"In der Tracht fühlt man sich wie eine Königin": Tanja Thomé aus Schramberg mit Schleifenkappe aus Nordrach im Kinzigtal. Foto: Sebastian Wehrle Foto: Schwarzwälder-Bote

Tanja Thomé jüngstes Model des Fotoprojekts "Fabulous Black Forest"

Von Volker Rath

Schramberg. Starke Markenbotschafterin für Stadt und Region: Tanja Thomé ist jüngstes Model der Bildergalerie "Fabulous Black Forest". Dass sie für das Trachten-Fotokunst-Projekt ausgewählt wurde, macht die Wahl-Schrambergerin stolz. Und ihre Fangemeinde wächst rasant.

"Woooow!!!! Hammer!" Reaktionen wie diese auf "facebook" bekommt die 31-Jährige derzeit öfter. Der Trubel und das öffentliche Interesse an ihrer Person kam praktisch über Nacht. Bislang sieben junge Frauen hat Fotograf Sebastian Wehrle aus Freiamt bislang für das Modelabel Artwood Black Forest abgelichtet, Thomé ist Nummer acht. Auch wer sich nicht für Mode interessiert, kann die Bilder kennen: Sie liegen beispielsweise als Postkarten in der Tankstelle Bühler in Schramberg aus. Aber es gibt auch Kunstausstellungen. Die Bilder werden in Museen gezeigt. Derzeit sind sie in Grafenhausen zu sehen.

Das Prinzip: hübsche junge Frauen in unterschiedlichen Schwarzwälder Trachten modern ins Szene gesetzt. Die Frauen schauen leicht unterkühlt in die Kamera. Stolz, distanziert und gerade deshalb sexy? Das liegt sicher im Auge des Betrachtes. Aber ein Hingucker sind sie auf jeden Fall. "Der Hype ist gewaltig", sagt Jochen Scherzinger von Artwood Black Forest.

Junger Gegenentwuf zu Rentnerparadies-Image

Auf Tanja Thomé ist er zufällig gestoßen, beim Besuch des Tätowierstudios Hayd Tatoo Black Forest in der Oberndorferstraße. Sie ist dort "Shop-Girl", wie es in der Szene heißt. "Oder einfach die gute Seele mit der großen Schnauze", wie Jan Hayd sagt.

Tanja Thomé passte offenbar auf Anhieb gut ins Raster. Eine attraktive Frau, aber doch anders als die anderen Mädchen der Serie. Sie ist praktisch komplett tatowiert, "von Hacken bis Nacken", mit Ausnahme von Gesicht, Rücken und linkem Arm. Die Zungenspitze hat sie sich spalten lassen, in der Haut der linken Hand zeichnet sich ein herzförmiges Silikonimplantat ab, dazu ist an manchen Stellen "die Haut getackert", wie sie selbst sagt. Auf ihre Art auch ein Gesamtkunstwerk. Die Tätowierung am Hals spielt unter anderem mit Elementen einer Kuckucksuhr – ein lebenslanges Bekenntnis zur Region.

Dabei stammt Thomé, gelernte Einzelhandelskauffrau, aus Berlin. Aber mit den ganzen Baden-Württemberg-Motiven am Körper würde sie dort "wohl rausgeschmissen", sagt sie und lacht. Seit drei Jahren lebt sie in Schramberg, fühlt sich wohl und mag Spätzle mit Soß’. "Es ist sehr schön hier", findet sie. Dass sie als Berliner Göre mit großer Klappe jetzt eins der jungen Gesichter des Schwarzwalds ist, freut sie, dass sie dafür Original-Tracht anziehen durfte, fand sie "sehr, sehr cool". Fürs Shooting trug sie eine Schleifenkappe aus Nordrach im Kinzigtal, dazu das Tuch um die Schulter. In der Tracht habe sie sich gefühlt "wie eine Königin", und sie freue sich, "wie schön das Bild geworden ist".

Tracht und Tattoo – wie passt das zusammen? Sehr gut, findet Jan Hayd. Tätowierungen seien wie Trachten Tradition, Ausdruck von Verbundenheit zur eigenen Heimat und Kultur. Seit "zwei, drei Jahren" beobachtet er auch den Trend hin zu Heimatmotiven. Viele Leute ließen sich keinen schreienden Adler mehr stechen, sondern Tannenzapfen-Motive, Eichelhäher oder gleich den Schriftzug "Made in Black Forest". Man steht wieder zur Herkunft, mehr noch, ist stolz drauf.

Das hat auch Scherzinger beobachtet und ist selbst überwältigt vom Hype, den sein Label und das Fotoprojekt ausgelöst haben. Ist das noch Mode oder schon Kunst? "Beides, eine gesunde Mischung", sagt Scherzinger, dessen Firma in Gütenbach im Kreis Villingen-Schwennigen sitzt, mit Tannenwald ums Haus, wohin man auch schaue. Das Projekt sei eine neue, seine Interpretation von Tracht, die "ja auch textile Kunst" sei. Das "stereotype Bollenhut-Image" will er durchbrechen, setzt ihm moderne Schwarzwälderinnen entgegen. Schwarzwald sei nicht nur "Rentnerparadies", sondern "Anmut. Schönheit. Liebe. Freiheit. Alles". Dabei riskiert er den Bruch, den Tanja Thomé vielleicht so stark verkörpert wie kein anderes Mädel der Reihe. Dass sich einige "Stockkonservative" dran stören könnten, nimmt Scherzinger dabei in Kauf.

In der Internet-Kommune ist das Urteil schon gefallen: "Wunderschönes Model. Mega-geiles Bild". Die Frau, die Tanja Thomé die historische Tracht fürs Shooting ausgeliehen hat, gehört nicht zu den "Stockkonservativen": "Ich finde das Bild wunderbar und meine Mutter (85 Jahre) ist so begeistert, dass ihre Kappe so toll präsentiert wird", schreibt die Tochter.