So manche Schafherden bleiben jetzt nachts im Stall. Jungtiere haben großen Radius.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Manch eine Schafherde, die früher auf den Weiden im Kreis graste, bleibt jetzt nachts im Stall. Die Wölfe sind auf dem Vormarsch in Baden-Württemberg. Auch im Kreis wurden zwei Exemplare gesichtet. Weidetierhalter schlagen Alarm.

Trotz der Versicherung von Forstfachleuten, dass die Raubtiere vor allem Rehe im Wald töten würden, wurden Schafe mehrmals Opfer. Schauerlich klingt die Geschichte aus Bad Wildbad, wo ein Wolf 44 Schafe gerissen oder in den Tod, beziehungsweise den Fluss getrieben haben soll.

Landnutzerverbände fordern jetzt, dass die Wolfspolitik des Landes zugunsten der Weidetierhalter ausgerichtet wird. Ihre mögliche Haftung für die Folgen von durch Wolfsangriffe verursachten Ausbrüchen sei das mit Abstand größte Risiko für die Weidetierhaltung. Wenn in ökologisch wertvollen Räumen gar keine Präventionsmaßahmen möglich seien, dann müssten dort Weidetierschutzzonen eingerichtet werden. In diesen Gebieten müsse eine unbürokratische "Entnahme" von Wölfen trotz Artenschutz möglich sein, meinen die Verbände.

Zwei Sichtungen im Kreis

Die beiden Wölfe, die im Kreis gesichtet wurden, richteten allerdings wohl keinen Schaden unter Nutztieren an. Vor zwei Jahren filmte eine Privatperson ein verletztes Tier in Bad Dürrheim. Dieses wurde danach noch bei Hüfingen und Donaueschingen gesehen. Reinhold Mayer, Dezernent für den ländlichen Raum im Schwarzwald-Baar-Kreis, wertete die Wolfssichtung damals als Indiz, dass das Naturschutzgroßprojekt Baar notwendig sei. Denn das Projekt soll grüne Korridore für Wildtiere schaffen.

Weihnachten 2017 begegneten Urlauber einem Wolf bei Vöhrenbach, der sie interessiert ansah und dann verschwand. Mehr passierte nicht. Anderswo riss das Raubtier Schafe oder Ziegen. Schafherden müssten eingezäunt, tagsüber kontrolliert und nachts eingepfercht werden, sagte Reinhold Mayer. Gut gemachter Schutz sei wichtig. Gehege müssten unter Umständen nachgerüstet werden. Wölfe könnten über größere Zäune springen. "Jetzt ist jeder sensibilisiert", meint der Dezernent. Die Landesnaturverbände erwarten jetzt aber eine "rechtlich umfassende" Befreiung der Halter von ihrem Haftungsrisiko. Zudem fordern die Verbände die Aufnahme des Wolfs in das Jagd - und Wildtiermanagementgesetz. Da die Tierhaltung häufig im Nebenerwerb betrieben werde, könnten die Herdenschutzstandards nicht eingehalten werden.

Tiere haben großen Radius

Die in Baden-Württemberg gesichteten Wölfe stammen aus unterschiedlichen Rudeln, mal aus Norddeutschland, mal aus Italien oder der Schweiz. Die Tiere hätten einen sehr großen Radius, berichtet Reinhold Mayer. Es sind Jungtiere, die einen neuen Lebensraum suchen müssen. "Die Tiere wandern unter Umständen sehr weite Strecken am Tag. 30, 40 Kilometer sind keine Entfernung für einen Wolf." Es wurde vermutet, dass die Großraubtiere aufgrund des Autoverkehrs in den dicht besiedelten Gebieten nicht heimisch werden.

Und was wenn doch? Die Frage ist, wie es weitergeht, wenn die Jungtiere "Familien" gründen. Wird es so, wie in den alten Erzählungen, beispielsweise von Selma Lagerlöf, wo Rudel Menschen jagen? Oder findet das "Wolfsmanagement" des Landes beim Innenministerium mit der Weidetierhaltung verträgliche Lösungen?