Die Angeklagten haben kiloweise Marihuana unter das Volk gebracht. Foto: Stratenschulte

Aufgrund wichtiger Angaben zur Bande seines Onkels kommt 31-Jähriger mit Bewährungsstrafe davon.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Zwei Angeklagte aus dem Kreisgebiet wurden im Rahmen des Prozesses gegen eine Drogenbande mit möglichen Verbindungen zur Mafia verurteilt. Die 31- und 35-jährigen Männer hatten mit mehreren Kilo Marihuana gehandelt.

Mit zittriger Stimme führt der 31-Jährige aus Niedereschach die letzten Worte vor der Beratung der Kammer aus und entschuldigt sich für seine Taten: "Ich bereue sehr, dass ich damit vielen Menschen weh getan habe." Gemeint ist damit sicherlich auch die Frau des Angeklagten, die mit Tränen in den Augen in den Zuschauerreihen sitzt und das gemeinsame, fast einjährige Kind auf dem Arm hat.

Dank seiner Angaben zeichnet sich beim Prozess ab, dass A. dick ins Geschäft mit dem Rauschgift involviert war – das Bild des "unbescholtenen Pizzabäckers", welches der Gastronom am Anfang des Prozesses von sich gezeichnet hatte, verblasst demnach zunehmend. Selbst Verbindungen zur Mafia, die bislang bestritten wurden, seien im Zuge der Telefonüberwachung zumindest vage erkennbar geworden.

Haben die Anwälte extra dick abgesahnt?

"Sie sind nicht der klassische Dealer", führt auch der Vorsitzende Richter Arno Hornstein aus, nachdem er den Familienvater zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe wegen seiner illegalen Drogengeschäfte verurteilt hat. Bei dem 31-Jährigen handelt es sich aber nicht um irgendeinen Angeklagten im Rahmen des Mammutprozesses vor dem Landgericht Konstanz, das die kriminellen Machenschaften der Drogenbande der insgesamt zwölf Beschuldigten mit italienischen Wurzeln beleuchtet – nein, verurteilt wurde am Dienstag in einem abgetrennten Verfahren der Neffe von Placido A.

Der 53-Jährige Gastronom aus Tuningen, der Restaurants in Rottweil und Villingen-Schwenningen betrieben hatte, gilt als einer der Köpfe der Bande, die ihre Drogen meist aus Italien bezog und dabei auch Kontakte zur Mafia geknüpft haben soll. Ausgerechnet der Neffe war einer derjenigen im Rahmen des Prozesses, der die Anschuldigungen gegen seinen Onkel bekräftigt, damit zur Aufklärung der Taten beigetragen hatte und sich gleichzeitig geständig zeigte. "Er hat seine Familie ans Messer geliefert", führte seine Anwältin in ihrem Plädoyer aus.

19 Kilo Marihuana unters Volk gebracht

Ein Umstand, den sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Gericht ihm hoch anrechnete. Trotz der 19 Kilo an Marihuana und damit knapp 100.000 Konsumeinheiten, die der Ex-Drogenhändler unters Volk gebracht haben soll, beließ es die Kammer Bezug nehmend auf die Kronzeugenregelung bei einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Insbesondere aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten habe sich der 31-Jährige auf die Drogengeschäfte des Onkels eingelassen, aber sich dann sogar selbstständig wieder davon abgewendet. Teuer zu stehen kommt ihn das dunkle Kapitel in seinem Leben aber auf alle Fälle: So wird der Wert der gedealten Drogen, knapp 42.000 Euro, eingezogen.

Pikante Randnotiz des abgetrennten Verfahrens: Die Staatsanwaltschaft warf der Verteidigung des 31-Jährigen vor, die Verurteilung trotz des Geständnisses des Angeklagten verzögert zu haben. "So eine Verteidigung ist mir noch nicht untergekommen", polterte Staatsanwalt Joachim Speiermann in Richtung des Verteidigers. So hätte das Verfahren gegen den 31-jährigen Neffen des mutmaßlichen Bandenanführers Placido A. bereits im November beendet werden können – schließlich habe sich der Familienvater geständig gezeigt und sogar Angaben zu den Taten seines Onkels gemacht. Statt jedoch auf das Angebot einer Bewährungsstrafe seitens der Staatsanwaltschaft einzugehen, habe die Verteidigung das Verfahren mit zahlreichen Widersprüchen gegen die Vernehmungen der Kriminalbeamten und dem Anraten, sich zu den Taten vor Gericht nicht zu äußern, verzögert. 30 Verhandlungstage länger als notwendig sei der Angeklagte deshalb Teil des Prozesses gewesen – was laut Staatsanwalt zusätzliche Anwaltskosten in Höhe von knapp 30.000 Euro verursacht hätte. Speiermann sprach sogar von zivilrechtlicher Haftung des Verteidigers.

Beim zweiten Angeklagten, der ebenfalls getrennt vom Mammutprozess verurteilt wurde, standen viel mehr der Eigenkonsum und seine Abhängigkeit von den Betäubungsmitteln als Grund für die Rauschgift-Deals im Raum. Der 35-Jährige, der zuletzt in Triberg wohnte, gab zu, insgesamt zwei Kilogramm Marihuana verkauft zu haben, wobei er auch als Depothalter für eine 10-Kilogramm-Lieferung der Droge fungierte. Diese hatte er in Unterkirnach, seinem früheren Wohnort, deponiert. Kapital habe er aus den Geschäften keins geschlagen, beteuerte er – die Erlöse der auf Kommission durchgeführten Verkäufe habe er nie erhalten.

Zweiter Angeklagter zu Haftstrafe verurteilt

In seiner Verwandtschaft habe er sich deshalb Geld beschafft, um seine Lieferanten der mutmaßlichen Drogenbande zu besänftigen. Diese hätten Druck auf den 35-jährigen Kellner ausgeübt, sodass er auch Angst um das Leben seiner Familie hatte. Aus der Telefonüberwachung war laut Staatsanwaltschaft gar zu vernehmen, dass man überlege, den Drogenhändler umzubringen – so wie es die Mafia in Italien in solchen Fällen machen würde. Während die Staatsanwaltschaft nach einem Teilgeständnis eine dreieinhalbjährige Haftstrafe forderte, verurteilte ihn das Gericht zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und neun Monaten – ohne Bewährung.

Hinsichtlich eines ebenfalls vorgeworfenen Zwei-Kilo-Deals hatte das Gericht aufgrund von Zweifeln für den Angeklagten entschieden und ihn in dieser Sache freigesprochen. Aber der Vorsitzende Richter Arno Hornstein machte ebenfalls deutlich: "Eine Bewährung ist utopisch." Das hinge mit der Menge zusammen, aber auch mit der Tatsache, dass er nicht zur Aufklärung beitragen konnte.

Nun bleiben noch sechs weitere Angeklagte übrig – darunter auch die beiden mutmaßlichen Köpfe der Gruppierung, denen neben dem bandenmäßigen Handel mit Drogen auch ein Mordversuch vorgeworfen wird.

In der kommenden Woche will sich das Gericht mit dem Mordversuch auf Kontrahenten der Drogenhändlerbande in Hüfingen befassen. So habe einer der Hauptangeklagten, Nicolo M., im Mai 2017 mehrmals auf ein Lokal in Hüfingen geschossen, um zwei Rivalen abzustrafen. Im Zuge der Aufarbeitung des Mordversuchs kommt es am frühen Morgen des 28. Mai unter strengem Polizeischutz zu einer Tatortbegehung mit den Angeklagten.