Die Briefe und Postkarten von Dieter Fohmann (1926-1944) Foto: Stadtarchiv Schramberg Foto: Schwarzwälder-Bote

Volkstrauertag: Kriegsopfer mahnen / Dieter Fohmann stirbt mit knapp 18 im Kampf südlich von Rom

Auf den Tafeln für die Gefallenen der beiden Weltkriege stehen in Schramberg wie andernorts viele Namen. Die Erinnerung an ihre Schicksale verblasst immer mehr.

Schramberg. Zum diesjährigen Volkstrauertag erscheint deshalb ein Lebensbild von Dieter Fohmann, der am 21. Mai 1944 im Alter von erst 17 Jahren sterben musste. Im Sterberegister des Standesamtes der Stadt Schramberg wurde unter der Nummer 41 am 26. Januar 1945 von dem damaligen Rathausmitarbeiter Franz Xaver Heizmann (1891 bis 1973) folgender Eintrag vorgenommen: "Der Schütze Obergefreiter Dieter Eugen Fohmann, wohnhaft in Schramberg, Sonnenbergstraße 11, ist am 21. Mai 1944 um 6 Uhr 00 Minuten auf dem Hauptverbandplatz der Sanitätskompanie 362 in Artena (Italien) seinen Verwundungen erlegen." Artena ist eine Gemeinde in der Metropolitanstadt Rom in der Region Latium, die heute um die 14.000 Einwohner zählt.

Der Tod des jungen Mannes war seiner Familie aber schon bald bekannt geworden. In der "NS-Volkszeitung" vom 5. Juni 1944 war eine kleine Todesanzeige erschienen: "Unser lieber Dieter hat bei den schweren Kämpfen in Süditalien im Alter von 17 1/2 Jahren sein Leben geopfert." Die Titelschlagzeile war an diesem Tag: "Unsere Abriegelungsfront 10 km östlich vor Rom" mit dem aussagekräftigen Untertitel: "Durchbruch verhindert – Die deutschen Truppen kämpften an den Albaner-Bergen bis zur letzten Munition."

Schlacht um Monte Cassino

Die "Kriegssterbefallanzeige" der Wehrmachtsauskunftsstelle für Kriegerverluste und Kriegsgefangene beim Oberkommando der Wehrmacht in Saalfeld an der Saale wurde erst am 12. Januar 1945 für das Standesamt der Stadt Schramberg ausgestellt. Daraus geht hervor, dass der Oberschüler als Schütze der 14. Panzer-Jäger-Kompanie des Grenadier-Regiments 955 angehörte, als er bei der Schlacht um Monte Cassino in Italien starb, die wenige Tage später am 4. Juni 1944 mit der Einnahme der Hauptstadt Rom durch die alliierten Streitkräfte endete.

Vor einigen Jahren haben Familienangehörige Briefe und Postkarten des jungen Mannes dem Stadtarchiv übergeben, die es ermöglichen, über diese wenigen Daten und Fakten hinaus die Geschichte erzählen zu können, die hinter dem Namen auf dem Gefallenendenkmal auf dem Friedhof der Stadt Schramberg steht.

Vom Geschehen gepackt

Die schicksalhaften Zeitzeugnisse eines so jung zu Ende gegangenen Lebens kann man auch über 70 Jahre später nur mit großer Betroffenheit zu Hand nehmen. Die Mitteilungen in einer großen Jungenschrift sind meistens kurz gehalten, oft von der Eile des Kriegsgeschehens geprägt, auf einige wesentliche Dinge wie die Bestätigung von Briefen und Paketen beschränkt.

In seinen Briefen zeigte Fohmann keine Angst, wurde vom Geschehen offenbar mitgerissen und schilderte auch gefährliche Situationen bemerkenswert emotionslos. Er war von Natur aus kein "Schreiber", wie eine Passage in einem Brief vom 14. Februar 1944 belegt, in der er darüber klagte, er "habe ja nicht einmal so viel Talent, dass es zu einem anständigen Brief reicht." Am liebsten würde er alle seine Briefe wieder zerreißen, was er sich aber nicht leisten könne, da es ihm an Zeit und Briefpapier fehle.

