Einsatzkommando verhaftet 17-jährigen Berufsschüler. Facebook-Eintrag: "Ein paar Lehrer abknallen".
Schramberg/-Sulgen - Aufregung kurz vor den Sommerferien: Die Androhung eines Amoklaufs hat am Mittwochmorgen einen Großeinsatz am Berufsschulzentrum Sulgen und in Schramberg ausgelöst. Die Polizei verhaftete einen 17-jährigen Schüler. Eine Gewalttat gab es nicht.
Der Alarm wurde gegen 8 Uhr ausgelöst. Nach Informationen unserer Zeitung hatte der 17-Jährige, Schüler an der Friedrich-Ebert-Schule, im sozialen Netzwerk Facebook eine Bluttat angekündigt. Er werde bei der Abschlussfeier an diesem Morgen "ein paar Lehrer abknallen" und "in den heiligen Krieg" ziehen. Der Jugendliche war zuvor durch die Prüfung gefallen. Ein anderer Facebook-Nutzer hatte den Eintrag entdeckt und die Schulleitung verständigt, die wiederum die Polizei alarmierte.
Wie ernst die Drohung zu nehmen war, stand lange Zeit nicht fest. "Wir wussten zunächst nicht, ob eine Bedrohungslage überhaupt vorhanden war", sagte Peter Mehler, Pressesprecher der Polizeidirektion, vor Ort. Zur Gewalttat kam es jedenfalls nicht. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei stürmte die Wohnung der Familie des 17-Jährigen in der Schramberger Innenstadt, in unmittelbarer Nähe der Fußgängerzone. Kurz zuvor waren mehrere Kleinbusse mit abgedunkelten Scheiben und aufgesetztem Blaulicht in Kolonne von Sulgen in die Talstadt geschossen. Zeugenaussagen zufolge sei der Schüler in Handschellen abgeführt worden, ebenso dessen Bruder.
Bruder des 17-Jährigen ebenfalls festgenommen
Laut Polizei ließ sich der 17-Jährige widerstandslos festnehmen. Gegen ihn werde jetzt wegen des "Verdachts der Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten" ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Rottweil und das Polizeirevier Schramberg haben die weiteren Ermittlungen übernommen.
Der Jugendliche und Zeugen würden noch vernommen. Der 19-jährige Bruder befinde sich mittlerweile wieder auf freiem Fuß. Echte Waffen fanden die Beamten in der Wohnung übrigens nicht, allerdings zwei so genannte Paintball-Waffen – echt aussehende Nachbauten, mit denen Farbkugeln verschossen werden können. Die Polizei fand Nachahmungen einer Pistole und einer Maschinenpistole.
Während das SEK die Wohnung stürmte, sicherten weitere Polizeikräfte die Zugänge zum Schulkomplex und nahmen Eingangskontrollen vor. Zuvor hatten Polizisten das Schulgebäude durchsucht, um zu prüfen, ob sich der 17-Jährige bereits im Haus versteckt hatte.
Die Polizei nahm die Drohung sehr ernst und zog ein Großaufgebot zusammen. "Wir sind sehr sensibel in solchen Situationen", so Mehler.
Mehrere Dutzend Beamte aus allen Dienststellen der Region wurden nach Schramberg gerufen, dazu Kräfte der Kripo und ein Sondereinsatzkommando aus Göppingen, eingeflogen mit zwei Hubschraubern. Die Maschinen standen auf dem Berneck-Sportplatz.
Schulkomplex in Sulgen wird nicht geräumt
Zahlreiche Einsatzfahrzeuge, Streifenwagen und zivile Autos, parkten vor der Kreissporthalle. Gegen 10 Uhr wurden Entwarnung gegeben und ein Großteil der Beamten wieder von der Berufsschule abgezogen.
Trotz des Auftriebs ging der Einsatz am Schulzentrum offenbar ziemlich geräuschlos vonstatten. Der betreffende Schulkomplex wurde nicht geräumt, an der Kaufmännischen Berufsschule daneben ging der Unterricht weiter. Kinder und Jugendliche liefen wie immer über den weitverzweigten Campus, auch der Betrieb auf der Baustelle des neuen Hallenbads ging ungerührt weiter. Viele Schüler hatten von der ganzen Aufregung wenig oder nichts mitbekommen.
Das lag laut Polizei auch an der Zeit: Die Prüfungen sind abgeschlossen, viele Klassen bereits verabschiedet. Ein Teil der rund 800 Schüler kam gestern folglich gar nicht mehr oder erst gegen Mittag, andere nahmen an Projekttagen teil. Vor Ort war auch das Rote Kreuz. Die Helfer mussten sich um eine unbeteiligte Person kümmern, der die ganze Aufregung offenbar nicht gut bekommen war.
Bei den anwesenden Berufsschülern war die Amok-Drohung Gesprächsthema Nummer eins. Einen ähnlichen Fall hatte es an der Schule fast auf den Tag genau vor drei Jahren gegeben, damals allerdings von weitaus kleinerem Ausmaß. Im Februar 2012 hatte ein technischer Defekt erneut Amok-Alarm an der Schule ausgelöst.
Beeindruckt war eine Berufsschülerin, "wie schnell" das Großaufgebot der Polizei mobilisiert war. Ein anderer Schüler war froh: "Es geht ja auch um Menschenleben." Ansonsten bemühten sich alle Beteiligten um Normalität: Der Schulbetrieb ging ganz normal weiter, gegen 10 Uhr hatte es eine Lautsprecher-Durchsage der Schulleitung gegeben, demzufolge "alles in Ordnung" sei. Die Abschlussfeiern fanden wie geplant statt.