Die Gründerin und Inhaberin des "Spice Shop" Birgit Erath ist wieder selbst am Waldmössinger Standort tätig. Foto: Zawodnik Foto: Schwarzwälder Bote

Leben: Birgit Erath erzählt von den vergangenen Monaten und dem aktuellen Stand ihres "Spice Shop"

Aus der geplanten Jamaika-Reise wurde ein gesundheitlicher Marathon, den die Inhaberin des "Spice Shop" Birgit Erath trotz streikendem Körper bewältigen musste.

Schramberg-Waldmössingen. Es war ein langes, anstrengendes Jahr, das hinter Birgit Erath liegt. Doch die Inhaberin des "Spice Shop" erzählt davon, als füge sich nur ein weiterer Rückschlag ein in eine Reihe von vielen, mit denen die Unternehmerin auf ihrem Weg schon zu kämpfen hatte. Ein schmerzlicher Fauxpas wie ein physischer Brexit, der ihr da passiert ist, nichts weiter. Beschäftigt wuselt sie mit dem Rollstuhl durch die eigene Küche, während sie erzählt. Dass sie sich hierfür erst einmal zurück ins Leben kämpfen musste, ist ihr dennoch bewusst.

Die Erfolgsgeschichte ihres "Spice Shop" begann 1990, als Erath nach einem Au-pair-Aufenthalt in London dort mit einer Betriebswirtschaftslehre begann. Mit einem Verkaufsstand an der Portobello Road, an dem sie Gewürze an den Mann brachte, versuchte sie, das für ihr Empfinden fade Essen der Engländer und ihren Geldbeutel gleichermaßen aufzupeppen. Es folgte die Gründung mehrerer Läden.

Ein Schlaganfall im Februar vergangenen Jahres riss sie aus ihrem geschäftigen Alltag heraus und warf sie mitten hinein in einen Körper, der plötzlich nicht mehr funktionieren wollte. Der 24. Februar 2017 brannte sich tief in ihr Gedächtnis. Ganze sechs Wochen lag Erath in Villingen auf der Intensivstation im Koma. Dass es am ersten April da nicht wie geplant auf große Jamaika-Reise gehen kann, war allen schnell klar. "Statt Indischem Ozean verschlug es mich zur Reha an den Bodensee", erzählt Erath und trotz Strapazen muss sie dabei ein bisschen schmunzeln.

Sohn Philip reist aus England an, um in der Zwischenzeit den Laden selbst zu schmeißen

I n Allensbach sollte den schlimmsten drohenden Gesundheitsschäden zunächst entgegengewirkt werden. Später ging es zurück nach Villingen, wo sie nach eigener Aussage ihren "Deckel wieder aufgesetzt bekam". Dass ihr erhöhter Blutdruck mit soviel Kraft gegen den Schädelknochen gedrückt hatte, dass dieser schließlich brach, erzählt sie kurz und knapp, doch ihr Gesicht verzieht sich unweigerlich. Einen Augenblick später fährt sie sich mit der flachen rechten Hand über den Hinterkopf und lächelt: "Man könnte sagen, dass ich dank MRT und Behandlung wieder alle Zacken in der Krone habe. Meinen Murmeln geht es gut." Jetzt lacht sie sogar laut über ihren eigenen Humor und wahrscheinlich auch über die Sprachlosigkeit, die sie bei ihrem Gegenüber wohl häufiger mit einer solchen Gelassenheit auslöst.

In dieser kritischen Zeit kam ihr ältester Sohn Philip Erath, der schon seit vielen Jahren das Unternehmen seiner Mutter im Ausland leitet, extra aus England angereist. Vor allem im Londoner Stadtteil Notting Hill steht er hinter der Theke des "Spice Shop", wobei auch der Laden in Brighton unter seiner Obhut läuft. Dass er seiner Mutter eine ganze Weile am Waldmössinger Standort unter die Arme griff, bemerkte auch ein Großteil der Bevölkerung rasch.

Nach einer weiteren Zeit am Bodensee, diesmal in Gailingen, kehrte sie Ende August schließlich zurück nach Waldmössingen. Eine linksseitige Lähmung erschwert ihr seit dem Vorfall den Alltag. Monatelang musste sie sich das Schlucken und Laufen neu beibringen. Selbst die Treppen erklimmt sie wieder in beide Richtungen, auch wenn ihr der Weg nach unten von Anfang an mehr gelegen habe, stellt sie lächelnd fest. Nach unten käme sie im Notfall immer, albert sie. Dann setzt sie ernst hinzu: "Aber es geht bergauf."

Trotz Hilfe des eigenen Teams mischt Erath Kreuzkümmel, Koriander und Co. weiterhin selbst

Keine zehn Blumensträuße würden ausreichen, um ihren Angestellten gebührend für deren Unterstützung und Mithilfe zu danken. Neben ihrer engagierten Sekretärin Angela Zimmermann lobt sie auch den Rest ihres Teams, zu dem Uli Jentsch ebenso wie Hannah Scherer gehört. Marion Kuhnert betont sie dabei besonders, weil sie Erath bei der Mischung ihrer Gewürze hilft. Vertrauenspersonen wie diese seien in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit mehr, weiß Erath und ergänzt deshalb: "Ein Hoch auf dieses tolle Team."

Trotz allem sollen sich ihre Kunden keine Sorgen um ihren "Spice Shop" machen. Auch wenn sie das Abpacken und Etikettieren der Waren nicht mehr allein erledigen kann, so ist sie viel im Verkauf tätig. Ihre Kochkurse haben aufgrund von fehlender Kraft und Geduld erst einmal Sendepause. Der Umsatz blieb trotz chaotischem Jahr ein sehr zufriedenstellender. Beim Mischen ihrer Gewürze legt sie noch immer am liebsten selbst Hand an. Früher reiste sie gerne selbst an die Orte, von denen sie ihre Gewürze bezog. Viele ihrer verwendeten Produkte entspringen den über 17 500 Inseln Indonesiens. Regelmäßig erreichen sie Bilder vom aktuellen Stand der Felder. Gewissenhaft verfolgt sie auch vom Waldmössinger Standort aus Blüte- und Erntezeiten von Pfeffer, Kreuzkümmel und Koriander.

"Mein Ziel ist im nächsten Jahr ein Stall mit Hühnern und Enten hinterm Haus. Dass ich den Weg wieder eigenständig gehen kann, sowohl morgens als auch abends, bevor der Fuchs kommt." Eraths Ehrgeiz wirkt sehr überzeugend. Immerhin wäre so ein Fuchs nicht die erste Herausforderung, die es für sie in jüngster Zeit zu bewältigen galt.