Martina Braun findet sich beim Thema Wolf zwischen zwei Interessengruppen wieder: Einerseits ist sie Grünen-Abgeordnete im Landtag in Baden-Württemberg, andererseits ist sie Landwirtin. Foto: Mohr

Landtagsabgeordnete Martina Braun erklärt, warum in ihren Augen die Artenvielfalt ihre Grenzen hat.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Die Sichtung eines Wolfs in der Nähe von Vöhrenbach am ersten Weihnachtsfeiertag hat die Diskussion um die Rückkehr des Raubtieres neu entfacht. Die Landtagsabgeordnete Martina Braun (Die Grünen) findet sich bei dem Thema in einer besonderen Situation wieder: Einerseits ist sie Grünen-Politikerin, andererseits Landwirtin.

Frau Braun, Sie sind Landwirtin, haben auf Ihrem Bauernhof in Linach 30 Schafe, Milchkühe, Jungrinder sowie Kälber und Ochsen. Haben Sie nach der Sichtung des Wolfes Angst um Ihre Tiere?

Ich mache mir schon meine Gedanken, was das für uns bedeuten könnte. Wir haben allerdings ziemlich viel Schnee bei uns und die Schafe sind daher im Winter vier bis fünf Monate im Stall. So auch jetzt. Da ist schon einmal die Gefahr minimiert. Aber ich sehe natürlich auch die Probleme, die auf uns zukommen.

Die da wären?

Sollte sich der Wolf hier ansiedeln, muss man Vorsichtsmaßnahmen ergreifen. Ich habe mir in Südtirol wolfssichere Zäune angeschaut und ich muss sagen, dass dieses für uns kleine Schafhalter nicht zu leisten ist. Im Sommer arbeiten wir daher mit Elektrozäunen und hoffen einfach, dass das ausreicht.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt...

Man muss wissen, dass die Schafe, die in Baden-Württemberg bislang gerissen wurden, nicht mit Elektrozäunen geschützt waren. Also war es ein Leichtes für den Wolf, hier Beute zu machen.

Auch Herdenschutzhunde werden beim Thema Schutzmaßnahmen immer wieder genannt.

Das ist nicht ganz einfach. Die Anschaffung von einem Herdenschutzhund liegt bei etwa 1500 Euro. Sie erfordern zudem ein besonderes Handling.

Hand aufs Herz: Sind Sie beim Thema Wolf mehr Grüne oder Landwirtin?

Ich bin grüne Landwirtin. Aber als Weidetierhalterin habe ich da einen anderen Blick drauf als die Naturschützer, die im Wolf nur die ausgerottete Art sehen. Ich möchte nicht sagen, ich bin dafür oder dagegen. Erstmal sehe ich die Wolfssichtungen gelassen.

Soll konkret heißen?

Ich sehe die Schwierigkeiten, die wir als Tierhalter im benachteiligten Gebiet sowieso schon haben, ohne, dass der Wolf die Tiere dezimiert. Deshalb habe ich unsere Region im Blick und bin eine Verfechterin der Weidetierhaltung. Wenn die Landwirte sagen, das wird mir zu blöd, ich höre mit der Weidetierhaltung auf – dann haben wir den Schwarzwald als Kulturlandschaft verloren. Artenvielfalt und Biodiversität ist wichtig, hat aber auch seine Grenzen. Ein Wolf ist nun mal keine Orchidee.

Was meint ihre Partei zu der Thematik?

In der Fraktion haben wir eine geteilte Meinung. Am 9. Januar haben wir eine Fraktionsklausur, bei der das Thema sicher ein Tagesordnungspunkt sein wird. Am Ende wird es wohl ein Fraktionspapier und damit eine Stellungnahme geben.

Glauben Sie, man wird sich einig?

Wir sind ja eine diskutierfreudige Partei und ergebnisorientiert. Für mich ist aber klar, dass ich meine eigene Position habe, die ich auch nach außen vertrete.

Was fordern Sie konkret?

Ich bin dafür, darüber nachzudenken, ob der Wolf raus aus dem Naturschutzrecht und rein in die Schutzschale des Jagd- und Wildtiermanagement-Gesetzes (JWMG) soll.

Was würde das ändern?

Das JWMG wurde 2014/15 von der grüngeführten Landesregierung eingeführt. Die ganzjährige Schonzeit stellt darin den Wolf auch unter uneingeschränkten Schutz. Wie der Name schon sagt, geht es darum, Wildtiermanagement zu betreiben. Wir müssen wissen, wo sind die Wölfe und wie verbreiten sie sich. Das finde ich eine wichtige Grundlage. Wenn man sieht, dass die Population explosionsartig zunimmt, müssen wir Entscheidungen treffen.

Entscheidungen gegen den Wolf?

Ja. Wenn Probleme auftreten, müssen wir die Anzahl der Wölfe daher regulieren.

Ist es mit der Aufnahme des Wolfes ins JWMG Ihrer Ansicht nach getan?

Nein. Es wäre auch wichtig, einen runden Tisch zum Thema Wolf zu machen. Es gibt schon eine Arbeitsgemeinschaft Luchs und Wolf, die müsste man ausweiten. Hier brauchen wir Beteiligte aus allen Interessengruppen, um gemeinsam Lösungen zu finden.

Klingt nach viel Arbeit.

Das Spannungsfeld muss man beackern und wir haben noch etwas Zeit. Es wird noch dauern, bis sich Wölfe im Schwarzwald ansiedeln. Unsere Fraktion wird sich im neuen Jahr verstärkt mit dem Thema beschäftigen. Wir sind da aber auch schon lange dran.