In 18 Monaten soll alles fertig sein. Doch schon jetzt leben drei Alpakas im Außenbereich. Foto: Günther Wallburg

Das Wohnprojekt in Sommenhardt nimmt Fahrt auf. 18 Einheiten sollen entstehen – und im Außenbereich ein kleiner Bauernhof. Drei Alpakas sind schon in ihr neues Heim gezogen.

Der Baufortschritt beim früheren Gasthof Löwen und das dahinter liegende Konzept hat am Samstagnachmittag in Sommenhardt viele Menschen beeindruckt. Das Hauptgebäude ist komplett entkernt, die künftigen Raumabtrennungen sind bereits gesetzt und die Hauptinstallationen im Gebäude ist gelegt. Es geht also planmäßig voran. Bereits Anfang Mai kommenden Jahres soll dort eine Seniorenwohngemeinschaft mit angeschlossenem ambulanten Pflegedienst unterkommen und zusammen mit Alpakas, Hühnern, Hund sowie einem Hofladen bauernhofähnlich seinen Familienbetrieb aufnehmen.

Bis auf eine alte Bierwerbung im Außenbereich deutet inzwischen nichts mehr auf die einstige Dorfgaststätte an der Calwer Straße 20 in Sommenhardt hin, dem elterlichen Haus von Dorothee Schuon aus Haiterbach, Bauherrin des Gesamtprojekts. 18 barrierefreie Wohneinheiten mit Gemeinschaftsräumen und eine Wohnung für drei Personen sollen dort mit im Außenbereich angebautem Aufzug bereits in acht Monaten bezugsfertig sein. Insgesamt werden dort also 21 Menschen eine neue Heimat finden. 

Kooperation zwischen Pflege und Landwirtschaft Zusammen mit dem Initiator und Gründer des Betreuungskonzeptes „Zukunft Pflegebauernhof“ Guido Pusch führten beide die unerwartet hohe Zahl an interessierten Bürgern und Nachbarn durch alle Räume und Außenbereiche der Baustelle, wo bereits drei Alpakas vom Alpakahof Beinberg den Gästen einen Vorgeschmack auf die künftige Kooperation zwischen Pflege und Landwirtschaft gaben. Doch die Tiere waren nur am Samstag dort und leben bis zum Einzug der Bewohner noch auf dem Alpakahof.

„Arbeitstage in Bauernhof-WGs bieten neue Rahmenbedingungen in der Pflege, denn Pflegebauernhöfe sind familiär, binden Tiere mit ein und setzen auf Aktivierung motorischer und kognitiver Fähigkeiten“, verspricht Pusch, der inzwischen mit zwölf ähnlich konzipierten Höfen in sechs verschiedenen Bundesländern darüber viel Wissen und Erfahrung gesammelt hat.

Neuer Geschäftszweig Seit 2010 betreibt er selbst einen derartigen Pflegebauernhof auf seinem 250 Jahre alten großelterlichen Betrieb in Marienrachdorf im schönen Westerwald. Der Hof wurde seinerzeit im Nebenerwerb betrieben, wie er erklärt, und aus der Familie heraus bestand die Notwendigkeit und gleichzeitig auch der Wunsch, den Hof zu einer Senioren-Wohngemeinschaft mit ambulanter Betreuung und Pflege umzugestalten. So entstand der erste Pionierbetrieb. Inzwischen ist ein neuer und sehr bedeutender Geschäftszweig aus der Idee entstanden.

Initiative berät interessierte Höfe

Im Bereich der sozialen Landwirtschaft berät seine Initiative – die mit fünf weiteren innovativen Projekten, die in Deutschland nachhaltiges Unternehmen und vor einem Jahr gar Finalist in der Kategorie „Local Heroes“ wurden – interessierte Höfe oder ähnliche Einrichtungen wie in Sommenhardt den umfunktionierten „Löwen“ auf dem Weg hin zu einem Pflegebauernhof, einer ambulant betreuten Wohngemeinschaft. Als Start-up, gegründet 2019, habe sich seine Initiative auf die ambulante Pflege auf Bauernhöfen spezialisiert und wird auch in Sommenhardt mit einer Niederlassung vor Ort, die bereits gefunden wurde, eine bestmögliche Betreuung und Pflege der Bewohner sicherstellen, so Pusch.

Frische Eier für den Dorfladen Neben drei Alpakas und einem Hund zur Beschäftigungstherapie sollen auch 60 bis 70 Hühner einen Dorfladen, welcher ebenfalls im Gebäude untergebracht werden wird, mit frischen Eiern versorgen. Gewisse Bedenken aus der Nachbarschaft zu den vielen Tieren scheinen bis heute nicht gänzlich ausgeräumt zu sein.

Auflagen für die Tierhaltung Das Landratsamt hat daher auch Auflagen erteilt. So wird lediglich die Haltung von maximal drei Alpakas erlaubt. Diese dürfen auch nur einmal pro Woche den Freilauf direkt an der ehemaligen Gaststätte nutzen. Die anderen sechs Tage müssen sie – bei Bedarf – auf eine Grünfläche zwischen Zavelstein und Sommenhardt ausgesiedelt werden. Diese soll letztendlich auch als Standort für den mobilen Hühnerstall der Seniorenwohngemeinschaft genutzt werden.

Bis zum geplanten Start des Pflegebauernhofes im Mai, so die Bauherrin und die Betreibergesellschaft der ambulanten Pflege, müsse zwar noch einiges getan werden, aber beide sind sehr zuversichtlich, dass termingerecht eröffnet wird und alle zufrieden sein werden.

Viele Anfragen Dass Pflege und Landwirtschaft für viele, die eine betreute Pflegewohngemeinschaft einem klassischen Alten- und Pflegeheim vorziehen, eine echte Alternative sein kann, bestätigen die vielen Interessenten jeglichen Alters vor Ort durch ihre konkreten Fragestellungen. Mit „Bauernhof, statt Alleinsein“ wirbt die „Zukunft Pflegebauernhof“ für ihre alternative Wohnform.

Zukunftsperspektive nicht nur für kleine Betriebe

Dass in der sozialen Landwirtschaft und ebenso artverwandten Einrichtungen dieses Konzept nicht nur kleinen Betrieben, die umstellen möchten, eine Zukunftsperspektive ermöglicht, sondern gleichfalls auch den Menschen, die gemeinsam und selbstbestimmt in ihrer gewohnten Umgebung alt werden möchten, zeigen die vielen schriftlichen Anfragen, erläutert Dorothee Schuon. Für sie stellt sich ganz offensichtlich nicht die Frage, ob sie die Zimmer vermietet bekommt, sondern wem sie dann zuletzt den Zuschlag geben wird.