Horst Dinges findet es wichtig, auf die einzelnen Kinder einzugehen. Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Jugendkunstschule: Leiter Horst Dinges zieht Fazit zum Ferienprojekt

"Mit anderen Augen sehen" – und herausfinden, wie man sich als anderer Mensch fühlen, was man als Prinzessin, Fußballspieler oder Politiker tun würde. Diesen Gedanken haben die Kinder beim Ferienprojekt der Jugendkunstschule Kreisel spielerisch und künstlerisch Ausdruck verliehen.

Schramberg . Der Leiter der Jugendkunstschule (JKS), Horst Dinges, zieht Fazit über das vorerst letzte Projekt in der "Win, Win"-Reihe der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg. Mit der Ferienwoche "Mit anderen Augen sehen" endete das mehrjährige Projekt im Rahmen der Reihe "Sprache verbindet – spielend Deutsch lernen. Ferienangebote für Kinder und Jugendliche".

Das Angebot sollte einheimischen und Kindern aus aller Welt ermöglichen, sich durch gemeinsames Spielen und Arbeiten besser kennenzulernen. Ziel war es, die Kinder mit verschiedenen kulturellen und nationalen Hintergründen zusammenzuführen und ihnen das Gefühl zu geben, sie als Gleichwertige in der Gesellschaft aufzunehmen und zu integrieren. Dass dieses Ziel teilweise utopisch klingt, ist Horst Dinges bewusst. "Aber irgendwelche Ziele muss man sich setzen", betont er.

Das Konzept des Projekts hält er für "super und sehr gut gelungen". Seiner Meinung nach reiche es für eine gelungene Integration nicht aus, "nur Deutsch zu lernen". Genauso wichtig sei es, die kulturellen Gepflogenheiten und Wertvorstellungen eines Landes kennenzulernen. Etwa 30 bis 40 Prozent der teilnehmenden Kinder hatten Migrationshintergrund.

Im Vorfeld hatte die Jugendkunstschule an den Schulen in der Umgebung, in den eigenen Kursen und in verschiedenen Einrichtungen für Geflüchtete sowie über ihren Partner, das Juks3, für die Aktion geworben. "Das meiste passiert jedoch im persönlichen Netzwerk", erklärt Dinges. Kinder würden sich untereinander über das Ferienprogramm unterhalten.

"Es ist schwierig, die Jugendlichen effektiv persönlich anzusprechen. Besonders jene, die noch nicht so lange in Deutschland leben." Doch genau diese Kinder stünden bei dem Projekt im Zentrum der Aufmerksamkeit. Themen wie Flucht und Integration spielten eine große Rolle im Ferienprogramm.

Doch die Kinder setzten dies meist anders um, als es von Erwachsenen vielleicht erwartet werden würde. "Wir haben diesen inhaltlichen Aufhänger dazu genutzt, den Kindern Anreize zu setzen und den Bezug zu verschiedenen Welten aufzuzeigen."

In ihrer Umsetzung seien die Kinder ganz frei gewesen. Und dabei sei das Thema Integration meist nicht im Vordergrund gestanden, jedenfalls nicht offensichtlich. Für die Kinder schien es wichtiger, ihre alltäglichen Erfahrungen zu verarbeiten – etwa im Theaterworkshop, in dem sich die Teilnehmer selbstständig Geschichten ausdenken konnten.

"Häufig ging es dabei um ›die coole Clique‹ oder ›den Assi, der alles blöd findet‹, Situationen aus dem Alltag der Kinder eben", so Dinges. "Sie haben gemerkt, dass sie im Theater auch mal den Trottel spielen können, ohne sich gleich einen Zacken aus der Krone zu brechen. Eine Tatsache, die einige der Kinder, wie es schien, daheim nicht so erleben."

Die Wirkung des Projekts habe auf diese Weise vielleicht eher "von hintenrum" stattgefunden. Jedoch ist Dinges überzeugt, dass die Erlebnisse der Woche die Kinder nachhaltig geprägt hätten. "Inwieweit kann ich natürlich nicht beurteilen, so etwas ist immer schwer zu beantworten." Aber er hoffe, dass es den Kindern mit den neuen Erfahrungen leichter falle, neue Situationen und Einstellungen von anderen zu akzeptieren und auch wertzuschätzen zu lernen.

Kindern, deren Familien eventuell nicht in das deutsche Hochkulturprinzip passten, den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen, sei der Jugendkunstschule besonders wichtig. Aus diesem Grund war das Ferienprogramm, dank der Unterstützung der Stiftung Kinderland, für die teilnehmenden Kinder kostenfrei. Neben der Stiftung wurde das Projekt von der Stadt Schramberg sowie der Jugendkunstschule finanziert. "Natürlich ist uns klar, dass wir für einige der Eltern nur eine Beschäftigungsmöglichkeit für ihre Kinder sind. Aber wir versuchen, den Schwerpunkt auf das Wohl der Kinder zu legen", erklärt Dinges.

Etwa zehn Leute der JKS waren die Woche über am Programm beteiligt, darunter Künstler aus der Bildenden Kunst und der Darstellenden Künste wie Tanz und Theater. Die meisten der Teilnehmer stammten aus dem Raum Schramberg, auch aus Hardt und Dunningen waren Kinder dabei. Das Interesse der Kinder am Projekt war größer als die Kapazität der Jugendkunstschule. "Aus diesem Grund mussten wir ein paar wenigen Kindern leider absagen", so Dinges.

Ein besonderer Moment während des Projektes sei es gewesen, als Dinges einen kurdischen Jungen beiseite nahm, weil sich dieser wie "ein Klassenclown" aufführte. "Er störte die ganze Gruppe und als ich ihn fragte, warum er hier sei und warum er sich so verhalte, meinte er: ›Ich will Freunde finden.‹ Daraufhin wollte ich wissen, wie er sich fühlen würde, wenn sich ein anderes Kind so verhalten hätte wie er. Nach dem kurzen Gespräch war der Junge wie ausgewechselt und fügte sich harmonisch in die Gruppe ein", berichtet Dinges. In solchen Momenten werde deutlich, wie wichtig es sei, auf die einzelnen Kinder einzugehen.