Mit 17 einberufen

Dieter Fohmann wurde am 10. Dezember 1926 als zweites von insgesamt drei Kindern des in den Uhrenfabriken Gebrüder Junghans AG beschäftigten Prokuristen Eugen Fohmann (1888 bis 1975) und seiner Ehefrau Gertrud Faulhaber (1898 bis 1992) in Schramberg geboren. Die Familie war seit 1920 im "Beamtenbau" an der Ecke Mühlegraben/Schillerstraße und seit 1936 in einem eigenen Haus am Sonnenberg wohnhaft.

Nach dem Besuch der Oberschule für Jungen, die er aber ohne Reifeprüfung und Reifevermerk verließ, wurde Dieter Fohmann am 30. Juli 1943 zuerst zum Reichsarbeitsdienst nach Leutkirch in Oberschwaben eingezogen. Bereits drei Monate später folgte am 29. Oktober 1943 die Einberufung zur Infanterie-Panzer-Jäger-Ersatz-Kompanie 205 zunächst in Konstanz und später in Heilbronn. Nach der Grundausbildung rechnete Fohmann zunächst mit einem Einsatz in Russland, wurde dann aber nach Frankreich verlegt und kam schließlich zu der in Oberitalien neu aufgestellten 362. Infanterie-Division.

Von der Toscana zur Front

Im Frühjahr 1944 berichtete er seinen Eltern in seinem ausführlichsten Brief von dem zwar anstrengenden, aber landschaftlich eindrucksvollen Marsch über 400 Kilometer nach Italien, den die Einheit in zwei Wochen teils mit Fahrzeugen und teils zu Fuß bewältigte. Der Weg führte über Cesena in der Emilia-Romagna über das Appeningebirge nach Arezzo in der Toskana. Das vorläufige Ziel war eine Wetterwarte in der Nähe der italienischen Hauptstadt Rom. Ende Februar wurde die Einheit in das Kampfgebiet südlich von Rom verlegt und richtete sich in einer Erdstellung ein.

Am 4. April 1944 schrieb er seinen Eltern: "Man könnte es hier schon aushalten, wenn nur die verdammte Artillerie nicht da wäre. Man kann den ganzen Tag nicht aus seinem Loch heraus, sonst deckt sie einem gleich mit ihren verdammten Phosporgranaten zu. Heute Abend gehen wir vor und sprengen einen feind[lichen] Panzer, der 60 Meter vor unserer H[aupt]K[ampf]L[inie] liegt."

Dauernd unter Beschuss

Sein letzter erhalten gebliebener Brief stammt vom 8. Mai 1944, in dem zu lesen ist: "Gestern bekamen wir wieder die ganze Nacht Granatwerferfeuer. Eine schlug 1 m neben unser Loch. Dass es einen da anständig herumwirft, könnt Ihr Euch ja denken, denn eine 18 cm Granate macht einen anständigen Krach. Aber ich bin trotzdem noch gesund wie zuvor." Bei den immer schwerer werdenden Kämpfen in diesem Gebiet wurde er verwundet und starb am 21. Mai 1944.

Einer von 27 485 Namen

Sein Grab fand Fohmann fern der Heimat im Schwarzwald. Seit 1947 ruht er zusammen mit 27 485 anderen deutschen Gefallenen im Grab 419 (Block U) auf dem vom Volksbund deutscher Kriegsgräberfürsorge betreuten Soldatenfriedhof Pomezia, der sich 26 Kilometer südöstlich von Rom befindet. Heute könnte er – würde er noch leben – in Bälde 91 Jahre alt werden. Sein Leben endete aber noch vor seinem 18. Geburtstag – und mahnt zum Volkstrauertag alles zu tun, so einen Tod nie mehr wieder geschehen zu lassen.

Das Stadtarchiv baut seine Sammlung über die Schicksale von Bürgern der Stadt Schramberg im Ersten und Zweiten Weltkrieg kontinuierlich weiter aus und ist an Dokumenten und Fotos immer interessiert. Kontakt über Telefon 07422/29263 oder über E-Mail stadtarchiv@schramberg.de