Gericht: Verfallsanordnung in Höhe von 79 500 Euro an Unternehmen aus der Region geht nicht durch

Vorsätzlich oder nicht? Diese Frage muss das Amtsgericht Oberndorf klären. Die Antwort entscheidet über eine Verfallsanordnung in Höhe von 79 500 Euro, die die Stadt Schramberg einem Unternehmen aus der Region ausstellt.

Schramberg. Eine Schramberger Firma erstellt im Auftrag eines Bauträgerunternehmens aus der Region zwei Rohbauten – ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Die Stadt Schramberg stellt dem Auftraggeber im Januar 2017 daraufhin eine Verfallsanordnung – das ist eine spezielle Form des Bußgelds – in Höhe von 79 500 Euro aus. Die Abteilung für öffentliche Ordnung der Stadt ist für die Sanktion solcher Ordnungswidrigkeiten zuständig. Das Unternehmen erhebt Einspruch, der Fall landet vor Gericht.

Die entscheidende Frage: Wusste die angeklagte Firma, dass das beschäftigte Subunternehmen nicht über die nötige Eintragung bei der Handwerkskammer verfügt und daher gar nicht berechtigt ist, Beton-, Maurer- und Entwässerungsarbeiten durchzuführen?

Ans Licht gekommen war der Fall bei einer routinemäßigen Kontrolle durch die Berufsgenossenschaft (BG) Bau hinsichtlich der Arbeitssicherheit auf Baustellen.

Angestellter: "Da war ich einfach zu gutgläubig."

Die Liste der Zeugen ist lang: Ein Angestellter der beschuldigen Firma, gleichzeitig Ehemann der dortigen Geschäftsführerin, die Aufsichtsperson der BG Bau, die zuständige Mitarbeiterin der Handwerkskammer Konstanz, ein Angestellter sowie der Geschäftsführer des Subunternehmens und die Sachbearbeiterin der Stadt Schramberg sagen aus.

Es geht um die Rohbauten für ein Haus in Fluorn-Winzeln und eines in Dunningen-Seedorf. Im November 2015 wird die Aufsichtsperson der BG Bau bei der Kontrolle stutzig: Die Beschilderung des Subunternehmers lässt ihn zu dem Schluss kommen, "dass da was im Argen liegt". Ein Anruf bei der Handwerkskammer bestätigt: Das Subunternehmen hat keine Eintragung in der Handwerksrolle.

Im Vertrag zwischen der beschuldigten Firma und des Subunternehmens ist der Nachweis über diese Eintragung allerdings schriftlich fixiert. Überprüft wurde das laut Aussage des angestellten Ehemanns, der im Unternehmen für die Bauabwicklung zuständig ist, nie. "Da war ich einfach zu gutgläubig", räumt er vor Gericht ein.

Angeklagte Firma und Subunternehmen hätten bereits seit Längerem zusammengearbeitet. Ein Mitarbeiter des Subunternehmens sei dann auf den Ehemann zugekommen und habe ihm gesagt, "dass sie jetzt auch Rohbauarbeiten machen dürften".

Eine Aussage, die der Mitarbeiter bestätigt. Grund: Die Eintragung sei bei der Handwerkskammer beantragt gewesen und "wir sind davon ausgegangen, dass er durchgegangen ist".

Etliche Fragen sind noch offen

Nachdem bei der Kontrolle ans Licht kommt, dass dem nicht so ist, habe das Subunternehmen seinen Auftraggeber informiert und bei der Handwerkskammer eine Ausnahmegenehmigung beantragt. Seitens des Mitarbeiters der BG Bau sei signalisiert worden, dass weitergearbeitet werden dürfe, solange die Bearbeitung des Antrags läuft. Deshalb hätten sich nach Zeugenaussagen weder Subunternehmen noch Auftragsfirma Gedanken gemacht. Erst ein Schreiben der Handwerkskammer vom 17. Dezember 2015 stellt klar: Wegen fehlender Nachweise wird die Genehmigung nicht erteilt.

Die Zeugenaussagen machen deutlich: Auch aufgrund der langen Zeit zwischen Bauarbeiten und Verhandlung können Einzelheiten – beispielsweise das genaue Ende der Rohbauarbeiten – nicht abschließend geklärt werden. Auch wer gegenüber wem wann welche Aussage zur Erlaubnis oder zur Unterlassung der Fortführung der Arbeiten gemacht hat, lässt sich nicht eindeutig klären.

Am Ende sind sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Richter zumindest im wesentlichen Punkt einig: Vorsätzlichkeit, die Grundlage für eine Verfallsanordnung, kann dem angeklagten Unternehmen nicht nachgewiesen werden. Es wird daher von einer Anordnung des Verfalls abgesehen.