Die legendäre "letzte Floßfahrt" über das Schiltacher Spittelwehr im Jahr 1925 Foto: Archiv Harter Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Spittelwehr und Spittelsäge – Orte Schiltacher Gewerbe- und Industriegeschichte

Die aktuellen Hochwasserschutzmaßnahmen in der Schiltach ließen erneut einen Überrest alter gewerblicher Wirtschaft zu Grunde gehen: das Spittelwehr unterhalb der Eselsbruck.

Schiltach. Das Spittelwehr wies einen quer in der Schiltach liegenden, rund zwölf Meter langen Wuhrbaum auf. Es bestand aus weiteren starken Hölzern und großen, handgeschmiedeten Eisennägeln, die das Wehrgerüst zusammenhielten.

Bekanntlich dienten und dienen Flusswehre der Gewinnung von Energie. Als Absperrwerke dort erbaut, wo ein Gefälle ist, stauen sie das Wasser auf. Vom Wehrteich ("Waag") wird es in einem eigens angelegten Kanal zum Wasserrad geführt, das seinerseits Mühlen, Sägen und Maschinen antreibt.

Dies geschah an dieser Stelle seit 1558, als der Schiltacher Bürger Jakob Bühler von Herzog Christoph von Württemberg die Erlaubnis erhielt, "in der obern Schiltach" eine "Sägmüllin" zu erbauen.

Der Platz war eine kiesige Fläche, ein "Grien", am linken Flussufer. Dieser hat nichts mit "Grün" zu tun, sondern ist das alte Wort für eine vom Bach erzeugte Aufschüttung, die wegen des Sägewerks dann den Namen Säger-"grien" bekam – aus dem später "Sägergrün" wurde.

200 Meter langer Graben

Die Errichtung des Wehrs, das Ausheben des 200 Meter langen Säggrabens, die Installation von Wasserrad und Säge bedeuteten eine größere gewerbliche Baumaßnahme.

Hintergrund war ein Vertrag der Herrschaften Württemberg, Schramberg und dem Kloster Alpirsbach von 1523 zwecks "Mehrung und Hebung des Holzgewerbs". In ihm war bestimmt, dass die Alpirsbacher und Schramberger Holzhändler die Stämme, die sie nicht bei sich sägen konnten, "bei denen zu Schiltach" auf die Säge geben mussten.

Eine Säge reicht nicht aus

Das bedeutete Arbeit und Auslastung für die Schiltacher Kirchensäge, die die anfallenden Holzmengen jedoch nicht schaffte, so dass für das von Schramberg herangeflößte Holz 1558 eine zweite Säge an der Schiltach genehmigt wurde. Ihr Inhaber war 1592 Michael Stiefel, "der Säger". Er verfügte über ein Sägeblatt und hatte jährlich drei Schilling (36 Heller) Mühlenzins zu entrichten. 1654 saßen Werner und Christian Bühler "auf der Spittelsäge", wie sie jetzt nach dem benachbarten Spital hieß.

Seit 1871 besaß sie der Kaufmann Robert Vayhinger. Er schloss sich mit dem Mechaniker Valentin Leonhard zusammen, um der noch immer mit dem Wasserrad angetriebenen Säge eine Holzdreherei anzugliedern.

Briketts aus Spänen

1891 kam das Werk an die Kronenwirtssöhne Eduard, Friedrich und Karl Trautwein und wurde jetzt auch "Kronensäge" genannt. Sie errichteten einen massiven Holzschuppen, wo sie aus Sägemehl und Spänen maschinell Holzbriketts pressten. Die Brikettfabrik lief jedoch nicht, sodass die Halle 1899 an die Metalldrücker Otto Voigt und Wilhelm Schwab aus Furtwangen vermietet wurde. Sie fabrizierten Weckergehäuse für die Uhrenindustrie – für Schiltach ein ganz neuer Produktionszweig. Da schaute auch der junge, technisch interessierte Webmeister Hans Grohe herein, der gerade aus dem preußischen Luckenwalde in die Tuchfabrik Korndörfer gekommen war. Wie sich das Messingblech in Gehäuse und Gefäße verwandelte, die im Glühofen ausgeglüht, gebeizt und blank poliert wurden, faszinierte ihn so, dass er beschloss, auf den Metallsektor umzusteigen.

Wiege von Hansgrohe

Er assoziierte mit Schwab, und sie richteten in der Wolber’schen Kunstmühle im Welschdorf ihrerseits eine Metalldrückerei ein (keinen "Klempnerbetrieb", wie jüngst zu lesen war). Sie hätten sich auch gut entwickelt, wäre das Gebäude nicht 1901 durch Brand zerstört worden. Grohe fing allein nochmals neu an, in der Schiltacher Kronensäge, die er 1909 dann für einen Fabrikneubau auf der Aue verließ.

1925 wurde die alte Säge aufgegeben, der Kanal aufgefüllt, der "Sägergrün" seit 1936 bebaut.

Das Spittelwehr erfüllte seine Staufunktion letztmals 1925, bei der legendären "letzten Fahrt" der alten Flößer, die unter dem Beifall Hunderter mit Bravour darüberfuhren. Im Herbst 2018 wurde es weggebaggert, übrig blieb ein großer Holzhaufen.