Sia Korthaus war bei ihrer Vorstellung im Zwiegespräch mit der Puppe Britta von Haselhof, die sich bei ihr als "Show-Praktikantin" beworben hatte. Foto: Tröger Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Sia Korthaus präsentiert im Hotel Haus am Kurpark Comedy auf hohem Niveau / Gesellschaftskritik ist auch dabei

Es war keine Fortbildung für Fernfahrer oder Spediteure. "Lust auf Laster" mit Sia Korthaus auf der Kleinkunst-Bühne im Hotel Haus am Kurpark in Schömberg war ein Parforceritt durchs Leben.

Schömberg. Dabei ging es um allerlei Verlockungen, die kleinen Sünden, die schon sexy sind, weil verboten und deshalb so anziehend. Die einem aber auch ganz schön im Weg stehen können und dann vielleicht helfen, Bewusstsein zu entwickeln. "Das geht aber nur, wenn man es zuvor schon mal verloren hat", so Korthaus.

Nicht alle sieben Todsünden kultiviert Korthaus. Ihr reichen die Völlerei, die Wolllust – hat nichts mit Stricken zu tun, obwohl man sich da ganz schnell in Beziehungen verstricken kann – und die Faulheit, in der Reihenfolge. Und dann immer wieder von vorn. Sie kennt Arbeitsvermeidungsstrategien – "Putzen ist nicht meins, aber ich bin Expertin im Verputzen." Laster kann Lust bedeuten, aber Lust auch ganz schnell zum Laster werden, wenn Menschen statt Menschen Sachen lieben.

Etwas Gesellschaftskritik darf auch sein. Als Klein-Svenja mit Piepsstimme erzählt sie von Kinderarbeit als Schutz vor leeren Rentenkassen. Überhaupt: arbeiten, arbeiten, arbeiten sei wohl etwas typisch deutsches. Manche arbeiten so viel, die haben nicht mal Zeit für einen Burnout. Dagegen sind die Italiener so klein, weil ihre Mütter immer gedroht haben: Wenn du groß bist, musst du arbeiten.

Mit Kittelschürze und Stock verwandelt sie sich in die lebens- und lastererfahrene Oma Emmi, die ihre ersten Doktorspielchen schon unter Kaiser Wilhelm gemacht hat. Und die als Alt-68erin schon immer für die freie Liebe war. In einem Alten-Knast, den sie sehr desillusionierend auch als Geronto-Endlager, als "Stirb langsam 13", als "Men in Pampers" et cetera beschreibt, habe sie nix zu suchen. Ihre Devise: "Mach keine Dummheit zweimal. Das Angebot ist riesengroß."

Besonders köstlich das Zwiegespräch mit der Puppe Britta von Haselhof, die sich als Show-Praktikantin bei ihr beworben hat. Im herrlich komischen sächsischen Idiom gibt Britta Kostproben aus ihrem Witze-Repertoire. Da hilft nur ein Coaching in der Pause, unter dem sich Britta allerdings was anderes vorgestellt hat als einen Piccolo. Die Witze werden nicht besser, nur gemeiner: "Deine Zähne sind wie Gelsenkirchen und Düsseldorf, da ist noch Essen dazwischen."

Gefährliche Menschen an der Macht

"Es sind grad viele dumme und gefährliche Menschen an der Macht." Korthaus hält mit einem Lied dagegen: "Gebt acht, was ihr sät, für Liebe und Frieden ist es nie zu spät", so die nachdenkliche Einlage. Auch die Themen Frust-Fressen, das zwangsläufig Frust-Shopping nach sich ziehe, Kaufrausch bei Tchibo und Kleintier-Geschenke zu Weihnachten nimmt sie so komisch und sezierend aufs Korn, dass das Lachen nicht nur herzerfrischend ist: "Nach Weihnachten haben die Klempner Hochkonjunktur."

Alles in allem war es Comedy auf hohem Niveau von einem "weiblichen Comedy-Ausnahmetalent, von denen es nicht viele gibt", wie Ludgera Petermann vom gastgebenden Kaffee-Gässle-Verein die Künstlerin anmoderierte. Das Publikum hatte großen Spaß an der mal schrägen, mal nachdenklichen, immer wortgewaltigen, aber nie unter die Gürtellinie rutschenden Performance der studierten Theaterpädagogin. Ihre wohlgesetzten Pointen und die eingestreuten Chansons sorgten für einen überaus vergnügten Abend, den sie mit einer Poetry Slam-Zugabe krönte.