Die Bühne ist von christlicher Symbolik dominiert. Foto: Posch Foto: Schwarzwälder-Bote

Theater: Das Schauspiel "Martinus Luther – Anfang und Ende eines Mythos" zeigt die Zweifel des Reformators

In diesem Jahr gedenkt die Menschheit eines Mannes, der durch seine Überzeugungen das christliche Weltbild entscheidend geprägt hat. Martin Luther hat mit seinen 95 Thesen im Jahr 1517 eine neue protestantische Religion begründet.

Schramberg. Was für ein Mensch steht dahinter? Dieser Frage ging der Dramatiker John von Düffel nach und es entstand das Schauspiel "Martinus Luther – Anfang und Ende eines Mythos". Mit diesem Stück gastierte das Tourneetheater "theaterlust" im Rahmen des Theaterrings. Im Mittelpunkt der Inszenierung von Thomas Luft stand da weniger der gefeierte Religionsbegründer, als vielmehr der seelische und körperliche Kampf eines Menschen mit seinen Überzeugungen, seinem Glauben und vor allem seinen lebenslangen Selbstzweifeln.

Auf einer von christlicher Symbolik dominierten Bühne quälte sich ein junger Mensch mit seiner Beziehung zu Gott, erlitt Qualen wie Christus am Kreuz und ist doch mit sich selbst der strengste Richter. Sebastian Gerasch verkörperte den jungen Theologen Luther im Kampf um seine unumstößliche Glaubensentscheidung, den vom strengen Vater vorgegebenen weltlichen Lebensweg zu verlassen, ins Kloster zu gehen und der bestehenden Kirche mit ihren (auch im Bühnenbild eindrücklich sichtbaren) erschlagenden Argumentationen den Kampf anzusagen.

Er rang nicht nur mit der elterlichen Autorität, mit den Auswirkungen der päpstlichen Kirche, dem von ihm beschuldigten "Antichristen" und den Auswüchsen des Ablasshandels, er war auch im ständigen Zweikampf mit den Dämonen des Selbstzweifels, der Versuchung, der menschlichen Schwächen.

Eine kontrastreiche Gegenspielerin war hier Anja Klawun als ursprüngliche liebende Braut, als raffinierte Teufelin in allen Facetten, als Ablassprediger Tezel mit allen Showeffekten und schließlich als dominante Katharina von Bora, Luthers Ehefrau.

John von Düffel lässt das Stück bewusst nach der ersten Hälfte mit dem Anschlag der 95 Thesen an der Klosterkirche zu Wittenberg enden, also dem Kampf gegen Luthers Dämonen am Anfang seines Lebens- und Leidenswegs, und zeigt im zweiten Teil den alten Luther am Ende seines Lebens, im Kampf mit seinen eigenen menschlichen Schwächen und den Enttäuschungen seines Lebens. Unterstrichen wird das noch durch die fast authentisch wirkende Kunstsprache des Autors, vielleicht auch um zu verdeutlichen, welche zentrale Bedeutung das Wort, also die Verbreitung der Bibel, für Luther hatte.

Thomas Kügel (anfangs in der Rolle des Vaters) war hier nun der nicht nur seelisch, sondern auch körperlich gepeinigte Luther. Während sich der junge Luther noch mit dem Kreuz direkt auseinandersetzte, war nach der Pause (am Ende seines Lebens), das Kreuz auch auf der Bühne zur Fallgrube, zum Grab geworden.

Martin Luthers Auftritte entsprachen hier mehr dem Bild, das man vom eher derben Prediger und zugleich herrischen Familienoberhaupt hat, seiner deftigen, oft unflätigen Sprechweise, und seinem doch richtungsweisenden Denken auf dem Weg der Reformation. Katharinas Auftreten als wahre Herrin im Hause Luther dagegen erinnerte stark an "ungehaltene Reden ungehaltener Frauen", wo die Schriftstellerin Christa Wolf Frauen von berühmten Männern endlich zu Wort kommen lässt.

Die Inszenierung bekam neben dem raffiniert einfachen Bühnenbild auch noch einen besonderen Akzent durch die Lichteffekte und vor allem durch die musikalische Begleitung des Schlagzeugers Felix Bratfisch.

Das Auftragswerk, anlässlich des 500. Reformationsjubiläumsjahres, ist ein durchaus kontrovers diskutierter Beitrag, der dazuhin vielfältige Bezüge zur heutigen Zeit hat in der Frage der Religionskämpfe.

Von Düffel legt dabei großen Wert auf die Feststellung, dass alle zitierten Kampfansagen gegen andere Religionsgruppen Original Martin Luther sind. Auch in dieser Hinsicht war bislang der große Reformator aus Eisleben nicht so bekannt.