Die alte Mechanik der Werkzeugbau der Uhrenfabrik Junghans, eine historische Stätte, an der einst das Industriezeitalter aufblühte, wird am 12. Dezember zum Schauplatz für ein nicht alltägliche Konzerterlebnis.Foto: Junghans Gewerbepark Foto: Schwarzwälder-Bote

Kultur weckt Industriedenkmal / Junghans-Gewerbepark hört Doppelkonzert / Werkzeugbau 68 zeigt sich gerüstet

Schramberg (er). Wo vor 100 Jahren die Mechaniker der Uhrenfabik Junghans einen mehr oder weniger beschaulichen Arbeitstag "genossen", macht sich bald, an industriehistorischer Stätte, die Musikkultur der Jetzt-Zeit breit.

Im Auftrag der drei Veranstalter – Junghans-Gewerbepark, Firma Fischer Stahlflex und Förderverein Spielvereinigung 08 – rocken am Freitag, 12. September, ab 20.30 Uhr die beiden profilierten Schramberger Bands "Gams ‘n ‘ Rosslers" und "Old News" den denkmalgeschützten Bau 68 – bei den Junghansianern auch als "alte Mechanik", beziehungsweise Werkzeugbau bekannt.

Für dieses Doppelkonzert wird der ehemalige große Automatensaal "fein" hergerichtet: Wo früher die Maschinen des aufwärts strebenden Industriezeitalters ratterten, werden beim Gewerbepark-Event diesmal für eine außergewöhnliche Musiknacht moderne Anlagen für Sound- und Lichttechnik aufgefahren sowie gastronomische Infrastruktur aufgebaut.

Mit der Konzertveranstaltung am 12. September wird in dem Gebäude zwar Neuland betreten, doch in dem weitläufigen geschichtsträchtigen Ensemble Nr. 68 im Junghans-Gewerbepark an der Geißhalde herrscht unterm Jahr beileibe nicht nur Leerstand, es bietet heute vielgestaltige Nutzungsmöglichkeiten an. Im gleichen Trakt hat sich beispielsweise 2007 die innovative Videofactory von Heinz Ruess eingerichtet.

Seine frühere Bestimmung fand das Bauwerk Ende des 19. Jahrhunderts, als es für die Uhrenproduktion in Europa noch keine geeigneten Maschinen gab. Die Uhrenfabrik Junghans stand folglich von Beginn an vor der Aufgabe, sich Maschinen aus den Vereinigten Staaten zu beschaffen oder selbst Maschinen zu entwickeln. Die damit beauftragte Abteilung, die Mechanik, entwickelte sich folglich zum "Herz des Betriebs", wie der langjährige Obermeister Heinrich Rieger (1867 bis 1952) in seiner Fabrikchronik aus dem Jahr 1923 festhielt. Zwischen 1883 und 1893 vervierfachte das Unternehmen in nur einem Jahrzehnt seinen Maschienenpark, von 1893 bis 1903 wurde er nochmals verdreifacht. Im Jahr 1911 waren schließlich 4560 Maschinen im Einsatz.

Unter der Leitung des von 1894 bis 1898 in der Uhrenfabrik Junghans beschäftigten Oberingenieurs Albert Hirth (1858 bis 1935) entwickelte sich die Mechanik zu einer immer größer werdenden Abteilung und erhielt ein eigenes Gebäude (Bau 27). In einem Anbau wurde ein "Geheimkabinett" eingerichtet, in dem ein Kreis handverlesener Mitarbeiter an der Konstruktion neuer Maschinen arbeitete und Versuche mit ihnen durchführte. Der Zugang zum Gebäude wurde von einem eigenen Pförtner überwacht, um Betriebsspionage zu verhindern. Durch die von Albert Hirth konstruierten Maschinen und Vorrichtungen erzielte das Unternehmen erhebliche Produktionssteigerungen.

Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren, der mit den großen Rüstungsaufträgen hohe Anforderungen an die Mechanik stellte, entschloss sich die Uhrenfabrik Junghans, diese Abteilung in einem neuen Gebäude zu modernisieren. 1915 wurde von dem Architekten Otto Cziossek (1880 bis 1956) aus Göppingen ein zweiflügeliger Neubau geplant und von dem Bauunternehmen Karl Kübler aus Göppingen gebaut. 1916 zog die Mechanik mit 200 Mitarbeitern in den Neubau Nr. 68 ein, der mit einer umlaufenden Galerie versehen war.

Ohne den längst abgeräumten historischen Maschinenpark finden im Werkzeugbau heute natürlich wesentlich mehr Menschen Platz zum Zuhören und Abtanzen im neuen Konzertsaal. Und wenn von Freitag auf Samstag die letzten Töne aus den Gitarrenverstärkern verrauscht sind, gibt es tags darauf gleich wieder kernigen Sound an der Geißhalde. Dann kommt er allerdings aus den Auspufftöpfen der heißen Öfen, die beim spektakulären "Super-Moto" auf Einladung der Firma Fischer-Stahlflex durch den Gewerbepark fegen.

Weitere Informationen: Karten für das Konzert am Freitag gibt es im Vorverkauf für acht Euro (Abendkasse zehn Euro) bei Optik-Fischer, und im Gasthaus Bruckbeck in Schramberg, bei Getränke-Maser, Gartenstraße 15 in Sulgen sowie bei Klaus Dreyer, Telefon 0173/6769095