Wolfgang Tuffentsammer (links) und Günther Bentele lesen aus einer Originalausgabe.  Foto: Fritsche Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur: Sechstes literarisches Gespräch des Historischen Vereins und der Volkshochschule im Schiltacher Treffpunkt

Schiltach. Wieder einmal schafften es Günther Bentele, Heimatforscher und Romanautor aus Bietigheim, und Wolfgang Tuffentsammer, Pfarrer im Ruhestand und Stadtführer in Schiltach, ihre Begeisterung für Literatur auf die zahlreichen Zuhörer im Schiltacher Treffpunkt zu übertragen. Das Leben und Werk des Lyrikers, Erzählers und Pfarrers Eduard Mörike (1804 bis 1875) war das Thema des sechsten literarischen Gesprächs. Eingeladen hatten der Historische Verein Schiltach/Schenkenzell und die Volkshochschule. "Für mich stets einer der Höhepunkte des Jahresprogramms", erklärte Markus Armbruster, Vorsitzender des Historischen Vereins.

Nur gut eindreiviertel Stunden Zeit hatten die beiden für die Reise durch Mörikes Biografie und sein Werk aus Gedichten und Erzählungen. Trotzdem gelang den beiden als eingespieltes literarisches Gespann ein nachhaltiger Einblick: Mörike der Pfarrer und Dichter, der seine Vikariats- und Pfarrstellen oft wechselte und der sich nicht ganz so oft, aber doch häufig verliebte. Mit einem Humor, der zu seiner Zeit nicht unbedingt erkannt oder gewürdigt wurde, und einem Tiefgang, der seiner Zeit voraus war. "Mit Poesie und lähmenden Gesangbucheinflüssen in seiner Brust", charakterisierte Tuffentsammer. "Einer, der von der Seele aus schreibt, wie Kafka. Schon zu seiner Zeit merkten die Leute, das ist etwas ganz Neues", ergänzte Bentele. Auch der König von Württemberg habe seinen Wert erkannt und ihn vom Unterricht freigestellt.

Tuffentsammer und Bentele veranschaulichten das mit vielen Leseproben aus Gedichten und Erzählungen, breiteten parallel dazu passende Episoden aus Mörikes Biografie aus.

Sie tun das im unterhaltsamen Zwiegespräch, das das Schiltacher Publikum von den beiden kennt und worauf es wartet: Der eine trägt seine Thesen vor und liest aus dem Werk, der andere ergänzt und stichelt augenzwinkernd dazu. Sie lesen zum Beispiel aus "Der Schatz", "Das Stuttgarter Hutzelmännlein" und "Mozart auf der Reise nach Prag". "Auf 40, 60 Seiten leuchtet Mörike Mozart auf eine Art aus, wie es ein langer Roman nicht schafft", staunt Tuffentsammer: Mörike sehe etwas, was die meisten nicht sähen – und könne es beschreiben.

Als einzigen Roman hat Mörike "Maler Nolten" geschrieben. "Ein schwer zu lesender Bildungs- und Entwicklungsroman", meint Tuffentsammer. "Ein rabenschwarzer Roman", schaudert es Bentele. Ihn umzuschreiben, gelang Mörike nicht mehr.

Bentele erzählt noch, dass Mörike oft krank war und "von Zeitgenossen als Hypochonder und Faulenzer wahrgenommen wurde". Heutige medizinische Erkenntnisse hätten ergeben, dass der möglicherweise an Multipler Sklerose gelitten habe.

Es ist 21 Uhr, eigentlich ist Schluss. Aber das Publikum will, dass Bentele noch das umfangreiche Gedicht "Der alte Turmhahn" vorträgt, das Mörikes Erfahrungen als Pfarrer in Cleversulzbach anklingen lässt. "Sie haben mir wieder einmal richtig Lust zum Lesen gemacht und ich denke, es geht nicht nur mir so", bedankt sich Armbruster.

Gemeinsam mit den Zuhörern schaffte er es, die beiden zum Zugeständnis zu bewegen, auch ein siebtes Mal wieder in den Treffpunkt zu kommen. "Auch wenn uns langsam die Dichter und Autoren mit dem Bezug zum Schwarzwald ausgehen", meint Tuffentsammer. Mark Twain könnte vielleicht ein Kandidat für das nächste Mal sein, gebe es bei ihm doch auch einen Bezug zur Flößerei.