Zuletzt hat die Straßenverkehrsbehörde mit der Prüfung einer weitergehenden Geschwindigkeitsbeschränkung auf der B 295 im Bereich der beiden Einmündungen von und nach Simmozheim auf Tempo 70 im März 2018 eine ausführliche Erhebung der Verkehrssituation insbesondere in Hinblick auf die Unfälle an der Zufahrt Ost, der Weil der Städter Straße, in die B 295 durchgeführt. "Hierbei wurde auch die Unfallauswertung der Polizei vom 1. Januar 2012 bis zum 18. Januar 2018 berücksichtigt. Diese ergab zwölf Verkehrsunfälle, davon acht mit Personenschaden mit fünf schwer- und zehn leichtverletzten Personen", teilt die Sprecherin der Kreisbehörde weiter mit. Die Unfälle hätten sich in einen Fahrunfall (alleinbeteiligt) und elf Vorfahrtsunfälle gegliedert. Bei allen zwölf Unfällen seien ausnahmslos Autos beteiligt gewesen. Bei allen elf Vorfahrtsunfällen hätten die wartepflichtigen Fahrzeuglenker von der Weil der Städter Straße kommend nach links in die B 295 Richtung Weil der Stadt einbiegen wollen. Das vorfahrtsberechtigte Fahrzeug sei bei allen Unfällen von links aus Richtung Weil der Stadt gekommen. "Wenn auch in der Vergangenheit bereits des Öfteren auf der B 295 nicht angepasste Geschwindigkeiten beziehungsweise zum Teil auch deutliche Geschwindigkeitsüberschreitungen festgestellt werden mussten, gab es bei keinem der elf Vorfahrtsunfälle eine unmittelbare Feststellung zu Geschwindigkeitsverstößen als Unfallursache", heißt es aus dem Landratsamt.

Die Unfallverursacher seien überwiegend ortskundig gewesen und die Unfälle hätten sich nicht nur zu verkehrsstarken Zeiten ereignet. Die geforderten Anhaltesichtweiten bei einer zulässigen Geschwindigkeit von Tempo 80 seien vorhanden. Zudem habe der Straßenbaulastträger bestätigt, dass im Zuge der Umfahrung Simmozheim die Einmündung der Gemeindestraße an die B  295 regelkonform ausgebaut wurde. Auch die Sichtweiten an dieser Einmündung seien eingehalten. "Vielmehr scheint der Grund für die Vorfahrtsverletzungen zu sein – auch wenn so nicht klar aus der Durchsicht der jeweiligen Unfallhergänge ersichtlich –, dass die bestehenden Regelungen (Stopp-Stelle), sei es nun wissentlich oder aufgrund von Aufmerksamkeitsdefiziten, nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt werden", so Härtel.

Das Verkehrsaufkommen

Die bereits damals angestellten Überlegungen, den Unfallschwerpunkt mit dem Bau eines Kreisverkehrs zu entschärfen, seien aus mehreren Gründen nicht zu realisieren – "insbesondere weil ein deutliches Missverhältnis zwischen dem Verkehrsaufkommen auf der B 295 und dem auf der in die B 295 einfahrende Gemeindestraße besteht". Bei Betrachtung der Ergebnisse der in diesem Bereich bisher erfolgten Geschwindigkeitsmessungen müsse davon ausgegangen werden, dass weitere geschwindigkeitsregulierende Maßnahmen keine Akzeptanz finden würden. Vielmehr sei verstärkt zu kontrollieren, ob das jetzige Limit eingehalten werde.

Die Verbesserungsansätze

In Folge der jüngsten tragischen Ereignisse sei die Gemeinde Simmozheim zuletzt am 24. April mit Anträgen auf Geschwindigkeitsbegrenzungen und stationäre Geschwindigkeitskontrollen auf die Straßenverkehrsbehörde des Landratsamts zugegangen, nachdem bereits 2018 ein Austausch stattgefunden habe. "Konkret wurde angeregt, im Bereich der beiden Ein-/ Ausfahrten der B 295 von und nach Simmozheim eine Geschwindigkeitsbegrenzung von Tempo 80 auf Tempo 60 sowie im weiteren Verlauf der B 295 sowohl in Richtung Weil der Stadt als auch in Richtung Kreisverkehr Althengstett eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf Tempo 80 und ein Überholverbot vorzusehen", erläutert die Sprecherin.

Die Straßenverkehrsbehörde werde die Anregungen der Gemeinde im Rahmen einer erneuten Anhörung und aktuellen Erhebung von Verkehrsunfalldaten – auch für die Abschnitte außerhalb der Einmündungen von Simmozheim – an die Straßenbauabteilung des Landratsamts Calw und das Polizeipräsidium Karlsruhe weiterleiten. Die Entscheidung über die Durchführung einer weiteren Verkehrsschau der Unfallkommission sowie über die zu ergreifenden Maßnahmen, werde auf Basis der dann vorliegenden Daten getroffen. Parallel dazu sei der Messdienst des Landratsamts Calw bereits mit verstärkten Kontrollen im entsprechenden Bereich beauftragt worden.

"Die schweren Unfälle auf der B 295 haben uns sehr betroffen gemacht haben. Den Angehörigen des Verstorbenen (Unfall am 22. April) gilt unser tiefes Mitgefühl, dem schwer verletzten Motorradfahrer (Unfall am 20. April) wünschen wir eine baldige und vollständige Genesung", so Härtel.