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Für Freundin "Verbotsliste" erstellt. Gericht verhängt Freizeitarrest für "oberschäbiges" Verhalten.

Schramberg - "Wagen Sie es nicht, noch einmal so mit einer Frau umzugehen, sonst bekommen Sie es mit mir zu tun" – so hat die Staatsanwältin einem 19-Jährigen die Leviten gelesen, der wegen Körperverletzung vor Gericht stand.

Richter Wolfgang Heuer bescheinigt dem Angeklagten eine "grandiose Unreife" – und das nicht nur wegen der Ohrfeige, die dieser seinem eineinhalbjährigen Sohn im Sommer 2018 in Schramberg verpasste, und um die es in der Verhandlung am Mittwoch vor dem Amtsgericht Oberndorf eigentlich ging. Der junge Mann hat den Kleinen auch an einer Wasserpfeife ziehen lassen und soll seine Freundin bewusstlos geschlagen haben.

Der Angeklagte, der aus einer zerrüttenden Familie stammt und in Epfendorf aufgewachsen ist, besucht im August 2018 mit seiner damaligen Freundin und seinem Sohn Bekannte in Schramberg. Gegen 22 Uhr, so geht es aus der Anklageschrift und Zeugenaussagen hervor, sitzt man auf der Terrasse und eine Shisha macht die Runde. Das Kind wird müde, quengelt, wirft seinen Schnuller weg. Der junge Vater gibt seinem Sohn, der auf dem Schoß seiner 18-jährigen Mutter sitzt, den Schlauch der Wasserpfeife zum Spielen und der Kleine zieht daran. Als eine Freundin von der Toilette zurückkommt, führt der Angeklagte seinen rauchenden Sohn noch einmal vor. "Sein Kind zum Objekt zu machen, um sich dann darüber lustig zu machen, ist oberschäbig", bewertet Heuer.

Schallende Ohrfeige

Als das Kleinkind weiter quengelt, verpasst ihm sein Vater eine schallende Ohrfeige. Die Mutter beschreibt den Vorfall in einem von der Polizei sichergestellten Chatverlauf später so: "Mit einer solchen Schelle hättest Du ihm das Genick brechen können." Der Angeklagte gibt vor Gericht an, der Schlag sei für ihn "nicht fest" gewesen. Was wahrscheinlich traurige Wahrheit sein dürfte, denn an Silvester 2017 soll er die Mutter seines Sohnes sogar bewusstlos geschlagen haben. "Weil ich eine rauchen wollte", erzählt die aus Oberndorf stammende junge Frau, habe er sie misshandelt. Denn Rauchen gehört zu den Dingen, die der Angeklagte, der gerade seine dritte Ausbildung abgebrochen hat, der Schülerin verboten habe.

Ihre auferlegte "Verbotsliste", die Richter Heuer vorliest, ist lang: nicht mit Freunden treffen, nicht im Schneidersitz sitzen, nicht schminken, kein TV schauen, nicht rasieren, keinen Zopf machen, in den Unterrichtspausen das Klassenzimmer nicht verlassen. Außerdem musste sie den Kilometerstand ihres Autos aufschreiben und ihm vorlegen.

"Die Liste ist unter aller Kanone, sie bringt mich völlig aus der Fassung", entsetzt sich Staatsanwältin Alexandra Schaumann. "Was ist passiert, wenn Sie sich nicht daran gehalten haben?", will der Richter wissen. "Dann hat er seine Wut an mir ausgelassen", berichtet die Frau im Zeugenstand weinend.

"Haben Sie Angst vor dem Angeklagten?", will Heuer wissen. "Ja". Und dies trotz gerichtlich festgelegtem Kontaktverbot, das seit vergangenem Sommer gilt. Will der Angeklagte seinen Sohn sehen, muss er dies mit dem Jugendamt klären.

Kontaktverbot

Was so ein Kontaktverbot bedeutet, scheint dem Angeklagten allerdings nicht so recht klar zu sein. Vor einigen Wochen hat er seine Ex-Freundin nämlich erneut angeschrieben und um ein Treffen mit Kind am Bahnhof gebeten. Er wolle sich verabschieden, um zu seinem Vater nach Ostdeutschland zu reisen. Die junge Frau war aber vorsichtig, ging auf seine Forderung nicht ein. "Ich hatte Angst, dass er den Kleinen entführt."

Den jungen Mann vor Gericht zu bekommen, war gar nicht so einfach. Dies ging aus den Schilderungen des Polizeibeamten hervor, der die Anzeige der Oberndorferin wegen Körperverletzung bearbeitet hat.

Dieser sei zwar in Sulz gemeldet, dort aber nicht anzutreffen, Richter Heuer sprach sogar von "abgetaucht". Nur durch umfangreiche Ermittlungen konnte die Polizei ihn schließlich in Ostdeutschland ausfindig machen. Derzeit sei der 19-Jährige bei seiner Schwester in Oberndorf untergekommen.

Aufgrund seiner "nicht altersgemäßen Entwicklung", so die Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe, sei der Angeklagte als Jugendlicher einzuordnen und auch so zu bestrafen. Sie spricht sich für eine Geldstrafe aus.

Erneutes Verfahren?

Dies kommt für Richter Heuer nicht in Betracht, da der Mann zwar eine Arbeitsstelle in Aussicht hätte, derzeit aber ohne Einkommen sei. Er folgt dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verhängt einen Freizeitarrest – der Mann muss nun für ein Wochenende ins Gefängnis.

Das brutale Zuschlagen an Silvester 2017, für das es laut Opfer allerdings keine Zeugen gebe, könnte zu einem erneuten Verfahren gegen den Mann führen. Die Staatswaltschaft will dies nun prüfen. "Jede weitere Verstöße werden Sie länger ins Gefängnis bringen", macht Heuer deutlich.